Als Captain Kirk hat William Shatner Romulanern und Klingonen getrotzt. Bei der Visite in Essen lässt er sich auch vom Coronavirus nicht stoppen.

Machen wir’s den Vulkaniern nach, grüßen wir uns mit gespreizten Fingern. Mr. Spock wäre an Hygiene-bewussten Tagen wie diesen ein echtes Vorbild. Aber Mr. Spock ist tot. Nach 113 Film-Minuten stirb er seinen Heldentod im Raumschiff-Reaktor und hat sich selbst geopfert. Für die Gemeinschaft! Enterprise voraus! Die Zeitreise geht weiter, sie hat für William Shatner eigentlich nie aufgehört. Mit mittlerweile 88 Jahren ist der legendäre Captain Kirk nach wie vor in der Welt unterwegs. Er entdeckt keine fremden Galaxien mehr, aber immer noch neue Orte und Bühnen. Vorgestern Dublin, heute schon Berlin, am Samstag Amsterdam. In der Essener Lichtburg ist er an diesem Mittwochabend zum ersten Mal, trotz Corona-Krise und getreu seines alten Showbiz-Mantras: „Du bist an so vielen Plätzen gebucht, du kannst es dir nicht leisten zu sterben.“

Für den Anfang hüstelt er trotzdem ein bisschen künstlich in die Publikumsrunde, die auf knapp unter 1000 Zuschauer gedrosselt worden ist, und lächelt über diese doch etwas seltsame Anti-Corona-Zahlenregelung wie so viele, die an diesem Abend aus der gesamten Republik von Hamburg bis München angereist sind, sogar aus den Niederlanden, um ihr Idol noch einmal live zu sehen. Trotz Eintrittspreisen von 100 Euro wären wohl noch mehr gekommen, um den einen von zwei Deutschlandauftritten der Star-Trek-Legende zu erleben.

Mit dabei ist auch Yvonne Fritsche die für den Besuch aus der Nähe von Hildesheim angereist ist. „Captain Kirk war meine erste Liebe“, seufzt Fritsche und bekennt sich als echter „Ur-Trekki“. Schon seit 1972 sei sie tief ins Enterprise-Universum eingetaucht. Shatner auf der Bühne erlebt sie an diesem Abend schon zum dritten Mal. Die persönliche Begegnung sei immer wieder ein Höhepunkt: „Der Mann ist einfach unglaublich aktiv.“ Begeistert ist auch Sascha Exner, der den Enterprise-Abend zum Geburtstag geschenkt bekommen hat. Für ihn wie viele andere ist Captain Kirk der Held der Jugend. Doch diese Serie mit ihren philosophischen Weisheiten und der ruhigen Erzählweise sei genau das, was viele Menschen auch heute wieder wünschten, glaubt der Essener.

William Shatner spricht über seinenHund Macchiato und die Bluesmusik

Captain Kirk (William Shatner) und die Crew des Raumschiffes Enterprise.
Captain Kirk (William Shatner) und die Crew des Raumschiffes Enterprise. © picture alliance / dpa | Unbekannt


So begeistert an diesem Abend auch in „Star Trek II: Der Zorn des Khan“, ein Klassiker von 1982. Captain Kirk will da eigentlich schon in den Ruhestand gehen, bekommt aber plötzlich einen neuen Auftrag und von Schiffsarzt Leonard „Pille“ McCoy die erste Brille. Knapp 40 Jahre später strotzt Shatner immer noch vor Tatendrang, als er leibhaftig die Bühne betritt. Nicht gebeamt, aber trotz Touranstrengung offenbar topfit. Er schreitet die Bühne ab, von links nach rechts, und wirkt eigentlich immer noch so, als würde er auf der Brücke der Enterprise gerade das Kommando geben.

Moderatoren wie Cinema-Chefredakteur Philipp Schulze geraten da zwangsläufig zu Stichwortgebern, die artig antippen, was Shatner in weit ausschweifenden Antworten dann szenisch ausschmückt. Er spricht über seinen Hund Macchiato und das nächste Bluesmusik-Album, das er aufnimmt. Er beschreibt gestenreich die Begegnung mit Stephen Hawking und eine Verkehrskontrolle, in der ihm die Kirk-Rolle aus der Bredouille geholfen hat, trotz einer zumindest irdisch nicht erlaubten Beschleunigung.

Star-Trek-Legende warntvor dem Klimawandel


die helden aus dem „star trek“-universumNatürlich geht es auch um Star Trek, seine Freundschaft zu Spock-Darsteller Leonard Nimoy und die Frage, ob das Dasein als Kino-Kultfigur nun eher Last oder Lust ist. „Ich stehe hier vor Ihnen, ich liebe Entertainment, was soll mich daran stören“, lacht Shatner in die Runde und philosophiert über die Bedeutung von Science Fiction, die wohl deshalb so erfolgreich wäre, weil doch keiner wisse, was morgen kommt: ein fieser Keim oder ein unerwarteter Angriff aus dem All. Nur mit dem Klimawandel sei nicht zu spaßen, warnt der 88-Jährige, der sogar schon überlegt hat, eine Wasser-Pipeline in seine kalifornische Wahlheimat zu legen, um die Trockenheit zu beheben.

Nur mal kurz die Welt retten – für William Shatner ist das keine schlechte Mission. Jeder „Star Trek“-Fan weiß schließlich, das Captain Kirk nicht an ausweglose Situationen glaubt. Und so reist er weiter. Von Essen geht es am Abend gleich weiter nach Berlin. Die Niederlande und Tschechien sind am Wochenende weitere Stationen. Und sollte die Corona-Krise bald für weitere geschlossene Landesgrenzen sorgen, wird Shatner einen anderen Weg finden: Scotty, beam me up!“