Essen. Kunstexperten loben Besucherfreundlichkeit des Essener Museum Folkwang. Mit Direktor Gorschlüter und seinem Team sei ein neuer Spirit eingezogen.

Vom „schönsten Museum der Welt“, wie der amerikanische MoMA-Mitbegründer Paul Sachs das Museum Folkwang 1929 begeistert nannte, zum „Museum des Jahres“. Die hohe Auszeichnung wurde dem Essener Folkwang zwar schon im Frühjahr zuerkannt. Offiziell gefeiert wurde der Titel nun aber beim Jahresempfang des Folkwang Museumsvereins. Corona-bedingt mit viel Abstand, reichlich Desinfektionsmittel – sowie weiteren Preisträgern wie der Kunsthalle Rostock und dem KW Institute for Contemporary Art Berlin. Und einem glücklichen Museums-Chef Peter Gorschlüter, der die Ernennung des Museum Folkwang auch als persönliches Verdienst verbuchen kann, wie Laudatorin Uta M. Reindl im Namen der rund 200 Kunstkritiker der deutschen Sektion des Internationalen Kunstkritikerverbands AICA betonte.

Preisverleihung mit (von links) Folkwang-Direktor Peter Gorschlüter, Danièle Perrier (Präsidentin AICA Deutschland) und Ulrich Blank, Vorsitzender Folkwang Museumverein.
Preisverleihung mit (von links) Folkwang-Direktor Peter Gorschlüter, Danièle Perrier (Präsidentin AICA Deutschland) und Ulrich Blank, Vorsitzender Folkwang Museumverein. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Peter Gorschlüter erwiderte die Lobrede in der ihm eigenen Lockerheit und Nahbarkeit. Nach der Siegerurkunde bei den Bundesjugendspielen 1987 habe er lange auf eine weitere Urkunde warten müssen, gestand der Museumschef lächelnd. Und diesmal habe nicht ein Freund geholfen, der ihm damals zehn Meter beim Weitwurf dazugeschummelt habe, sondern die gesamte Mitarbeiterschar. Soviel gelebter Teamgeist war im Folkwang bislang selten zu erleben. Und das produktive Gemeinschaftsgefühl muss sich schnell unter den professionellen Kunstkennern den Landes herumgesprochen haben, die Gorschlüter und seine Arbeit nur ein Jahr nach Dienstantritt bereits den seit 2004 jährlich vergebenen Ehrentitel zuerkannten.

Man stärkt damit den Kurs des neuen Museumschefs, der für Essens einstiges „Markenzeichen – die publikumswirksamen Blockbuster-Schau – , eine neue, zeitgemäße Variante gefunden hat. Mit der großen Keith Haring-Retrospektive sieht sich das Folkwang trotz Pandemie-bedingter Einschränkungen derzeit auf Erfolgskurs. Das Besucherinteresse sei groß, heißt es im Museum, viele Wochenend-Termine schon „ausverkauft“. Und das Interesse dürfte in den nächsten zwei Ferienwochen noch einmal steigen.

Mit Distanz zum kommerziellen Kunstbetrieb

„Das Museum Folkwang setzt mit Erfolg alles daran, dem Bildungsauftrag der Museen nachzukommen und gleichzeitig für sein Publikum attraktiv zu sein, ohne Kompromisse zu machen“, lobt Danièle Perrier, die Präsidentin der deutschen AICA-Sektion. Der Kritikerverband preist vor allem Museen, die sich „quer zu den herrschenden Trends stellen und mit größtmöglicher Distanz zum kommerziellen Kunstbetrieb an den überlieferten Verpflichtungen des Sammelns, Bewahrens und Erschließens festhalten“. Aber auch die stärkere Hinwendung zur Stadt und seiner Bevölkerung zählen die Kritiker zu den neuen Folkwang-Stärken. Der freie Eintritt in die Sammlung, den die Krupp-Stiftung seit 2015 durch eine Millionenspende ermöglicht, wird dabei als besonders publikumsfreundlich und als „unbedingt nachahmenswert“ bewertet. Aber auch der vielsprachige Internet-Auftritt, die vielen neuen digitalen Angebote und die neue, thematisch gehängte Präsentation der Sammlung zählen zu den hervorgehobenen Pluspunkten.

Museum Folkwang: Ein Haus, das mit der Zeit geht

„Wir wollen nicht nur das schönste Museum sein, sondern auch ein Haus, das mit der Zeit geht“, verspricht Gorschlüter und sieht die Auszeichnung auch als Ansporn für die kommenden Jahre. So will man 2021 neben einer großen Kippenberger-Schau vor allem die Fotografie in den Vordergrund stellen – mit einer großen Timm-Rautert-Retrospektive und Arbeiten von Tobias Zielony.

2022 dürfte dann ein zentrales Jahr sein. Dann feiert das Museum Folkwang seinen 100. Geburtstag und eine lange Tradition – als musealer Vorreiter im Bereich der zeitgenössischen Kunst. Aber auch als Kunsthaus, das mit seiner exquisiten Sammlung – halb im städtischen, halb im Besitz des Folkwang-Museumsvereins – eine besondere Position in der deutschen Museumslandschaft bekleidet. Die bald 100-jährige Zusammenhalt habe sich bis heute bewährt, betont nicht nur Gorschlüter: „Ohne den Museumsverein wäre vieles nicht möglich.“