Essen. Museum Folkwang: Der Sammlungsbesuch zum Nulltarif bleibt dauerhaft bestehen. Nach der Krupp-Stiftung trägt ab 2022 die Stadt Essen die Kosten.

Ein Abstecher zu Monet in der Mittagspause, ein Feierabendbesuch bei Lise unterm Sonnenschirm: Folkwang-Direktor Peter Gorschlüter hofft, dass sich die kurzen Kultur-Rendezvous in Zukunft noch häufen. Mit dem freien Eintritt in die Sammlung soll der Besuch im Museum Folkwang einfach selbstverständlicher sein. 2015 ist das Projekt mit großzügiger Unterstützung der Krupp-Stiftung gestartet. Nun steht fest: Der Sammlungsbesuch zum Nulltarif wird zur Dauereinrichtung. Ab 2022 ermöglicht die Stadt Essen den freien Eintritt.

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Das Datum hat Signalwirkung: 2022 feiert das Museum seinen 100. Geburtstag. Der freie Eintritt dürfte eines der zukunftsweisenden Geschenke sein, mit dem man gleichzeitig auch die alte Folkwang-Idee von der „Kunst für alle“ auf einen neuen Rang hebt. Schon Museumsgründer Karl Ernst Osthaus hatte sein erstes Hagener Museum schließlich gegründet, um „unseren kunstverlassenen Industriebezirk an der Ruhr für das moderne Kunstschaffen zu gewinnen“. Dass seine kostbare Sammlung mit Meisterwerken von Matisse bis Gauguin nun wieder für jeden Bürger kostenlos offen steht, macht nicht nur die Kuratoriumsvorsitzende Ursula Gather glücklich. „Ich liebe dieses Museum. Und es macht mich froh, dass es viele Essener genau so tun.“

„Unser Ziel war es, das Museum zum Begegnungsort zu machen“

Ursprüngliches Ziel des freien Eintritts sei es nicht gewesen, die Besucherzahlen zu steigern“, sagt Ursula Gather. „Unser Ziel war es, das Museum mehr zum Begegnungsort zu machen, Hemmnisse aus dem Weg zu räumen und vor allem auch Familien einzuladen, öfter ins Museum zu gehen.“ All diese Erwartungen seien in Erfüllung gegangen. Und so hat die Stiftung das zunächst auf fünf Jahre begrenzte Engagement noch einmal zeitlich limitiert verlängert. Bis Ende 2021 gibt die Stiftung weitere 300.000 Euro, um den freien Eintritt zu ermöglichen. Danach wird die Stadt Essen die fehlenden Eintritts-Einnahmen kompensieren. Pro Jahr wird mit 200.000 Euro kalkuliert.

Die Meisterwerke der kostbaren Osthaus-Sammlung werden seit Sommer 2019 in neuer Hängung präsentiert.
Die Meisterwerke der kostbaren Osthaus-Sammlung werden seit Sommer 2019 in neuer Hängung präsentiert. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Der politische Beschluss steht zwar noch aus, doch Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) ist angesichts der „überzeugenden Zahlen“ fest davon überzeugt, dass der Stadtrat mitzieht. Das Museum Folkwang sei schließlich nicht nur „internationales Aushängeschild“. Kufen sieht damit auch einen wichtigen Beitrag zur kulturellen Bildung verbunden. Und er betont: „Das Geld kommt on top. Es bleibt nicht netto weniger übrig fürs Museum.“

Essen setzt damit ein kulturpolitisches Signal, das die bundesweite Debatte über freien Museumseintritt weiter befeuern dürfte. „Folkwang hat sowas wie eine Vorbildfunktion“, freut sich Museumsdirektor Peter Gorschlüter, der nicht nur auf Berlin verweist, wo man gerade über den – zunächst zeitlich begrenzten - freien Eintritt fürs Humboldtforum diskutiert. Auch in Dortmund oder Leipzig laufen ähnliche Debatten. Andere Häuser machen den Eintritt zumindest an bestimmten Tagen oder generell für Kinder und Jugendliche frei. Das Museum Folkwang ist nach eigenen Angaben aber das erste große deutsche Kunstmuseum mit einem solchen dauerhaften und nachhaltigen Angebot.

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Wie stark sich dieses Angebot auf das Besucherverhalten auswirkt, hat das Museum Folkwang in zwei Besucherstudien 2017 und 2018 untersuchen lassen, die die Wirksamkeit des freien Eintritts deutlich machen. So hat sich die Zahl der Besucher in der Sammlung von 2014 bis 2019 um satte 216 Prozent gesteigert. Bei den Besuchern zwischen 16 und 24 Jahren war sogar ein Zuwachs um 500 Prozent zu verzeichnen. Gerade in dieser Gruppe wurde der Wegfall des Eintritts als ausschlaggebend für einen Museumsbesuch bezeichnet. „Der freie Eintritt baut Barrieren ab“, ist sich Gorschlüter sicher.

Viele Besucher kommen häufiger ins Museum

Freilich: Die Zahl der steigenden Besuche heißt nicht, dass man nun alle und jeden fürs Museum gewinnen kann: Etwa ein Drittel der Stammgäste kommen laut Erhebung inzwischen einfach häufiger ins Museum. Aber auch die Zahl der „Neukunden“ sei gestiegen, betont Museumsdirektor Peter Gorschlüter. 35 Prozent der Sammlungsgäste waren 2018 zum ersten Mal im Museum Folkwang. Dass der freie Eintritt das Interesse an Kunst und Kultur generell beflügelt, beweisen weitere Zahlen. Mehr als die Hälfte der Befragten fühlen sich dem Museum seit Einführung des freien Eintritts „stärker verbunden“. 48 Prozent erklärten, eine engere Beziehung zur Kunst aufgebaut zu haben. Und 63 Prozent der Befragten nutzen nicht nur den freien Eintritt in die Sammlung, sondern besuchen auch häufiger die weiterhin kostenpflichtigen Sonderausstellungen. „Der Besuch im Museum ist selbstverständlicher geworden“, freut sich Peter Gorschlüter.

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