Essen-Bredeney. Haarzopfer Heimatforscher erinnert an eindrucksvolle Adelshochzeit in Essen-Bredeney vor 110 Jahren. Damals feierte man ein rauschendes Fest.

An eine prunkvolle Adelshochzeit in Essen-Bredeney im Jahr 1910 erinnert der Haarzopfer Heimatforscher Herbert Schmitz. Damals heiratete Elisabeth von dem Bottlenberg den bayerischen Rittmeister Gustav Freiherr von Perfall. Auf Schloss Baldeney, dem Sitz der Brautfamilie, und auf der nahen Villa Hügel wurde damals tagelang ein rauschendes Fest gefeiert.

Die prunkvolle Hochzeit fand nach den Recherchen von Herbert Schmitz am 5. November vor 110 Jahren statt. Dass nicht nur im relativ engen Schloss Baldeney, sondern auch in der weitläufigen Villa Hügel gefeiert werden konnte, sei der Verbindung der Familien von dem Bottlenberg und von Krupp von Bohlen und Halbach zu verdanken gewesen. „Die Familien beider Häuser waren befreundet, die Braut Elisabeth von dem Bottlenberg genannt Schirp war das Patenkind des Ehepaares Krupp von Bohlen und Halbach“, erläutert Schmitz.

Heimatforscher Herbert Schmitz berichtet von einer prunkvollen Hochzeit, die 1910 auf Schloss Baldeney (Bild) und der Villa Hügel stattfand.
Heimatforscher Herbert Schmitz berichtet von einer prunkvollen Hochzeit, die 1910 auf Schloss Baldeney (Bild) und der Villa Hügel stattfand. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Der Bräutigam sei Mitglied eines alten bayerischen Adelsgeschlechts gewesen und habe in München gelebt. Bei der großen Anzahl der Hochzeitsgäste sei es für die Brautfamilie sehr hilfreich gewesen, die riesige Villa Hügel mit ihren vielen Schlafgelegenheiten und Aufenthaltsräumen nutzen zu können. Dort seien die meisten Gäste untergebracht worden.

Die Gäste waren zum großen Teil adelig oder hochdekoriert

Die Gästeschar sei zum großen Teil adelig und hochdekoriert gewesen. Dass man heute noch Details über diese Hochzeit wisse, sei einem mehrseitigen Brief einer Teilnehmerin zu verdanken, gerichtet an ihre Großmutter, so Herbert Schmitz. Der Brief befinde sich heute im Hügelarchiv. In dem Schriftstück komme die Gelöstheit, Heiterkeit und das großzügige Leben des Adelsstandes zum Ausdruck – nur wenige Jahre vor dem Ersten Weltkrieg und der Auflösung des alten Europas.

Das Schloss wird heute als Firmensitz genutzt

Die Anlage Schloss Baldeney an der Freiherr-vom-Stein-Straße wurde aus Ruhrsandstein erbaut und besteht neben dem Hauptgebäude aus einem ehemaligen Wirtschaftsgebäude und einer Kapelle. Ältester erhaltener Teil ist der fast quadratische, aus dem 14./15. Jahrhundert stammende Wohnturm. Heute ist am Schloss Baldeney ein Immobilienmakler ansässig.

Die Kapelle Maria Magdalena war in den 1990er Jahren mit Hilfe des Lionsclubs Baldeney restauriert worden. Viele Jahre gab es dort in den Sommermonaten sonntags Messen für Ausflügler, so Thomas Felbecker vom Bistum Essen. Sonntagabends wurden einmal im Monat ökumenische Gottesdienste abgehalten, die aber eingestellt worden seien. Direkt neben der Kapelle befindet sich ein kleiner Friedhof.

„Für die ankommenden Gäste begann die Bewunderung schon mit dem Betreten des Hügelparks mit seinen weitläufigen Treibhauskulturen“, teilte die Briefschreiberin ihrer Großmutter mit. Die Gäste hätten über den riesigen Komplex gestaunt, in dem allein 300 Gärtner beschäftigt gewesen seien. Auf der Aufgangsterrasse zur Villa Hügel hätten Bedienstete, die selbst wie Fürsten ausgesehen hätten, die Gäste erwartet. „Mit großer Ruhe und Gewandtheit entwirrten sie das Chaos der unzähligen Koffer, Handtaschen und Helmkisten. Anschließend empfing die alte Frau Krupp uns in der Riesenhalle“, schrieb die Teilnehmerin. Mit der alten Frau sei übrigens Margarethe Krupp gemeint gewesen, so der Haarzopfer Heimatforscher.

Besucherin schwärmte von der tollen Unterkunft auf dem Hügel

Laut Herbert Schmitz schwärmte die Briefschreiberin ihrer Großmutter vor, welch ungewöhnliches Quartier ihr und ihrer Freundin zugeteilt worden sei: „die Kemenate des Haupthauses, die Appartements der beiden Krupp-Töchter mit großem Salon und Schreibtischen, zwei Sofas, Bibliothek, Klavier, einem reizenden kleinen Wintergarten mit Palmen und großen gefüllten Chrysanthemen und einem Balkon mit herrlicher Aussicht“.

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Von Marcus Schymiczek und Christina Wandt

Ein älteres Foto vom Schloss Baldeney aus der Sammlung von Heimatforscher Herbert Schmitz.
Ein älteres Foto vom Schloss Baldeney aus der Sammlung von Heimatforscher Herbert Schmitz. © FUNKE Foto Services | Repro: Socrates Tassos

Zum Mittagessen habe sich die Hochzeitsgesellschaft in Baldeney getroffen, einem „größeren Landhaus, von außen gar nicht hübsch, von innen aber gut und gemütlich eingerichtet“, so das Urteil der Besucherin. Nachmittags sei es zum Tee zur Villa Hügel gegangen, wo Kaviarbrötchen, Karlsbader Oblaten, Baumkuchen und mehr gereicht worden seien. Auf dem Hügel habe auch das abendliche Festmahl stattgefunden, das von 80 Dienern gereicht wurde. Anschließend habe man Walzer getanzt.

Am nächsten Tag seien die Gäste nach dem Frühstück auf der Hügel-Terrasse mit einem Musikreiten unterhalten worden. Die Stallungen erinnerten die Besucherin mehr an „ein Wohnhaus für Pferde“. Mittags habe dann die Trauung in der Kapelle am Schloss Baldeney stattgefunden, gefolgt vom Hochzeit-Diner im Landhaus Baldeney mit Reden auf den Kaiser. Nach der Besichtigung der zahlreichen Hochzeitsgeschenke sei das Brautpaar im geschmückten Auto zur Hochzeitsreise nach Rapallo, einem Kurort an der norditalienischen Riviera, aufgebrochen.

Hochzeit konnte nur mit Unterstützung der Familie Krupp in diesem Rahmen stattfinden

Nach dem Frühstück in Baldeney und einem Abschiedsbesuch auf dem Hügel hätten die Gäste die Heimreise angetreten. „Eine ungewöhnliche Hochzeit hatte auf Baldeney ihr Ende gefunden – ohne die außergewöhnliche Unterstützung der befreundeten Familie Krupp von Bohlen und Halbach auf dem benachbarten Hügel wäre das so nie möglich gewesen“, resümiert Heimatforscher Herbert Schmitz.

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