Essen. Vor einem Jahr wurde das Schloss Baldeney verkauft. Über den Kaufpreis und den Namen des Käufers wurde Stillschweigen vereinbart. Der neue Schlossherr schweigt bis heute zu seinen Plänen. Doch am Nebengebäude wird neuerdings gearbeitet. Sind es erste Anzeichen für eine Wiederbelebung?

Andere Schlossherren ließen sich in stolzer Pose vor dem schmucken Rittersitz ablichten und sprachen von hochfliegenden Plänen – der aktuelle Eigentümer von Haus Baldeney schweigt seit über einem Jahr. Nun gibt es an dem denkmalgeschützten Bauwerk zarte Anzeichen einer Wiederbelebung.

Wer dieser Tage am Ufer des Baldeneysees spazieren geht, stößt am Schloss auf Bauzäune und Warnhinweise: „Durchgang wegen Bauarbeiten gesperrt“ steht an der Ufer-Promenade, am Haupteingang ist die Durchfahrt verboten; bloß dass man vergessen hat, die alten Schilder abzumontieren: „Zufahrt Busse Seeterrassen“ ist da zu lesen.

Die Seeterrassen sind Geschichte, abgebrannt im Jahr 2004 und nie wieder aufgebaut. Obwohl der damalige Schlossherr Friedel Winkelmann genau das versprochen hatte. Und eine Beautyfarm, ein Wellness-Center, stilvolle Partys. Von einem „Traum“ sprach Winkelmann und ahnte nicht, dass seine Pläne genau das bleiben würden: ein Traum. Das gleiche gilt für die später geplante Gesundheitsakademie und für den Sitz der RAG-Stiftung.

Nach der Insolvenz von Winkelmann fiel das Ensemble an die Sparkasse, die lange nach einem Käufer suchte. Im April 2011 beschrieb Felix Nolte, der das Objekt betreute, die Problemlage so: Es gebe zwar viele Interessenten, die sich durch die 15 Zimmer führen ließen. Man suche jedoch einen seriösen Käufer, der nicht nur den Preis von 3,9 Millionen Euro aufbringe, sondern auch die Mittel für die Sanierung habe – und ein schlüssiges Konzept.

Der Kaufpreis blieb geheim

Wenige Wochen später schien die Sparkasse den Richtigen gefunden zu haben: Über den Namen des Käufers wurde dabei ebenso Stillschweigen vereinbart wie über den Kaufpreis, der angesichts der heiklen Rahmenbedingungen deutlich unter den aufgerufenen knapp vier Millionen Euro gelegen haben dürfte. Und während andere Interessenten vorab Kontakt zu Bauamt und Denkmalinstitut aufgenommen hatten, verzichtete der Käufer darauf.

Die Nachricht vom Verkauf des Schlosses wurde im Mai bekannt gegeben, im August 2011 waren die Formalitäten erledigt. Das ist nun ein Jahr her, und der Eigentümer schweigt weiter. Jetzt kann die WAZ belegen, was bisher nur Gerücht war: Der Käufer heißt Gunnar Marx und hat in Essen eine Immobilienfirma namens „City-Investor“. Er hat schon weniger glamouröse Projekte abgewickelt wie das Karstadt-Sporthaus in Gelsenkirchen-Buer, zu dem er sich öffentlich äußerte. Nun aber blieben Anrufe und Mails monatelang unbeantwortet, und als wir den 39-Jährigen jetzt am Telefon hatten, sagte er: „Wir haben im Augenblick nichts zu berichten.“

Ein Dixi-Klo schmiegt sich ans alte Gemäuer

Nicht mal das Bekenntnis zum Schlossbesitz war ihm zu entlocken, nur die Äußerung: „Ich war lange nicht mehr dort.“ Wir aber waren dieser Tage dort und sahen einen Firmenwagen mit Aufschrift „City Investor Marx“. Auch das Auto eines Landschaftsbaubetriebs rangierte auf dem Gelände, ein mit Bauschutt gefüllter Container steht dort, außerdem schmiegt sich an das Gemäuer aus Ruhrsandstein neuerdings ein Dixi-Klo, wie es auf vielen Baustellen zu finden ist.

Gewerkelt wird an der Remise, dem Nebengebäude. Detlef Robrecht vom Amt für Bauordnung und Stadtplanung bestätigt: „Da haben wir kürzlich einer Nutzungsänderung zugestimmt.“ Möglich, dass der Eigentümer hier mit seinem Büro einziehe, „um das Objekt Stück für Stück zu entwickeln“. Mit dem Denkmalschutz vereinbar wäre vieles, hat Robrecht schon früher versichert: ob Hotel, Schulungszentrum oder Gastronomie. „Bloß wenn da einer rote Birnen reinschrauben wollte, hätten wir etwas dagegen.“

Bis auf rote Birnen ist alles erlaubt

Von Gunnar Marx wird man dazu nichts Genaueres hören. Vielleicht hat das Scheitern seiner redseligen Vorgänger den neuen Schlossherren vorsichtig gemacht. Fest steht, dass sich auf dem Gelände noch Überreste nie vollendeter Bauvorhaben finden und das Schloss so sanierungsbedürftig wie kostspielig im Unterhalt ist. Weil es außerdem eine Immobilie ist, an deren Schicksal die Essener großen Anteil nehmen, wächst nun die Unruhe. Wie orakelt ein Anwohner: „Das hat vor anderthalb Jahren einer gekauft, und der wartet bis heute auf Geld.“