Essen. 20 Jahre hat Dirk Otto das Essener Gründerzentrum geleitet und das alte Zechengelände in Katernberg zu einem kreativen Campus entwickelt.

Dass sich Städte heute überschlagen, um sich für hippe junge Start-ups zu schmücken, dass heute Coworking-Büros wie Pilze aus dem Boden schießen und die neue Form des vernetzten Arbeitens preisen, dass Kickertisch und Sofas zur Büroausstattung gehören - über all das kann Dirk Otto nur schmunzeln.

Er kümmert sich schon seit 20 Jahren im Essener Norden, in Katernberg, um junge Gründer. Das Wort Start-up gab es bei seinem Dienstantritt noch gar nicht. Und einen Kickertisch gab es bei ihm längst, bis die Bauaufsicht ihn aus Brandschutzgründen in den Keller verbannte.

Seit dem Jahr 2000 leitet Dirk Otto das Gründerzentrum Triple Z und ist gleichzeitig Vorstandsvorsitzender der Triple Z AG, der das Zentrum gehört. Ende August wird der 65-Jährige in den Ruhestand gehen. Bei allem Hype um eine neue Gründerkultur, die seit einiger Zeit um sich greift, sagt er zum Abschied: „Unser Modell ist noch immer aktuell.“

Der Erfolg gibt ihm Recht. Aktuell haben im Triple Z über 80 Unternehmen mit rund 500 Mitarbeitern ihre Arbeitsstätte. Es gibt mehr Interessenten als Platz. 2019 kam das Zentrum auf eine Auslastungsquote von 99,2 Prozent - die höchste seit seinem Bestehen.

Triple Z ist das einzige Gründerzentrum in Essen

Seit der Gründung im Jahr 1996 geht es im Triple Z darum, Existenzgründern günstige Büro- und Produktionsräume zu vermieten. Die restliche Infrastruktur, wie Küchen, Kantine und Konferenzräume teilen sich die Jungunternehmer. Das spart Kosten und fördert die Kommunikation und den Austausch untereinander. In den alten Gebäuden der ehemaligen Zollvereinszeche Schacht 4/5/11 ist so in fast 25 Jahren ein kreativer Campus gewachsen. Das Triple Z ist heute das einzig verbliebene Technologie- und Gründerzentrum in der Stadt.

Zur Person Dirk Otto

Dirk Otto wurde 1954 in Magdeburg geboren. Noch als Kind kam er mit seinen Eltern nach Mülheim, wo er bis heute wohnt.

Nach der Fachhochschulreife lernte er den Beruf des Kfz-Mechanikers und arbeitete in einer Opel-Werkstatt in Duisburg.

Er holte das Voll-Abi nach und studierte anschließend Raumplanung in Dortmund. Nach dem Studium machte er sich selbstständig und war vier Jahre lang als Unternehmensberater tätig. Sein Spezialgebiet: Branchen- und Strukturentwicklung.

1993 wechselte er zur Wirtschaftsförderung Essen, wo er für Arbeitsmarkt- und strukturpolitische Projekte zuständig ist. In dieser Arbeit war er früh in die Entstehung des Triple Z eingebunden.

2000 erbte er die Leitung des Triple Z von Hans Kühne.

Der Name Triple Z steht für Zukunfts Zentrum Zollverein. Als es 1996 gegründet wurde, war er vor allem ein Versprechen an den Stadtteil, der nach dem Aus des Kohlebergbaus eine neue Idee und Hoffnung brauchte.

Dirk Otto kam 1994 das erste Mal auf das alte Zechengelände. Damals arbeitete der studierte Raumplaner für die Essener Wirtschaftsförderung und sollte sich ein Bild über die großen Ausbildungsbetriebe in der Stadt verschaffen. Es ging darum, etwas gegen die wachsende Jugendarbeitslosigkeit in Essen zu tun.

An der Katernberger Straße hatte die RAG zu dem Zeitpunkt noch ihre Lehrwerkstatt, wo in Spitzenzeiten bis zu 1100 Lehrlinge in verschiedenen Bergbauberufen ausgebildet wurden. Dirk Otto erinnert sich noch an die Worte des Meisters: „Sie kommen zu spät. Hier ist in vier Wochen Schicht im Schacht.“

Vorbild des Triple Z steht in London

Die alten Backsteingebäude boten ein trostloses Bild. Dirk Otto stand in der alten Lohnhalle und sah dennoch Potenzial, dieses Gelände zu entwickeln. Denn schon länger trug sich eine Gruppe aus Vertretern des Essener Arbeitsamtes, der Wirtschaft, aus Bildungsträgern und der Wirtschaftsförderung – dem so genannten Essener Konsens – mit dem Gedanken, in Essen ein Gründerzentrum zu errichten. Das Vorbild stand in London. „Es fehlte uns aber das passende Grundstück“, erinnert sich Otto.

Auch interessant

Die Stadt kaufte der Ruhrkohle AG die Immobilie ab. Anschließend flossen umgerechnet rund zehn Millionen Euro in die Sanierung der Gebäude - zum Großteil kam das Geld aus Fördertöpfen der EU und des Landes. Die Revitalisierung der Zeche wurde zu einem großen ABM-Projekt.

Prominente Aktienbesitzer

Auch rund 1500 Katernberger halfen dem Triple Z auf die Beine, in dem sie Förderaktien kauften und so zu Aktionären wurden. Doch nicht nur Katernberger sind Aktienbesitzer. Auch die politische Prominenz, die sich im Vorzeigeprojekt Triple Z gern zeigte, musste Geld locker machen. „Jedem, der hierher kam, verkauften wir eine Aktie für 30 Mark“, sagt Otto und lacht. Ob Gerhard Schröder, Wolfgang Clement, Johannes Rau, Werner Müller oder Wolfgang Schäuble. Und Dirk Otto erinnert sich: Oskar Lafontaine habe sich die 30 Mark damals von seinem Fahrer pumpen müssen.

Auch interessant

Abgesehen von der millionenschweren öffentlichen Anschubfinanzierung trägt sich das Triple Z seit Beginn selbst und erwirtschaftet schwarze Zahlen. Das Geld fließt in die Rücklagen, aus denen Investitionen gestemmt werden. „Stillstand können wir uns nicht leisten. Wir müssen ständig sehen, dass wir das Zentrum an die neuen Anforderungen anpassen.“ In den vergangenen Jahren wurden unter anderem alle Büros mit Glasfaserkabel ausgestattet, kürzlich wurden mehrere E-Ladesäulen für Elektrofahrzeuge installiert. Ein Coup gelang Otto, als er 2019 die RAG-Stiftung als neuen Aktionär und Förderer gewann.

Neubau einer Halle beginnt dieses Jahr

Im Büro von Dirk Otto – das übrigens in der ehemaligen Totenkammer der Zeche liegt – kündigt sich auf den Plänen an der Wand derweil das nächste große Projekt an. Triple Z wird bis Ende nächsten Jahres für 1,9 Millionen Euro eine neue Produktionshalle mit Büros errichten. Die Nachfrage ist da, vor allem die bestehenden Mieter wünschen sich mehr Fläche, die das Triple Z ihnen heute nicht bieten kann.

Auch interessant

Die Leitung des Bauprojektes wird Dirk Otto allerdings in die Hände seines Nachfolgers Stefan Kaul legen, der auch schon 18 Jahre an seiner Seite arbeitet. „Es ist ein guter Zeitpunkt, die Geschäfte zu übergeben“, meint Otto. Der Mülheimer wird dennoch den Fortschritt im Gründerzentrum gut im Auge behalten. Zum Beispiel wenn er über den Nordstern-Radweg radelt, „dann ist das hier ein guter Boxenstopp“.