Essen. Viele Familien wollen ein Eigenheim in Essen kaufen. Doch es gibt kaum entsprechende Immobilien. Wo in der Stadt noch Häuser gebaut werden.
So vielfältig die Lebensweisen in unserer Gesellschaft auch sind, so verbreitet ist nach wie vor auch der Traum vieler Familien von einem eigenen Haus mit Garten. In Essen bleibt dieser Wunsch aber für immer mehr Familien unerfüllt. Warum zwischen Karnap und Kettwig nur so wenig Einfamilienhäuser gebaut werden, wie schwierig die Suche ist und wo dennoch neue Häuser gebaut werden:
„Wir wohnen in Fischlaken und suchen seit vier Jahren nach einem eigenen Zuhause für uns fünf. Wir, das sind Bastian (35 Jahre, Papa und Informatiker), Kristina (35 Jahre, Mama und Grundschullehrerin), Flora Marie (6 Jahre), Anton Jona (2 Jahre) und Rosa Marlen (7 Monate). Wir haben es schon auf verschiedenen Wegen probiert, aber unser Budget von 500.000 Euro scheint für den Essener Süden nicht auszureichen. Das ist ziemlich frustrierend“, berichtet Kristina Frerich. Unsere Redaktion hatte auf Facebook nach Familien gefragt, die ein Haus suchen. Innerhalb kürzester Zeit meldeten sich die Frerichs und viele weitere Familien, die ähnliche Erfahrungen machen.
Wo in Essen Häuser gebaut werden
Die Nachfrage nach Eigenheimen ist auch in Essen immer noch deutlich größer als das Angebot. „Da in Essen aber bekanntermaßen Wohnflächen fehlen, gibt es kaum Bebauungspläne, die Einfamilien-, Doppelhaushälften oder Reihenhäuser vorsehen“, räumt Stadtsprecherin Silke Lenz ein.
„Aktuell gibt es eine Flächenentwicklung im Stadtteil Überruhr-Hinsel, dort entstehen auf der ehemaligen Sportanlage Mentingsbank Einfamilienhäuser – bzw. sind dort bereits entstanden. Darüber hinaus gibt es eine zweite Fläche an der Oberhausener Straße in Frintrop. Auf dem Gelände eines alten Gartencenters werden von einem Investor unter anderem Doppelhaushälften gebaut und verkauft“, berichtet Lenz.
Die schlechte Nachricht für alle haussuchenden Familien in Essen: Weitere konkrete Flächen und Planungen gibt es derzeit nicht, so die Stadt. „In den Stadtteilen Dellwig (Levinstraße) und Bochold (Kesselstraße) könnten im späteren Verlauf des Jahres 2020 Bebauungspläne beschlossen werden“, heißt es auf Nachfrage aus dem Rathaus.
Allerdings gibt es auch dort – wie andernorts auch immer wieder – Initiativen und Interessengemeinschaften, die sich gegen eine Bebauung aussprechen.
Bebauungsplan „Am Stammensberg/ Ringstraße“
Außerdem beabsichtigt die Verwaltung, für den Bereich Am Stammensberg/Ringstraße in Kettwig einen Bebauungsplan aufzustellen. Der städtebauliche Entwurf, der in zwei Varianten erarbeitet wurde, sieht die Errichtung einer zweigeschossigen Einfamilienhausbebauung in Einzel- und Doppelhausform sowie von drei Mehrfamilienhäusern mit drei Geschossen zuzüglich eines Dachgeschosses vor. Auch hier gibt es allerdings einigen Unmut gegen die Pläne aus der Nachbarschaft.
Und wenn eine Fläche in Essen letztendlich doch zum Hausbau freigegeben wird, dann bleiben diese Immobilien für viele Familien dennoch unerreichbar. Lange Zeit galt, dass Mittelschichtsfamilien sich ein Haus leisten konnten, wenn sie es wirklich wollten. Heute gilt diese Gewissheit nicht mehr so ohne Weiteres.
Das knappe Angebot und die gleichzeitig hohe Nachfrage, die durch die Niedrigzinspolitik nur noch größer geworden ist, führt zu hohen bis sehr hohen Preisen. „Die absurden Preise sind das Problem, ich zahle für ein 100 Quadratmeter großes Reihenmittelhaus in Altenessen-Mitte, das keinen Keller und keine Garage und nur einen Minigarten hat, doch keine 350.000 Euro“, ärgert sich zum Beispiel WAZ-Leser Daniel Kehring.
„Wir können uns kein Eigentum im Essener Süden leisten“
„Wir sind eine vierköpfige Familie und haben den Traum vom Eigenheim aufgegeben. Wir arbeiten beide, sind durch Schule und Arbeit an den Essener Süden gebunden, wegen der Wucherpreise haben wir uns irgendwann statt nach einem Haus nach einer Eigentumswohnung umgeschaut, aber 650.000 Euro für fünf Zimmer auf 120 Quadratmetern, da würden wir unseren Kindern noch Schulden vererben“, resigniert auch Leserin Johanna Knaup.
„Zum Verzweifeln“ findet auch Anke Hins die Haussuche in Essen. Seit mehr als drei Jahren durchsucht Familie Hins „täglich“ die Immobilienangebote. „Ganz egal ob Reihenhaus oder freistehend, neu oder Bestandsimmobilie - ein Eigenheim ist nicht in Sicht, da die Preise überteuert sind. Selbst für stark sanierungsbedürftige Häuser um die 120 Quadratmeter zahlt man mehr als 300.000 Euro und man muss noch einmal die Hälfte des Kaufpreises investieren. Sogar eine Akademiker-Doppelverdienerfamilie kann sich so etwas nicht leisten“, bedauert Hins. Sie und ihre Familie beschäftigen sich daher immer häufiger mit dem Gedanken, Essen zu verlassen und in einen Stadt zu ziehen, in der sie sich ein Haus leisten können.
17 Prozent Preisanstieg für Immobilien in Essen
Dabei sind die Immobilienpreise in Essen in den vergangenen Jahren vergleichsweise „moderat“ angestiegen, befindet etwa die Immowelt-Gruppe, die sich den Markt in NRW genauer angeschaut hat. Den größten Preisanstieg in NRW verzeichnet Monheim: Mit einem mittleren Preis von 465.000 Euro müssen Hauskäufer dort inzwischen fast doppelt so viel bezahlen wie 2013. Für Essen hat das Unternehmen Essen einen Durchschnittspreis von 340.000 Euro errechnet, 17 Prozent mehr als 2013.
Dass es nicht annähernd so viele Einfamilienhäuser wie Interessenten gibt, weiß auch Georg Meintrup zu bestätigen. Der Geschäftsführer des Essener Sparkassen Immobilien-Centers rät, sich bei der Sparkasse registrieren zu lassen. Denn rund die Hälfte der ohnehin wenigen Immobilien würden registrierten Haussuchern per Mail offeriert und gar nicht erst im Netz angeboten.
„Auf ein Haus kommen in Essen rund 20 Interessierte“, rechnet Meintrup vor. Zwischen fünf und zehn Familien würden dann noch ernsthaft um die Immobilie konkurrieren. Als nächstes größeres Angebot kündigt Meintrup bereits neue Doppelhaushälften in Dellwig an, die noch in diesem Jahr in den Verkauf gehen sollen.
Dennoch, das weiß auch der Geschäftsführer des größten Maklerunternehmens in der Stadt, wird der Traum vom Eigenheim für viele Essener Familien vorerst nicht in Erfüllung gehen.