Essen. Karlheinz Endruschat wird die Essener SPD im Streit um die Integrationspolitik verlassen. Der Parteivize hatte sich über die Jahre wund gerieben.
Es ist der letzte Akt auf einem langen Weg der Entfremdung: Karlheinz Endruschat wird die SPD verlassen, der stellvertretende Parteivorsitzende in Essen gibt auf. Seiner Partei wirft er harte Worte hinterher und teilt ausdrücklich die Kritik von Ex-Minister Florian Gerster, die SPD laufe „Gefahr, zu einer Sekte zu werden“, die keinen Bezug mehr zu Themen und Problemen hätte, die ihrem Weltbild widersprächen. Ja, die Partei wage es nicht einmal, Fragen etwa zur vielfach gescheiterten Integrationspolitik zu stellen, weil sie Angst habe vor unbequemen Antworten.
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Endruschat hat Recht. Und ist trotzdem auch an sich selbst gescheitert, weil er seinen eigenen Ansprüchen und Möglichkeiten nicht gerecht wurde, wohl auch nicht werden konnte.
Um die Wucht der Zuwanderungsdebatte einzuhegen, war Endruschat zunächst gut genug
Als die Essener SPD wie kein anderer Unterbezirk um die Jahreswende 2015/16 im Zuge der Flüchtlingskrise in schweres Fahrwasser geriet, schien Endruschats Wahl zum stellvertretenden Parteivorsitzenden eine salomonische Lösung zu sein. Es galt, die Wucht der Zuwanderungsdebatte, die auch mit dem Namen Guido Reil verbunden war, irgendwie aufzufangen und einzuhegen – und zumindest so zu tun, als würde man die Sorgen im Norden der Stadt ernst nehmen.
Die forschen Jung-Funktionäre in den Abgeordnetenbüros und die Parteilinken ertrugen den pensionierten Sozialarbeiter aber nur mühsam, und je öfter Endruschat den Finger tatsächlich in die Wunden legte, desto mehr Blasiertheit und sogar Hass erntete er.
Dem sensiblen Altenessener merkte man an, dass er sich wund rieb an seiner Partei
Der Altenessener schaffte es allerdings nicht, eine Hausmacht aufzubauen und so etwas wie das intellektuelle Zentrum der sozialdemokratischen Pragmatiker in Essen zu werden. Wer gegen den Mainstream in einer Partei antritt, braucht neben festen Überzeugungen auch rhetorische Qualitäten, Organisationsgeschick und extrastarke Nerven, um inhaltlich fokussiert zu bleiben und Anfeindungen auch mal abtropfen zu lassen. Dem sensiblen Endruschat merkte man aber an, dass er sich wund rieb und mehr und mehr verzweifelte an seiner Partei und ihrer bräsigen Selbstbezogenheit.
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Das traurige Schicksal der von Endruschat gegründeten Arbeitsgruppe „Integration und Sicherheit“ war unter diesen Umständen absehbar, zumal die politische Großwetterlage in Bund und Land ihm nicht (mehr) unbedingt in die Karten spielte. Die deutsche Zuwanderungs- und Integrationspolitik ist zwar unverändert planlos, naiv und teilweise desaströs, doch die SPD – und nicht nur sie – schaut abseits von Lippenbekenntnissen angestrengter weg denn je.
In einer SPD auf strammen Linkskurs wird es um die Endruschats einsam
Als die Parteispitze vor einigen Monaten ungerührt zusah, wie Endruschat seine Rats-Kandidatur verlor, gab es dann endgültig nichts mehr misszuverstehen. In einer SPD, die in Essen von Thomas Kutschaty auf strammen Linkskurs geführt wird, wird es um die Endruschats einsam, der Bruch ist dann irgendwann folgerichtig. Und wenn nicht alles täuscht, wird es nicht der letzte sein.