Essen. Am Ende war es keine Überraschung mehr: Karlheinz Endruschat, bekannt für seine kritische Haltung zum SPD-Kurs in Sachen Integration, tritt aus.
Das anstrengende Miteinander Seit’ an Seit’ – seit Dienstag hat es ein Ende: Karlheinz Endruschat, Ratsherr aus Altenessen, stellvertretender Vorsitzender der Essener SPD und als solcher vor allem in Fragen der Zuwanderung und Integration mit seiner Partei arg über Kreuz, kehrt der Sozialdemokratie den Rücken. Er sucht den Neuanfang an anderer Stelle.
Der Rückzug des SPD-Vize aus Partei und Ratsfraktion, er war am Ende keine echte Überraschung mehr, eher schon die von vielen inner- und außerhalb der Partei erwartete logische Konsequenz aus den Ereignissen der vergangenen Wochen und Monate: Endruschat galt als Wortführer all jener in der SPD, die das Ausmaß der Zuwanderung in vielen Bereichen des Essener Nordens eher als Last denn als Chance verstanden. Und die sich mit ihren Einwänden von der Partei- wie der Fraktionsspitze nicht wirklich ernst genommen fühlten.
Endruschat räumt ein: Mit seinem Kurs in der SPD sei er „klar gescheitert“
Im Gegenteil: Dass er im November nicht erneut als Ratskandidat für Altenessen nominiert wurde, wie auch der Umstand, in der Frage der katholischen Kliniken im Norden gar nicht erst konsultiert worden zu sein, wertete Endruschat „als Zeichen dafür, dass man mich loswerden will“: Mit seinen Versuchen, den Kurs der Partei zu beeinflussen, so räumte der 68-Jährige ein, „bin ich klar gescheitert“.
Und mit ihm all jene, die in Fragen von Sicherheit und Ordnung, von Zuwanderung und Integration eine andere Meinung vertreten als es die offizielle Parteilinie formuliert. Die stellt zwar eine konfliktträchtiges Verhältnis zu vielen Zuwanderern gerade im Norden nicht in Abrede, sieht dies aber eher als Ausdruck sozialer Verwerfungen – und wirft Endruschat und Co. deshalb vor, „eher Sündenböcke als Lösungen“ zu suchen.
Der 68-Jährige wechselt im Rat nun zur Tierschutz/SLB-Fraktion
Endruschat widerspricht: Bei den Sozialdemokraten weigere man sich inzwischen schon, nahe liegende kritische Fragen zu stellen, „weil die Antworten nicht ins eigene Weltbild passen“. So wie er sich Sozialdemokratie vorstelle, „ist das in dieser Partei nicht mehr lebbar“. Er teile da die Ansicht des ehemaligen SPD-Ministers Florian Gerster, der in einem Spiegel-Interview beklagt hatte, die SPD sei „in Gefahr, zu einer Sekte zu werden“.
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Gerster trat deshalb zur FDP über, und auch für Endruschat soll der gestern per E-Mail erklärte Austritt aus der SPD nicht das Ende der politischen Arbeit bedeuten: Er will sich dem Sozial-Liberalen Bündnis seines ehemaligen Partei und Fraktionskollegen Peter Lotz anschließen. Das macht im Stadtparlament gemeinsame Sache mit der Tierschutz-Partei, und zählt nach drei Übertritten nun fünf Mitglieder. Hinter SPD, CDU und Grünen stieg man so zur viertstärksten Fraktion des Rates auf.
SPD-Chef Thomas Kutschaty bedauert den Austritt – und will das Mandat zurück
Sehr zum Ärger der Genossen: Thomas Kutschaty bedauerte am Dienstag ausdrücklich den Austritt Endruschats, für dessen Wahl zum Parteivize er sich einst schließlich ausdrücklich eingesetzt habe. Der SPD-Chef verband damit aber auch die Forderung, der Ex-Genosse aus Altenessen möge das Ratsmandat zurückgeben.
Schließlich sei er „als Sozialdemokrat in den Rat gewählt worden, daher steht der Sitz auch der SPD zu“. Allerdings profitieren auch die Genossen in der laufenden Ratsperiode von „mitgenommenen“ Ratsmandaten: Michael Schwamborn hatte seines über das Essener Bürger Bündnis (EBB) errungen, Janina Herff das ihre bei den Linken.
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