Essen-Kettwig. Im ältesten Haus der Kettwiger Altstadt ist am 10. Januar die Gastronomie wieder geöffnet. So sieht das aufgefrischte Konzept der Weinstube aus.

Wechselvoll ist die kurze, gastronomische Vergangenheit des Hauses Ruhrstraße 60. Nachtwächters Grotte, Froschkönig, Brunnencafé und aktuell erst Elsässer Win-stub. Doch ab kommendem Freitag, 10. Januar, nehmen die Eigentümer Ulrich und Ilse Stiehler das Heft selbst in die Hand und eröffnen um 17 Uhr die Kettwiger Weinstube.

Nachdem das historische Steingebäude fast anderthalb Jahre leer stand, hatten die Stiehlers gemeinsam mit Marlies Roggelin und Wolfgang Bieger im vergangenen September die „Winstub“ eröffnet. Doch dieses Kapitel endete bereits Anfang Dezember.

Neuanfang mit einem aufgefrischten Konzept

Jetzt also der Neuanfang mit einem aufgefrischten Konzept. Ulrich Stiehler, Pfarrer im Ruhestand, will aus dem besonderen Gebäude gemeinsam mit seinem Team einen „Ort der Begegnung machen, an dem Menschen miteinander ins Gespräch kommen und sich einfach nur wohlfühlen“. Der Fokus wird in Zukunft nicht mehr ausschließlich auf Elsässer Weinen liegen, sondern „wir werden auch nachgefragte Weine anderer Provenienzen anbieten. Und natürlich bleibt der Elsässer Flammkuchen weiterhin auf der Speisekarte“.

Nachtwächters Grotte, Froschkönig, Brunnencafé und Elsässer Winstub: Am 10. Januar wird die Weinstube mit einem neuen Konzept wieder eröffnet.
Nachtwächters Grotte, Froschkönig, Brunnencafé und Elsässer Winstub: Am 10. Januar wird die Weinstube mit einem neuen Konzept wieder eröffnet. © Socrates Tassos

2004 hatte Ulrich Stiehler das Haus, das heute zum Historischen Pfad des Heimat- und Verkehrsvereins Kettwig gehört, vom damaligen Eigentümer Emil Deppe gekauft. „Geschichtliches Interesse stand dabei im Mittelpunkt“, sagt der 77-Jährige. Denn das Doppelgewölbe ist das „wohl älteste Haus Kettwigs.

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Essens Stadtarchäologe Detlef Hopp hat es auf das Spätmittelalter datiert, also auf das 13. Jahrhundert. Er fand Scherben aus dieser Zeit und eine alte Herdstelle.“ Ein tiefer Brunnen im unteren Gastraum ist nicht nur ein echter Hingucker, sondern ebenfalls eines der Zeugnisse der langen Vergangenheit.

Im unteren Gewölbe übte ein Hufschmied sein Handwerk aus

Die Infotafel des Heimat- und Verkehrsvereins (HVV) an der Mauer neben dem Eingang gibt weiteren Aufschluss. So übte damals im unteren Gewölbe ein Hufschmied sein Handwerk aus, dessen Familie im oberen Gewölbe, in das eine uralte Steintreppe hinaufführt, lebte. Der Brunnen spendete nicht nur dem Schmied und seiner Familie das für Arbeit und Leben benötigte Wasser. Auch Pilger und Reisende, die auf dem damals „Knüppelmarkt“ genannten Bohlenweg vorbeikamen, konnten sich am Brunnenwasser bedienen. „Jetzt, nach den vielen Regenfällen, führt er auch wieder Wasser.“

Historische Plauderei bei Kerzenschein

Die Kettwiger Weinstube, Ruhrstraße 60, 02054/98 20 164, hat bis auf Weiteres folgende Öffnungszeiten: Freitag bis Montag ab 17 Uhr. Für Gruppen und private Feiern öffnet die Weinstube auch außerhalb der normalen Zeiten.

Zu einer „Historischen Plauderei bei Wein und Kerzenschein“ lädt das Team der Weinstube am Freitag, 24. Januar, ab 19 Uhr ein. An diesem Abend geht es um die spannende Vergangenheit des Gebäudes, die ein wichtiger Teil der Kettwiger Ortsgeschichte ist.

Ulrich Stiehler kennt im Wortsinne jeden einzelnen Stein, das Gebäude liegt ihm sehr am Herzen. Mit Hilfe eines Freundes hat er innerhalb von drei Jahren die Restaurierung selbst durchgeführt. „Alles war damals in einem unbeschreiblichen Zustand. Wir haben es entkernt, und dann fing es an zu atmen. 80 Kubikmeter Schutt kamen zusammen.“

Im unteren Gewölbe übte einst ein Hufschmied sein Handwerk aus.
Im unteren Gewölbe übte einst ein Hufschmied sein Handwerk aus. © Socrates Tassos

Auf den reinen Steinbau mit den zwei Gewölben wurde, nachdem das Satteldach entfernt worden war, in früheren Zeiten ein Fachwerkhaus aufgesetzt – das hat übrigens heute die Adresse Kirchtreppe 6.

2008 startete das gastronomische Kapitel

Auch über die jüngere Geschichte des Gebäudes weiß Ulrich Stiehler eine Menge: „Im 19. Jahrhundert wurde nach damaligen Maßstäben modernisiert, und der Obermeister der Tuchfabrik Scheidt hatte im Fachwerkhaus seine Wohnung. Im 20. Jahrhundert war dort der Laden eines Herrenfriseurs, und im unteren Gewölbe war erst eine Schlosserei, dann wurde es zur Garage.“

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Und 2008 öffnete Nachtwächters Grotte. Damit startete das gastronomische Kapitel der Geschichte. 27 Sitzplätze auf insgesamt 60 Quadratmetern bietet aktuell die Kettwiger Weinstube. „Und ab April kommen 18 Außenplätze hinzu“, sagt Ulrich Stiehler. „Dann werden wir auch die Öffnungszeiten ändern. Wir planen Dichterlesungen, Vorträge, Weinverkostungen und mehr.“ Außerdem: In dem spätmittelalterlichen Gebäude gibt es sogar freies WLAN.

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