Essen. Michael Bonmann, Bezirksbürgermeister im Essener Süden (u.a. Kettwig und Werden) hat sich mit seiner CDU überworfen. Auslöser war ein Interview
Michael Bonmann (63, CDU), Stadtteilpolitiker aus dem Essener Süden, ist am Dienstag überraschend von seinem Amt des Bezirksbürgermeisters zurückgetreten. Zehn Jahre lang stand Bonmann dem Bezirk IX vor (Kettwig, Fischlaken, Heidhausen, Werden, Schuir, Bredeney). Hintergrund ist ein schweres Zerwürfnis mit dem Vorsitzenden der Essener CDU, dem Bundestagsabgeordneten Matthias Hauer, und mit Teilen der Partei im Essener Süden.
Bezirksbürgermeister wollte möglichen AfD-Bezirksvertreter „nicht ausgrenzen“
cdu im essener süden lehnt zusammenarbeit mit afd klar ab Das Zerwürfnis hatte begonnen, als Michael Bonmann im Sommer 2019 der Stadtteil-Zeitung „Werdener Nachrichten“ ein Interview gab, in dem er unter anderem davon sprach, dass man die AfD „nicht ausgrenzen“ dürfe und er versuchen werde, nach der Kommunalwahl 2020 auch einen möglichen AfD-Bezirksvertreter in die Arbeit der BV einzubinden - wie die Vertreter anderer konkurrierender Parteien auch. Das hatte stadtweit erhebliche Debatten ausgelöst. Matthias Hauer hatte in einer entschieden formulierten Replik unterstrichen, dass es für die CDU mit der AfD keinerlei Zusammenarbeit geben werde - auch nicht im Bezirk IX.
In der Folge schwand für Bonmann der Zuspruch in der CDU - wohl auch, weil er seit jeher als kantiger, selbstbewusster Typ galt, der im Zweifel nicht viel auf Parteidisziplin gab. „Mit Ausnahme vom Ortsverband Bredeney habe ich keinen Rückhalt mehr in meiner Partei“, sagt der Apotheker. Der Ortsverband Heidhausen-Fischlaken etwa hatte Bonmann nicht in seiner Ratskandidatur unterstützt, sondern für Ulrich Beul votiert. CDU im Essener Süden lehnt Zusammenarbeit mit AfD klar ab cdu im essener süden lehnt zusammenarbeit mit afd klar ab
Michael Bonmann sieht für sich viel Rückhalt bei den Bürgern - CDU sieht das anders
„Hauer hat mir vor zehn Tagen in der CDU-Vorstandssitzung erklärt, ich sei nicht mehr tragbar und komme bei den Bürgern nicht an“, erklärte Bonmann auf Nachfrage unserer Redaktion am Mittwoch. Das Argument, er sei bürgerfern, ist Bonmann zufolge allerdings frei erfunden. „Ich habe auch nach dem, Interview weit überwiegend positive Reaktionen aus der Bürgerschaft erhalten.“ Hauer verwechsele hier offenbar die Bürger mit den CDU-Funktionären in einigen Ortsverbänden, so Bonmann.
Im übrigen sei er immer noch der gleichen Meinung bezüglich des taktisch gebotenen Umgangs mit der AfD: „Dass strikte Ausgrenzung das Gegenteil dessen bringt, was man erreichen will, haben ja die letzten Wahlen gezeigt“, meint Bonmann. Die AfD sei immer stärker geworden, nicht schwächer.
Lautstarkes Gespräch zwischen Bonmanns Frau und Matthias Hauer
Bonmann bestätigte, dass seine Frau sich bei CDU-Chef Matthias Hauer lautstark beschwert habe, als der CDU-Chef ihn nach Erscheinen des Interviews mehrfach angerufen hatte. Damals befand er sich im Urlaub. Auch dieser Eklat, den Hauer in den Werdener Nachrichten bestätigte, führte zu einer Entscheidung: „Ich habe mich mit meiner Familie beraten und bin zu dem Entschluss gekommen, als Bezirksbürgermeister zurückzutreten. Mein Mandat in der Bezirksvertretung IX behalte ich jedoch.“
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Matthias Hauer wollte nicht bestätigen, dass er Bonmann für nicht mehr tragbar hält: „Das sind interne Vorgänge, die ich nicht kommentieren möchte.“ Fest steht aber, dass es „unterschiedliche Meinungen darüber gibt, ob Michael Bonmann sich im kommenden Jahr nochmal zur Wahl stellen sollte.“ Der Bundestagsabgeordnete erklärte am Mittwoch, die CDU Essen nehme den Rücktritt „zur Kenntnis“ und dankte Bonmann „für die geleistete Arbeit“.
Hauer stellt klar: Keine wie immer geartete Zusammenarbeit mit der AfD!
Seine Partei, machte Hauer deutlich, „werde weder mit Linken noch mit Rechten kooperieren, insbesondere nicht mit der AfD.“ Das Interview habe „zu viele Interpretationsspielräume gelassen, weil ich ja weiß, dass auch Herr Bonmann eigentlich nicht mit der AfD zusammenarbeiten will.“
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Bis zur Kommunalwahl wird Bonmanns Stellvertreter, der Sozialdemokrat Benjamin Brenk, das Amt des Bezirksbürgermeisters ausüben. Michael Bonmann selbst kündigte an, er werde auch als einfacher Bezirksvertreter Ecken und Kanten zeigen und deutlich seine Meinung sagen, falls er dies für notwendig halte. „Für mich ist entscheidend, dass ich morgens in den Spiel gucken kann.“ Deshalb sei er auch von sich aus zurückgetreten, bevor andere ihn gestürzt hätten.
Die kleinste politische Einheit
Bezirksvertretungen sind die kleinste politische Einheit, reine Stadtteilthemen bis hin zum Standort einer Ruhebank sind ihr Geschäft. In Essen gibt es neun solcher Bezirksvertretungen mit jeweils bis zu 19 Bezirksvertretern mit Stimmrecht. Vielfach spielen Parteizugehörigkeit und ideologische Gegensätze hier keine große Rolle.
Bezirksvertretungen werden zusammen mit dem Rat der Stadt gewählt, die nächste Kommunalwahl ist im September 2020. Häufig sind Ratsmitglieder zunächst als Bezirksvertreter tätig, in den „Stadtteilparlamenten“ hat manche große politische Karriere begonnen. Doppelmandate sind möglich.