Essen. Auf diese Nachricht hat Thyssenkrupp vier Jahre gewartet: Die Stadt Essen winkt Pläne für ein Luxus-Quartier auf dem Areal der Beitz-Villa durch.
Die trübe regengeschwängerte Luft in diesen verhangenen November-Tagen täuscht: Nie war die Aussicht besser für jene, die hier oben am Weg zur Platte 37 Großes vorhaben. Denn gut sechs Jahre nach dem Tod des einstigen Krupp-Patriarchen Berthold Beitz darf dessen großzügiges Villen-Anwesen in Bredeney oberhalb des Baldeneysees bebaut werden. Das Planungs- und Bauordnungsamt der Stadt Essen hat nach jahrelangem Hickhack in der vergangenen Woche den positiven Bauvorbescheid dazu erlassen.
Entstehen soll auf dem etwa 30.000 Quadratmeter großen Grundstück ein Luxus-Quartier mit Villen und Mehrfamilienhäusern, alles in allem bis zu 24 Einheiten. Es ist die Sorte Immobilien, bei der man
für seinen Wohnwunsch schon ein ziemlich gut gefülltes Konto mitbringen muss – wieviel genau, das ist unbekannt, denn Noch-Eigentümer Thyssenkrupp hat nicht einmal die Identität des Investors bekanntgegeben, sicherheitshalber, solange noch nicht klar ist, was dort gebaut werden darf und ob überhaupt.
Erst zornige Briefe und später ein Prozess
Das war, rückblickend gesehen, wohl eine weise Entscheidung, denn während Stadt und lokale Politik sich früh einig zeigten, das Areal wieder maßvoll für Wohnzwecke zu nutzen, stellte sich das Land lange quer: Es wertete das parkähnliche Anwesen, auf dem in all den Jahren zahllose gekrönte und ungekrönte Häupter zu Gast bei Beitz ihren Blick schweifen ließen, als sogenannten planungsrechtlichen Außenbereich. Als Areal also, in dem nicht so ohne weiteres gebaut werden darf.
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Mit der Folge, dass die Stadt Essen im Zuge der Fachaufsicht und gegen ihren Willen von der Bezirksregierung Düsseldorf angewiesen wurde, die Bauvoranfrage eines Bredeneyer Architekturbüros abschlägig zu bescheiden. Fast dreieinhalb Jahre ist das jetzt her, in denen zornige Briefe geschrieben und später auch prozessiert wurde.
Am Ende fehlte noch ein Artenschutz-Gutachten
Vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen bekam im Mai vergangenen Jahres Thyssenkrupp Recht, doch für freie Bahn sorgte dies noch nicht. Denn beim Land wollte man die Niederlage nicht auf sich sitzen lassen, strebte stattdessen den Gang in die nächste Instanz an.
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Wegen einer juristischen Formalie standen die Chancen für die Baugegner allerdings schlecht, weshalb das Land seinen Widerspruch Anfang 2019 zerknirscht wieder zurückzog. Denkmalschutz war für die Villa aus den spätern 1950er Jahren zwar diskutiert und vereinzelt auch gefordert worden, die Fachleute der Denkmalbehörde sahen hierfür jedoch keinen sachlichen Grund. Seitdem ist der Weg für den Abriss der Beitz-Villa und den Neubau frei.
Entlassung aus dem Landschaftsschutz fehlt noch
Fast jedenfalls. Denn da fehlte ja noch das Artenschutz-Gutachten eines externen Fachmanns, das von der Stadt wiederum zu prüfen und von der Bezirksregierung mit einer abschließenden Stellungnahme zu kommentieren war. Diese formelle Entlassung aus dem Landschaftsschutz fehlt dem Vernehmen nach bis heute.
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Das Okay der Stadt gab es dieser Tage dennoch: Versehen aber mit der Einschränkung, das – wer immer da dereinst bauen will – seinem Bauantrag dieses Papier beifügen muss. Wann es soweit ist, bleibt offen: Von Thyssenkrupp war am Dienstag keine Stellungnahme zu erhalten.