Essen. Von den vielen Kirchen, die nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut wurden, sollen fünf weitere unter Denkmalschutz kommen. Eine sechste wird geprüft.

Es gibt Kenner der Materie, für die waren die nach dem Zweiten Weltkrieg neu gebauten Kirchen immer schon eine Art frommer Selbstbetrug: Zu glauben dass die Kirche die Bauten wirklich auf Dauer brauchen, die Zahl der Gläubigen irgendwann wieder zunehmen würde, erwies sich als Trugschluss. Mittlerweile ist man auf dem geordneten Rückzug, nicht zuletzt auch baulich. Grund genug zu überlegen, welche dieser Sakralbauten Bestand haben sollten. Fünf „moderne“ Kirchen gehören nach Ansicht der Stadt dazu.

Gerade mal 53 Jahre als katholische Kirche geweiht: St. Suitbert in Überruhr-Holthausen. Nach Ansicht der Denkmalschützer steht die Sattel-Konstruktion für die „neue Entwurfsfindung im Kirchenbau“.
Gerade mal 53 Jahre als katholische Kirche geweiht: St. Suitbert in Überruhr-Holthausen. Nach Ansicht der Denkmalschützer steht die Sattel-Konstruktion für die „neue Entwurfsfindung im Kirchenbau“. © FFS | Foto: Ulrich von Born

Unter Denkmalschutz kommen sollen dabei drei katholische und zwei evangelische Kirchen im Stadtgebiet: Auf katholischer Seite sind dies die Pax Christi Kirche in Bergerhausen, St. Bonifatius in Huttrop und St. Suitbert in Überruhr-Holthausen, auf protestantischer Seite die Dreifaltigkeitskirche in Bergeborbeck und die Zionskirche in Horst. Hinzu kommen dürfte die evangelische Kirche am Heierbusch, für die gerade ein Gutachten zum Denkmalwert erstellt wird.

„Einwände zum Denkmalwert wurden nicht erhoben“

Der ist für die fünf anderen Kirchen offenbar unstrittig. Denn das Bistum Essen wie auch die evangelische Kirche im Rheinland saßen mit am Tisch, als die Denkmalpfleger aus Stadt und Land sich ab 2009 systematisch den „modernen“ Kirchenbauten nach 1945 widmete und die erhaltenswerten Bauten aussuchte: „Erkennen und Bewahren“, so lautete die Devise, nach der Anfang des Jahres bereits die katholische Heilig Geist-Kirche in Katernberg unter Schutz kam.

Die nun ausgeguckten fünf weiteren Kirchen soll der Planungsausschuss des Rates Ende November zu Denkmälern erklären. Mit Protest, so klingt es auf Seiten der Verwaltung, ist wohl nicht zu rechnen: Die Eigentümer seien eingebunden gewesen, „Einwände zum Denkmalwert wurden nicht erhoben“.

Mit ihrem Konzept, nicht in Gut und Böse zu unterteilen, immer wieder auch Stein des Anstoßes: die Pax Christi Kirche in Bergerhausen.
Mit ihrem Konzept, nicht in Gut und Böse zu unterteilen, immer wieder auch Stein des Anstoßes: die Pax Christi Kirche in Bergerhausen. © FFS | Foto: Klaus Micke

„Klare Konturen, asketischer Charakter, Brisanz und Aktualität“

So loben die Gutachter bei St. Suitbert etwa nicht nur die „technisch hochanspruchsvolle Schalenkonstruktion“ in Form eines Sattels, hier zeige sich auch, wie beim Kirchenbau auf die Liturgie-Reform reagiert und die Gemeinde stärker einbezogen wurde. Beim langgestreckten Ziegelbau von St. Bonifatius vermerkt man die „klaren und schlichten Konturen einer Basilika“ und den „fast asketischen Charakter“, bei der Pax Christi Kirche das Friedens-Konzept „von Brisanz und Aktualität“.

Bei der Zionskirche wiederum ist es der „leichte Raum“, die „klare Form und große Lichtfülle“, die unter anderem den Denkmalwert begründen, bei der Dreifaltigkeitskirche der „lichtdurchflutete Innenraum“, der exemplarisch für die Gestaltungsvielfalt in den 1950er Jahren stehe.

Mitunter kommen auch Teile der Grünanlage unter Schutz

Mal beschränkt sich der Denkmalschutz auf das eigentliche Kirchengebäude und den Innenraum samt Ausstattungs-Gegenständen, mal zählt wie bei St. Bonifatius auch die abschirmende Mauer mit Treppenanlage oder wie bei den beiden protestantischen Gotteshäusern der Glockenturm und Teile der Grünanlage dazu.

So oder so: Bei modernen Kirchenbauten gilt die Unterschutzstellung als weniger hinderlich, weil ihre architektonische Gestalt Umnutzungen leichter möglich macht. Denn Gottesdienste erfreuen sich selbst unter Christen nicht mehr allzu großer Beliebtheit: Bei den Essener Katholiken etwa liegt die durchschnittliche Beteiligung unter acht Prozent.

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