Essen. . Der Essener Kult-Club Musikpalette feiert seinen 25. Geburtstag. Warum die Gründer der Mupa lieber Berufsjugendliche als Rentner sind.
Das anhaltende Sterben der großen Diskotheken, aber auch nicht selten der kleineren Clubs setzt der deutschen, ja europäischen Nightlife-Branche schon seit Jahren mächtig zu. Doch eine Essener Disco trotzt dem Abwärtstrend nicht nur tapfer, sondern mehr als erfolgreich. Am Wochenende des 14. und 15. Juni feiert die Musikpalette an der Kettwiger Straße 20, von allen nur Mupa genannt, ihr 25-jähriges Bestehen, was geradezu ein Phänomen in dieser Gastronomie-Sparte ist.
Damit ist die Mupa zusammen mit dem Prater in Bochum der am längsten bestehende Tanz-Tempel im Ruhrgebiet. Und ein Alleinstellungsmerkmal hat die Disco, die im früheren Kino „Filmpalette“ beheimatet ist und knapp 800 Besucher fasst, ohnehin: In dem Vierteljahrhundert war sie immer unter gleicher Leitung. Klaus Koch (68) und Frank Siebers sind nämlich die Erfinder, Gründer und nach wie vor Inhaber der Mupa, die freitags und samstags und vor Feiertagen geöffnet hat. Wir haben mit den Vätern der Musikpalette gesprochen.
Wie schafft man es in diesem extrem umkämpften Markt, die Mupa 25 Jahre zu betreiben und den Laden dabei auch noch jedes Wochenende gut zu füllen?
Klaus Koch: Das ist harte Arbeit, und man muss stets mit der Zeit gehen...
Frank Siebers: ...und trotzdem verlieren wir dabei nicht unser Profil. Die Mupa ist sich immer treu geblieben. Die Musik hat sich zwar gewandelt, aber ansonsten wissen die Leute, was sie erwartet. Wenn hier mal frühere Stammgäste nach zehn oder fünfzehn Jahren zu Besuch kommen, sagen die: Geil, das ist immer noch die Mupa. Übrigens hatten wir in all den Jahren keinen einzigen Wochenend-Tag geschlossen, nie Sommerpause oder Betriebsferien. Auf uns ist Verlass.
Ist diese beinahe schon anachronistische Art der Beständigkeit in den Zeiten des ständigen Wandels vielleicht das Erfolgsgeheimnis?
Vieles erinnert noch an das alte Kino Filmpalette
Noch heute ist das ehemalige Kino Filmpalette gut zu erahnen. Vom Eingangsbereich der Mupa im Erdgeschoss geht’s eine große geschwungene Treppe zwei Etagen hinunter in die eigentliche Disco mit der großen Tanzfläche, dem früheren Kinosaal.
Noch heute ist am Ende des Saals eine kleine Bühne. Früher ging dort der Vorhang für die Filmvorführungen hoch, heute befinden sich auf der Bühne eine Theke und Sitzgruppen. 2500 Meter Eisen mussten vor 25 Jahren verschweißt werden, um die kinotypische Kuhle im Saal auszugleichen und den Boden zu begradigen.
Siebers: Wir klammern uns ja nicht starr seit Jahrzehnten an ein unverändertes Konzept. Musikalisch haben wir zum Beispiel immer wieder etliches verändert. Vor 25 Jahren wurde noch viel Rock gespielt, das kommt heute kaum noch an. Jetzt ist es eben eine bunte Mischung aus deutschem Rap, Black, Charts, Pop, Klassikern. Was wir aber immer beibehalten haben, ist die Strategie, dass wir keine Fremdveranstaltungen, sondern jeden Freitag und Samstag einfach die Mupa-Party machen. Ganz am Anfang haben wir mal ein paar Comedy-Events und kleine Konzerte hier gehabt, das hat sich aber nicht bewährt. In vielen aktuellen Clubs ist an einem Tag eine Elektro-Party, am anderen Tag eine Hip-Hop-Veranstaltung. Heute gehen die Kids, die ein ganz anderes Ausgeh-Verhalten als die Gäste vor 20 Jahren haben, auf eine ganz bestimmte Party XY, bei uns geht man eben in die Mupa. Nicht mehr, nicht weniger.
Koch: Hier haben die Leute quasi eine Planungssicherheit. Sie wissen, was hier los ist. Sie wissen, dass es immer voll, dass es nicht zu teuer ist, weil wir keinen Eintritt und nur zehn Euro Mindestverzehr nehmen.
Die Musikpalette hat sicherlich das weit und breit jüngste Publikum, das Gros der Besucher ist zwischen 18 und 25. Die meisten könnten also Eure Enkel sein. Versteht Ihr Euch eher als eine Art Herbergsväter oder dann doch als Berufsjugendliche?
Siebers: Wir sind beide eindeutig die Berufsjugendlichen. Wenn du die Jugend nicht verstehst, kannst du das gar nicht machen und einpacken.
Koch: Das Nachtleben und die Leidenschaft dafür halten natürlich jung. Meine beiden Kinder sind mittlerweile über 20 und oft unsere Gäste, die Besucher der ersten Jahre schicken auch ihre Kinder zu uns. Das ist doch herrlich. Ich konnte und kann mir nicht vorstellen, irgendwas anderes zu arbeiten.
In dem Alter genießen andere ihren Ruhestand...
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Koch: Ich will noch möglichst viele Jahre weiterarbeiten. Von mir aus kann man mich später auch die Treppen runtertragen. Hauptsache, ich bin freitags und samstags in der Mupa. Natürlich sind wir mittlerweile mit unseren 20 Teilzeitkräften pro Nacht, von denen ein paar ebenfalls seit 25 Jahren dabei sind, sowie der Frank und ich untereinander ein so eingespieltes Team, dass einer von uns schon mal um 2 Uhr nach Hause gehen kann und nicht erst um 6 Uhr den Laden abschließen muss. Außerdem nehmen wir ja regelmäßig unsere Erholungsphasen und kurzen Urlaube.
Aus 25 Jahren gibt es bestimmt zig Anekdoten zu erzählen. Was war denn das beeindruckendste Erlebnis?
Koch: Toll war unsere 24-Stunden-Party zur Essener Loveparade 2007, als wir das erste und einzige Mal draußen vor der Tür die DJ-Kanzel und den Dancefloor installiert hatten und alles voller Menschen war. Die Polizei hat uns auch prima dabei unterstützt.
Siebers: Den größten Schrecken erlebten wir wohl Halloween 2003, als ein riesiges Wandbild aus Stoff nachts um 4 Uhr in Flammen aufging. Die Gäste hielten das zunächst für einen Special Effect und wollten gar nicht gehen. Aber als die Feuerwehr eintraf, hatte unsere Security den Laden komplett geräumt und den kleinen Brand auch schon gelöscht. Am nächsten Abend hatten wir wieder geöffnet.
Der Mupa-Standort mitten in der City, nur wenige Gehminuten vom Hauptbahnhof entfernt, ist ja sicherlich nicht unproblematisch. Wie habt Ihr den Wandel der Zeiten miterlebt?
Siebers: Es ist in der Tat alles schwieriger geworden. Das mag allein eine Zahl belegen: Als wir anfingen, kamen wir mit drei Security-Leuten aus, heute brauchen wir jede Nacht im Interesse unserer Gäste sieben Securitys. Und wir müssen auch viel stärker selektieren.
Koch: Auch die Kosten sind selbstverständlich überhaupt nicht mit denen aus den ersten Jahren zu vergleichen. Früher mussten wir im Monat 800 Mark an Stromkosten zahlen, heute sind es 2400 Euro. Und am Anfang zahlten wir 4000 Mark Vergnügungssteuer im Jahr, heute kostet uns der Spaß 12000 Euro.
Siebers: Trotzdem bleiben wir an diesem Standort, weil auch der eine große Tradition hat. Woanders würde das wahrscheinlich gar nicht funktionieren. Und wir wollen schließlich noch weitere Jubiläen feiern!