Vor zehn Jahren feierte Essen die erste Loveparade im Revier
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Essen. . Rund 1,2 Millionen Besucher waren angeblich bei der ersten Revier-Loveparade. Die Zahl stimmte aber nicht. Nach Duisburg wird vieles anders bewertet.
Am 25. August 2007 strömten mehrere hunderttausend Besucher in die Essener Innenstadt
27 Lastwagen schlichen über den Innenstadt-Ring bis zum Berliner Platz
Die Loveparade in Essen wurde euphorisch gefeiert und als Triumph des Ruhrgebiets gefeiert
„Bunt, sexy, friedlich“, „Welch eine Party“, „Geiler als Berlin“: Schiere Begeisterung löste vor zehn Jahren die erste Loveparade im Ruhrgebiet aus – 27 Lastwagen waren am 25. August 2007 über den Varnhorst-Kreisel, die Schützenbahn und Friedrich-Ebert-Straße bis zum Berliner Platz geschlichen, gesäumt von mehreren hunderttausend Menschen.
Das weitgehend friedliche Spektakel – es gab 150 Festnahmen wegen Drogen- und Diebstahlsdelikten – wurde als Triumph interpretiert: Essen und das Ruhrgebiet, hieß es, sei durchaus in der Lage, der Hauptstadt Berlin als Ausrichter einer fröhlichen Großveranstaltung den Rang abzulaufen. Es ist fast überflüssig zu erwähnen, dass sich dieser Gedanke drei Jahre später nach der Katastrophe von Duisburg im Kulturhauptstadtjahr 2010 mehr als erledigt hatte.
Loveparade ist noch heute als Glanzleistung des städtischen Teamworks in Erinnerung
„Wir waren uns durchaus darüber im Klaren, dass wir nicht alles im Griff haben können“, erinnert sich heute der damalige Stadtdirektor und Ordnungsdezernent Christian Hülsmann.
Doch er hat die Loveparade 2007 als einen Höhepunkt seiner Amtszeit in Erinnerung: „Das Zusammenspiel aller Beteiligten – Verwaltung, Stadttöchter, Feuerwehr und Polizei – hat hervorragend funktioniert.“ Es habe ein einmaliger Teamgeist geherrscht, auch wenn es zu Beginn der Vorbereitungen ab März 2007 durchaus Kritiker gegeben habe – allein, was den personellen und organisatorischen Aufwand betreffe.
Freifläche am Berliner Platz sollte genutzt werden
„Wir wollten direkt 2007 starten, weil uns damals die Freifläche am Berliner Platz zur Verfügung stand, das wäre ein Jahr später so schon nicht mehr möglich gewesen“, erinnert sich Hülsmann. Tatsächlich war der Abriss des alten Karstadt-Hauses am Limbecker Platz in vollem Gang. Wo heute das Universitätsviertel entstanden ist und derzeit die neue Funke-Medien-Zentrale gebaut wird, war für die Loveparade eine gigantische Bühne aufgestellt worden, zu allen vier Seiten hin offen.
„Ich erinnere mich, dass ich zu Fuß vom Rathaus bis zum Berliner Platz anderthalb Stunden brauchte, so voll war die Stadt“, erinnert sich der damalige Oberbürgermeister Wolfgang Reiniger. Er und Hülsmann beteuern, „zu keinem Zeitpunkt“ am Veranstaltungstag ein maues Gefühl angesichts der drangvollen Enge gehabt zu haben. Am Abend, als die letzten Töne verklungen waren, musste der Hauptbahnhof mehrfach gesperrt werden angesichts der Menschenmassen. Evag-Busse dienten als Shuttle, brachten Gäste zu anderen Hauptbahnhöfen des Reviers.
Und nach 2010, der Katastrophe von Duisburg? „Gott sei Dank ist bei uns nichts passiert“, sagt Hülsmann, „so eine Veranstaltung würde ich heute nie wieder erlauben.“
Besucherzahlen stimmten nicht
Von 1,2 Millionen Besuchern war nach der Essener Loveparade die Rede; in Dortmund sollen im Jahr 2008 1,6 Millionen Gäste gewesen sein – Zahlen, die nie stimmten. Das wurde nach der Katastrophe in Duisburg im Jahr 2010 bekannt. Bei der Loveparade im Kulturhauptstadtjahr starben 21 Menschen.
Nach internen Berichten der Veranstalter, die 2010 öffentlich wurden, wurde klar: Höchstens halb so viele Besucher waren auf den Loveparade-Veranstaltungen in Essen und Dortmund. Was eigentlich auch jedem klar gewesen sein muss: Der Berliner Platz, damals eine weitläufige Brache, fasste maximal 180.000 Menschen. „Solche Zahlen waren immer nur Spekulation“, räumt heute der damalige Stadtdirektor Christian Hülsmann ein. „Man kann keine seriösen Werte angeben bei Veranstaltungen, in denen ein ständiges Kommen und Gehen herrscht.“
Kaum überregionale Resonanz in den Medien
Was damals auch niemandem auffiel: Bundesweite oder gar internationale Resonanz in den Medien gab es längst nicht mehr – dafür war die Loveparade viel zu normal geworden. Am Tag der Loveparade in Essen brachte gerade mal der Musiksender „Viva“ abends eine Sondersendung.
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