Essen. . Unglaubliche 28 Jahre hat Horst Defren als Geschäftsführer der Kliniken Essen-Mitte gearbeitet. Nun nimmt er Abschied. Aber nicht so ganz.

Nur ein einziges Mal hatte Horst Defren kurz stocken müssen, dort vorne bei seiner Rede vor den 300 Gästen. „Das war, als ich meiner Frau gedankt habe“, sagt der 65-Jährige. Einer der kleinen emotionalen Momente eines ansonsten von Leichtigkeit geprägten Abschiedsgottesdienstes in der Kreuzeskirche. „Warum soll es nicht fröhlich gewesen sein? Ich bin ja jetzt ein freier Mann“, sagt Defren und lacht.

Bis Donnerstag noch ist er Geschäftsführer der Kliniken Essen-Mitte. Dann endet eine Ära. Er geht in den Ruhestand, und viele Menschen an den Kliniken und überhaupt im ganzen Essener Gesundheitswesen wollen sich das noch nicht so recht vorstellen. 28 Jahre hat Horst Defren hier gewirkt. Das ist rekordverdächtig auf einer solchen Position.

Klinik-Geschäftsführer sind durchschnittlich nur zwei bis drei Jahre im Amt

Durchschnittlich sei ein Klinikgeschäftsführer zwischen zwei und drei Jahren im Amt. „Ohne mich würde dieser Schnitt nur bei 1,9 Jahren liegen“, sagt Defren. Und wieder ist da dieses Lachen, in das Frank Mau einstimmt. Mau ist der Mann, der Defren nachfolgt, aber er ist auch der Mann, mit dem er sich zuletzt schon die Geschäftsführung der drei Häuser im Verbund geteilt hat – Ev. Huyssens-Stiftung sowie die Evangelischen Krankenhäuser Werden und Steele. Aus Geschäftspartnern wurden Freunde.

Expertenrunde in der Krankenhauskapelle, die nun saniert wird: Horst Defren (l.) mit den Architekten Lisa Barucco und Prof. Günter Pfeifer (r.) sowie seinem Geschäftsführerkollegen Frank Mau.
Expertenrunde in der Krankenhauskapelle, die nun saniert wird: Horst Defren (l.) mit den Architekten Lisa Barucco und Prof. Günter Pfeifer (r.) sowie seinem Geschäftsführerkollegen Frank Mau. © Tassos

Mau bezeichnet Defren als „Krankenhausmanager mit Leib und Seele“. Beide gehen sie davon aus, dass Mau den Weg, den Defren früh eingeschlagen hat, weitergehen wird. „Bei vielen Ideen denken wir deckungsgleich“, sagt Mau. In den vergangenen Monaten hätten sie sich besonders intensiv ausgetauscht und sogar Zugverspätungen manches Mal dankbar hingenommen, weil sie noch lange nicht ausgeredet hatten.

Die ersten Lungenpatienten konnten nach einem Dreivierteljahr behandelt werden

Fest steht schon jetzt: Sie werden in Kontakt bleiben. Doch Horst Defren freut sich auch, nun Zeit für Dinge zu haben, die zu kurz gekommen sind, weil er Strippen ziehen musste im Dienste der Ev. Kliniken Essen-Mitte.

Die vergangenen 28 Jahre waren für ihn: eine ständige Partnersuche, um das Krankenhaus in der umkämpften Gesundheitsbranche zu stählen und im Verbund zu arbeiten. Dazu der Ausbau von Stärken und dabei zu lernen, einige Dinge loszulassen, weil andere sie besser können. „Qualität erreiche ich vor allem über Spezialisierung“, sagt Horst Defren.

Geschwindigkeit spielt für ihn eine große Rolle. Die Schleichspur können andere benutzen. Drei bis fünf Jahre hatten Experten für den Aufbau einer Thorax-Chirurgie veranschlagt. Gedauert hat es aber nicht einmal ein Jahr, bis der erste Lungenpatient hier behandelt werden konnte. „Er hat sich in der Stadt früh den Ruf erarbeitet, offensiv an Themen heranzugehen“, sagt Frank Mau, Co-Pilot der vergangenen zwei Jahre, über den scheidenden Geschäftsführerkollegen.

Er will mehr Sport machen und Orgelunterricht nehmen

Wenn sich Gesundheitsexperten trafen und Defren fehlte, seien sich alle einig gewesen: „Der heckt wieder etwas aus. . .“

1995 war Defren gerade erst kurz in Amt und Würden, als er die Ehe zwischen Huyssens-Stiftung und Knappschafts-Krankenhaus vermittelte. Damals rieben sich alle die Augen, Fusionen galten als waghalsig. „Heute läuft es nicht mehr ohne Netzwerk, und wir werden uns damit beschäftigen müssen, ob wir zukünftig unsere Partner auch außerhalb des evangelischen Bereichs suchen“, sagt Defren.

Der 65-Jährige ist zu sehr mit den Kliniken verbunden, als dass er nun dieses wichtige Kapitel seines Lebens komplett löschen würde. Aber er freut sich darauf, andere Geschichten hinzuzufügen. In denen soll seine Familie eine wichtige Rolle spielen. Eine Tochter wohnt in Berlin, und diese Stadt mag er auch. Er will mehr Sport machen, singen und Orgelunterricht nehmen. Dazu mindestens zwei Wanderungen pro Woche unternehmen. Ein neuer Trekking-Rucksack ist schon da, jetzt fehlt nur noch die Zeit, aber die sollte ja bald kommen. Zu seinen ersten Zielen soll Mecklenburg-Vorpommern gehören, „wegen der vielen schönen Kirchen und sehenswerten Orgeln“.

Sanierung der Kapelle mit Symbolen der NS-Zeit

Das ist auch so ein Punkt, der ihn schon an seinem Arbeitsplatz an den Ev. Kliniken Essen-Mitte beschäftigt hat: Kirchen und ihre Geschichte. Zu Defrens letzten Herzensangelegenheiten während seiner offiziellen Amtszeit als Geschäftsführer gehörte der Startschuss zur Sanierung der Huyssens-Stiftung-Kapelle. Jahrzehntelang waren Symbole der NS-Zeit dort zu entdecken. Nicht auffällig zwar, aber doch einigen Besuchern ein Dorn im Auge. Nun sollen die Räume von ihrer historischen Altlast befreit werden.

„Ich habe die Arbeit im Krankenhaus immer sehr gemocht“, sagt Horst Defren. Weil er hier so herrlich in einen bunten Mix aus Menschen tauchen konnte: „Vom Chefarzt bis zur Reinigungskraft, über die Küchenhilfe bis zur Pflegerin. Das ist etwas Besonderes.“ Er wird eine ähnlich muntere Mischung wiedertreffen. Wenn nicht in seinem Krankenhaus, dann bestimmt bei seinen Wanderungen oder beim Singen.

>> 300 GÄSTE BEI ABSCHIED IN KREUZESKIRCHE

  • Für seinen offiziellen Abschied, Entpflichtung genannt, hatte sich Horst Defren ausdrücklich einen Gottesdienst in der Kreuzeskirche gewünscht. „Ich wollte die Bedeutung von mir als Person weg- und zur Institution Kirche hinlenken“, sagt er.
  • Unter den 300 geladenen Gästen waren OB Thomas Kufen, Superintendentin Marion Greve und der Ärztliche Direktor der Ev. Kliniken Essen-Mitte Prof. Martin Walz.