Essen. Im Prozess um die Gruppenvergewaltigungen im Ruhrgebiet ist das Urteil gefallen. Die fünf Angeklagten wurden zu mehrjährigen Strafen verdonnert.
Es blieb still im Saal, als Richter Volker Uhlenbrock am Montag das Urteil verkündete. Mit bis zu sechs Jahren und drei Monaten Haft ahndete die V. Essener Jugendstrafkammer die Serie von Gruppenvergewaltigungen in Essener Wäldern, für die aus Sicht des Gerichtes fünf junge Männer aus Gelsenkirchen verantwortlich sind. Uhlenbrock sprach von “scheußlichen Taten”, warnte aber davor, die Angeklagten als Monster zu sehen: “Sie sind natürlich auch Menschen.”
Der Richter nutzte die Urteilsbegründung in einem voll besetzten Saal zu sachlichen, dennoch teilnahmsvollen Worten. Er erinnerte an die Folgen für die zur Tatzeit 16 bis 18 Jahre alten Frauen, an ihre Ängste und Alpträume.
Angeklagte nutzten die Schutz- und Hilflosigkeit der Opfer aus
Sie waren von den zum Teil mit ihnen befreundeten Gelsenkirchenern, die sich privat seit langer Zeit durch ihre Sinti-Familien kannten, zu Chilltouren mit dem Auto abgeholt worden. Gemeinsam fuhren sie mit den Frauen in abgelegene Waldgebiete, nahmen ihnen unter einem Vorwand die Handys ab. So nutzten sie die Schutz- und Hilflosigkeit ihrer Opfer aus und zwangen sie zum Sex. In unterschiedlicher Beteiligung setzten die Angeklagten ihre Forderung durch, einer nach dem anderen.
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Erst als eine der jungen Frauen zur Polizei ging, zeigten die Ermittlungen, dass insgesamt sechs in die Fänge der Angeklagten geraten waren. Diese hatten sich in WhatsApp-Gruppen wie “Spinnen GE” organisiert, um sich abzusprechen.
Gianni H. erhielt die höchste Strafe
Mit sechs Jahren und drei Monaten Haft erhielt Gianni H. (20) die höchste Strafe. Sein 17 Jahre alter Bruder bekam fünf Jahre. Für ihn hatte Staatsanwältin Rebecca Henrich mit fast acht Jahren eine weit höhere Strafe beantragt.
Unter ihren Forderungen blieb die Kammer auch bei den anderen. Enrico F., mit 24 Jahren der einzige erwachsene Angeklagte, erhielt drei Jahre und neun Monate Gefängnis, Dean Martin L. (19) vier Jahre Haft. Der 20-jährige Nuri E., der als erster ein Geständnis abgelegt und seine Freunde belastet hatte, soll ebenfalls vier Jahre sitzen.
Jugendstrafrecht bietet Höchststrafe von zehn Jahren
Zu Beginn der Urteilsbegründung hatte Richter Uhlenbrock über den Sinn von Strafen gesprochen und erklärt, welche Kriterien für ein Gericht wichtig seien. “Denn alle stellen sich die Frage: Sind diese Strafen gerecht und angemessen?” Dabei dürfe nicht allein auf die Taten geschaut werden. Es gehe darum, welche Menschen hier sitzen, wie sie an den Taten beteiligt sind und wie sie sich später verhalten haben. Ob sie Reue zeigen. Und das Gericht müsse die Opfer sehen, welche Folgen die Taten für sie hätten.
Schließlich gelte das Jugendstrafrecht mit einer Höchststrafe von zehn Jahren Haft, das zudem nicht Sühne, Rache zum Ziel habe, sondern die Erziehung des Täters. Nach diesen Vorbemerkungen zog der Kammervorsitzende ein Resümee: “Wir glauben, wir haben eine angemessene Strafe gefunden."