Essen. Der Vorstand der Tafel berät am Dienstag über den umstrittenen Aufnahmestopp für Ausländer in Essen. Kanzlerin Merkel hatte das Vorgehen gerügt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält nichts von der Entscheidung der Essener Tafel, bis auf weiteres nur noch Deutsche neu in ihre Kartei mit bedürftigen Menschen aufzunehmen. "Da sollte man nicht solche Kategorisierungen vornehmen. Das ist nicht gut", sagte Merkel am Montag in einem RTL-Interview. Aber die Entscheidung der Ehrenamtlichen in Essen zeige auch "den Druck, den es gibt", und wie viele Bedürftige auf Lebensmittelspenden angewiesen seien.

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Die Essener Tafel vergibt neue Berechtigungen zum Empfang von Lebensmitteln seit dem 10. Januar vorübergehend nur noch an Bürger mit deutschem Ausweis. Begründet wird dies mit einem angeblich zu hohen Anteil an Ausländern, weshalb sich etwa viele ältere Menschen nicht mehr wohlfühlten und das Hilfsangebot nicht mehr wahrnähmen. An dem Vorgehen der Tafel hatte es massive Kritik gegeben.

Bundesverband hatte Entscheidung der Essener Tafel kritisiert

Daher berät der Vorstand der Essener Einrichtung am Dienstag in einer Krisensitzung über mögliche Konsequenzen. Zu den Inhalten machte der Vereinsvorsitzende Jörg Sartor keine näheren Angaben. Beobachter gehen davon aus, dass der Vorstand am Mittag über alternative Möglichkeiten beraten wird, die Essensausgabe zu regulieren.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur nehmen an der Sitzung auch Vertreter des Landesverbandes und des Bundesverbandes der Tafeln teil. Sartor ist selbst einer von zwei stellvertretenden Landesvorsitzenden in NRW. Im Bundesland gibt es 170 Tafeln.

Der Bundesverband der Tafeln hatte die Entscheidung der Essener Einrichtung vergangene Woche kritisiert. "Den Essener Weg können wir so nicht nachvollziehen", hatte der Vorsitzende des Dachverbandes, Jochen Brühl, der dpa gesagt. "Für Tafeln zählt die Bedürftigkeit, nicht die Herkunft."In einem Interview der "Bild"-Zeitung (Montag) verteidigte Sartor die Entscheidung: Kunden wie ältere Frauen hätten sich nicht mehr wohlgefühlt, weil es ein Ungleichgewicht gebe. Viele Migranten würden sich anders benehmen. "Die Anstellmentalität ist häufig nicht so da, die Erwartungshaltung ist höher. Es ist so, dass viele meinen, wir wären verpflichtet, Lebensmittel auszugeben, wir wären eine staatliche Einrichtung. Sind wir aber nicht", betonte er. "Es ist ja nicht so, dass sich nur unsere Kunden nicht mehr wohlgefühlt haben, sondern auch unsere Mitarbeiter."

Unbekannte beschmierten Türen und Fenster mit Parolen wie "Nazis"

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Zugleich zeigte sich Sartor frustriert. "Es hat mir hier immer Spaß gemacht. Aber ich habe keinen Bock mehr, man verliert einfach die Lust. Ich bin kurz davor, hinzuschmeißen." Sartor: "Wenn uns einer vorwirft, wir wären ausländerfeindlich oder rechtsradikal oder rassistisch - mit Verlaub gesagt, der hat sie nicht mehr alle auf dem Zaun." Die Realität werde nicht richtig dargestellt. "Es wird von Schubsen, Schieben und Hauen gesprochen. Das Schubsen, Drängeln, der "böse Ausländer" - darum ging es nicht, das ist gar nicht das Problem.

"Am Wochenende hatten Unbekannte Türen und Fahrzeuge des Vereins mit Parolen wie "Nazis" beschmiert. Die Polizei vermutet einen Zusammenhang mit der Debatte um den Aufnahmestopp.

Update: Nach Krisensitzung am Dienstag: Der Aufnahmestopp für Ausländer bei der Essener Tafel bleibt vorerst bestehen. Nun soll ein Runder Tisch einberufen werden. Mehr Informationen dazu finden Sie hier. (dpa)

Informationen zur Essener Tafel

Wie viele Menschen erreicht die Essener Tafel?

In 13 Verteilstellen gehen die Lebensmittel jede Woche an rund 6000 Menschen. Die Tafel beliefert darüber hinaus nach eigenen Angaben knapp 110 soziale und karitative Einrichtungen wie Mittagstische in sozialen Brennpunkten oder Anlaufstellen für Obdachlose mit weiteren rund 10 000 Menschen. Bundesweit verteilen die Tafeln die Lebensmittel regelmäßig an bis zu 1,5 Millionen Bedürftige.

Wer macht die Arbeit?

In Essen sind es 120 ehrenamtliche Helfer, die Lebensmittel sammeln, sortieren und verteilen. Die Waren werden von Lebensmittelmärkten, Produzenten, Großhändlern und Bäckereien gespendet. Mit sechs Kühlfahrzeugen sammeln die Ehrenamtlichen die Waren ein und bringen sie zu den Ausgabestellen.

Wer darf zur Essener Tafel gehen?

Jeder, der seine Bedürftigkeit nachweisen kann: Empfänger müssen Hartz IV, Grundsicherung oder Wohngeld beziehen. In Essen erhalten die Kunden nach erfolgreicher Anmeldung eine Kundenkarte und eine feste Abholzeit einmal in der Woche. Bei der Anmeldung muss sich der Kunde entscheiden, an welcher der Verteilstellen er die Lebensmittel erhalten möchte. Jeder Erwachsene muss pro Ausgabe einen Euro Schutzgebühr bezahlen. Wer seinen Termin nicht einhalten kann, muss sich telefonisch abmelden. Wer das drei Mal versäumt, verliert die Berechtigung. (dpa)

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