Essen. Der kommunalpolitische Streit um den Posten des neuen Kulturdezernenten droht zur Belastung für den Start ins Kulturhauptstadt-Jahr 2010 zu werden. Die SPD spricht mit Blick auf den Kandidaten Andreas Bomheuer schon vor der Abstimmung von "Wahlbetrug".

Die wahrscheinliche Berufung des derzeitigen Hattinger Kulturdezernten Andreas Bomheuer zum Essener Ressortchef in der nächsten Stadtratssitzung am kommenden Mittwoch wertet die SPD als „Wahlbetrug”. Bomheuer kann sich auf ein buntes Bündnis aus CDU, Grünen, FDP und Bürgerbündnis stützen, das sich überraschend gegen die größte Fraktion und Oberbürgermeister-Partei SPD formiert hat. Auch die Linken zeigen Sympathie für Bomheuer (57), der aus Essens „Freier Szene” stammt und in den achtziger Jahren das Kulturzentrum Zeche Carl mitbegründet hat.

CDU und Bürgerbündnis (EBB) wiesen am Donnerstag Gerüchte zurück, die Einigung auf die Personalie Bomheuer sei mit einer Verständigung über die Fraktionsfinanzen verknüpft worden. „Das ist ehrabschneidend”, erregte sich EBB-Chef Udo Bayer. Die neue Fraktionsfinanzierung schreibe lediglich die gängige Praxis seit 2004 fort und berücksichtige sogar eine Kürzung von fünf Prozent.

"Stimmenkauf"

Hintergrund der Verdächtigung über einen „Stimmenkauf” ist offenbar der Versuch der SPD, eine Neuordnung der Fraktionsfinanzen für Mitarbeiter und Ausstattung zu erreichen. Damit wäre zu Lasten der kleinen Parteien gespart worden. Hier stellte sich die CDU – für die Sozialdemokraten überraschend – an die Seite der Kleinen, mit denen sie nun in der „Causa Kulturdezernent” zusammenarbeitet.

Insbesondere die Grünen, die acht Wochen lang mit der SPD ergebnislos über eine Koalition verhandelten, sehen sich zu Unrecht vom Fast-Partner als „machtlüsterne Pöstchenschacherer” diffamiert. Linke-Ratsherr Wolfgang Freye appellierte derweil an die SPD, „aus der Schmollecke” zu kommen und im Streit um Bomheuer nicht für fünf Stadtratsjahre „jede Chance auf ein Bündnis links von der Mitte zu verspielen”.

In der Kulturszene löst das neuerliche politische Geschacher Befremden aus. Der bundesweit geschätzte Schauspiel-Intendant Anselm Weber, der in der nächsten Saison ans Schauspielhaus Bochum wechselt, zeigte sich grundsätzlich verärgert über die Essener Kulturpolitik: „Das ist hier für mich vorbei, ich äußere mich nicht, auch nicht zu Personalentscheidungen.”