Essen. . Die Betriebe haben mehr Lehrverträge abgeschlossen. Vor allem das Handwerk stellte Azubis ein. Und es sind auch noch Ausbildungsplätze unbesetzt.
- In diesem Jahr schlossen die Essener Betriebe wieder mehr Lehrverträge ab
- Vor allem das Handwerk stellte Auszubildende ein
- Über 300 Ausbildungsplätze sind aber noch unbesetzt
Auf dem Ausbildungsmarkt in Essen zeichnet sich eine Trendwende ab: Im gerade beendeten Ausbildungsjahr 2016/2017 sind mehr Lehrverträge abgeschlossen worden als im Vorjahr. „Wir haben den Trend des stetigen Rückgangs durchbrochen“, sagte die Chefin der Arbeitsagentur, Andrea Demler, am Montag bei der Präsentation der Ausbildungsbilanz.
Vor allem das Handwerk bildet in diesem Jahr deutlich mehr aus. Ende September hatten die Handwerksbetriebe insgesamt 803 Lehrverträge abgeschlossen, das waren 112 mehr als vor einem Jahr. „Die Betriebe haben die Appelle gehört“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, Wolfgang Dapprich. Bei der Industrie- und Handelskammer dagegen liegen die Zahlen mit 2428 Ausbildungsverträgen in Essen fast genau auf dem Vorjahresniveau.
Arbeitsagentur: Jugendliche müssen flexibler werden
Die Zahlen hätten noch besser sein können, aber offenbar haben dieses Jahr viele Betriebe keine passenden Azubis gefunden. Bei der Arbeitsagentur waren Ende September noch 318 Ausbildungsstellen unbesetzt. Das waren fast doppelt so viele wie vor einem Jahr. Andererseits suchten auch noch 180 Jugendliche eine Lehrstelle. Andrea Demler sprach von einem „Pass-Problem“: Auch wenn es rein rechnerisch für die 180 unversorgten Bewerber theoretisch noch genügend Lehrstellen gibt, finden in der Praxis Unternehmen und Jugendliche dennoch nicht zusammen. In Essen würden sich viele Bewerber für den kaufmännischen Bereich interessieren. Das Handwerk beispielsweise gehöre dagegen eher nicht zu den Top 10 der Wunschberufe. „Die Bewerber müssen sich mehr für andere Berufe öffnen“, sagte Andrea Demler.
Auch müssten sich die Jugendlichen flexibler zeigen, und eine Stelle außerhalb der Stadtgrenzen annehmen. „Die Bereitschaft zu pendeln ist bei Essener Jugendlichen nicht so ausgeprägt wie in anderen Regionen“, so Andrea Demler.
DGB warnt vor zuviel Euphorie am Ausbildungsmarkt
Auch von den Unternehmen forderte Demler mehr Offenheit gegenüber Bewerbern, die auf den ersten Blick vielleicht durchfielen: „Die Unternehmen sollten ihre Anforderungsprofile überdenken.“
Trotz der besseren Ausbildungszahlen warnte der Geschäftsführer des örtlichen Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Dieter Hillebrand vor zuviel Überschwang: „Angesichts der Zahlen kann man nicht von einem Hype sprechen.“ Hillebrand verwies darauf, dass sich bei der Arbeitsagentur dieses Jahr 4044 Bewerber registriert haben, gleichzeitig die Unternehmen 3779 Ausbildungsplätze meldeten. Damit kamen auf einen Bewerber rechnerisch 0,93 Ausbildungsstellen. „Das Angebot reicht noch nicht, um allen ein adäquates Angebot zu machen“, unterstrich auch Andrea Demler. Hillebrand kritisierte in diesem Zusammenhang die gesunkene Zahl der Ausbildungsbetriebe in Essen. So bilde nur noch jedes fünfte Unternehmen aus. „Vor einigen Jahren war das noch jedes vierte.“