Essen. 15 Schulleiter aus dem Essener Norden haben einen Hilferuf abgesetzt. Sozialdezernent Renzel hält das für überflüssig. Probleme seien bekannt, Lösungen brauchten Zeit.
Sozial- und Schuldezernent Peter Renzel hat Verständnis für die Klagen der Schulleiter in Altenessen, Karnap und Vogelheim, sieht allerdings die Form eines Hilferufs über die Medien als überflüssig an. In einem Gespräch mit dieser Zeitung hatten 15 Schulleiter aller Schulformen im Essener Norden vor einigen Tagen offen auf schwerwiegende Probleme verwiesen, mit denen sie derzeit zu kämpfen hätten: Die Klassen seien zu groß, es gebe zu viele Problemkinder mit schlechten Deutschkenntnissen. Große Schwierigkeiten bereite auch die Inklusion, also die gemeinsame Beschulung behinderter und nichtbehinderter Kinder. Ein Gespräch mit dem städtischen Schuldezernenten.
Herr Renzel, beeindruckt Sie der Hilferuf der Schulleiter?
Die Probleme sind zutreffend beschrieben. Wir haben in den letzten zwei bis drei Jahren 5000 junge Menschen in das Essener Schulsystem integrieren müssen - das ist ungefähr ein kompletter Jahrgang außer der Reihe. Dass dies zu Schwierigkeiten führen muss im Schulbetrieb, ist völlig klar, dennoch können wir auf das Erreichte auch mal stolz sein. Alle, aber wirklich alle Akteure in den Schulen, Kitas und der Verwaltung machen einen sehr engagierten Job.
Dennoch sind die Probleme groß. Was kann man als Stadt Essen tun?
Wir können nur gemeinsam an den Problemen arbeiten und miteinander ins Gespräch kommen, und genau das machen wir bereits seit längerem. Es gibt im Stadtbezirk 5, also in Altenessen, Karnap, Vogelheim, einen Workshop aller Bildungseinrichtungen, zu dem auch die Schulleiter eingeladen sind. Zwei Sitzungen haben bereits stattgefunden, eine weitere ist für den 6. Dezember anberaumt. Das Thema ist also längst angekommen. Was der Weg über die Öffentlichkeit zusätzlich bringen soll, erschließt sich mir nicht so recht.
„Mehr Tempo wollen alle, aber das lässt sich nicht so leicht umsetzen“
Es fehlt sowohl an Lehrkräften und Sozialarbeitern als auch an Räumlichkeiten. Vermutlich hoffen die Schulleiter, mit öffentlichem Druck mehr Tempo erzeugen zu können.
Mehr Tempo wünschen wir uns alle, aber das lässt sich nicht so einfach umsetzen. Bei der Ausstattung mit Lehrern und teilweise auch mit Sozialarbeitern muss uns das Land helfen. Auch das geht nur über Gespräche mit der Schulaufsicht, denn wir sind nicht die einzige Stadt in NRW, die an den Schulen unter Personalnot leidet. Der Fachkräftemangel bei Lehrkräften, aber auch Erziehern macht die Dinge nicht leichter.
Beim Thema Schulgebäude und Infrastruktur ist aber die Stadt am Zug.
Das ist richtig. Wir können nur leider nicht mit der Schnelligkeit bauen wie es nötig wäre. Die Auftragsbücher der Baufirmen und Handwerker sind voll, zudem fehlen uns die finanziellen Ressourcen. Auch deshalb haben wir, der Oberbürgermeister und ich, an Land und Bund appelliert, den Städten die zurückbehaltenen Mittel für die Integrationsleistungen endlich auszuzahlen. Wir brauchen vor allem auch mehr Schulsozialarbeiter, damit die Lehrerinnen und Lehrer sich wieder stärker ihren eigentlichen Aufgaben widmen können.
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„Zaubern können wir nicht, das wissen aber auch die Schulleiter“
Müsste nicht trotzdem mehr getan werden? Die Klagen der Schulleiter wirken dramatisch.
Noch mal: Wir können nicht mehr tun als hart an den Problemen zu arbeiten. Wir benötigen in vielen Stadtteilen unserer Stadt zusätzlichen Schulraum. Und der fällt leider nicht vom Himmel. Ich will an dieser Stelle gerne einmal darauf hinweisen, dass keineswegs der Stadtbezirk 5 die meisten Flüchtlingskinder zu beschulen hat. Im Bezirk 1, also der Innenstadt und den umliegenden Stadtteilen, und im Bezirk 3 mit Altendorf leben mehr. Wir suchen gemeinsam mit der Bauverwaltung nach schnelleren Lösungen. Aber zaubern können wir nun mal nicht. Das wissen aber eigentlich auch die Schulleiter im Bezirk 5.
Es gibt den Wunsch, Hausmeister- und Sekretariatsstellen auf Basis eines Sozial-Indexes zu verteilen. Könnte das eine Lösung sein?
Dieser Gedanke wird von uns nicht weiter verfolgt. Die Sekretariatsstunden an den Grundschulen im Stadtbezirk 5 wurden aber von 128,7 auf 160,77 Wochenstunden erhöht, unter anderem deshalb, weil die Situation der Seiteneinsteiger zu einer Mehrbelastung der Sekretärinnen geführt hat. Und die Aufgaben eines Schulhausmeisters sind vor allem in Bezug auf ein Gebäude zu sehen, weniger auf die soziale Zusammensetzung der Schülerschaft.