Essen. . Denise Trompeter machte Abi am „Goethe“, studierte Naturwissenschaften, wollte ihren Doktor machen - doch dann entschied sie sich für einen Umweg.

• Das Programm „Teach First“ sucht hochqualifizierte Uni-Absolventen aller Richtungen
• Eingesetzt werden sie zwei Jahre an Brennpunkt-Schulen, um die Lehrer zu unterstützen
• Nicht wenige „Fellows“ entscheiden sich nach dieser Zeit, dauerhaft im pädagogischen Betrieb zu arbeiten

Vogelheim, das ist dieser Stadtteil ganz im Norden, eingeklemmt zwischen Industriehafen, A42 und Gladbecker Straße. Denise Trompeter (28) war noch nie in Vogelheim, bevor sie dort ihren freiwilligen Job an der Gesamtschule Nord antrat, und sie stellte fest: „Das ist hier eigentlich eine ganz nette Wohngegend.“

Die Bredeneyerin machte 2008 am Goethe-Gymnasium ihr Abi und studierte anschließend das Fach „Water Science“ an der Uni Duisburg-Essen; ein Mix aus Naturwissenschaften: Viel Chemie, Bio, Mathe, etwas BWL.

Doch dann bog sie ab in eine Richtung, von der sie vorher erstens nicht wusste, dass es sie gibt, und zweitens: Dass diese Richtung der richtige Weg für sie ist.

„Umwelttoxologie“ als Examensthema

„Ich überlegte, meine Doktorarbeit zu schreiben, doch war zögerlich.“ Also besuchte sie nach der Abgabe ihrer Examensarbeit zum Thema „Umwelt-Toxologie“ eine Berufsmesse und hörte dort einen Mitarbeiter der berühmten Unternehmensberatung „Mc Kinsey“ reden; der erzählte von seinen zwei Jahren als freiwilliger „Fellow“ an einer Brennpunkt-Schule, die er eingelegt hatte zwischen Uni-Abschluss und Job-Einstieg.

„Teach First“ heißt die bundesweite Initiative, die ihren regionalen Sitz für die westliche Region in Essen hat; laufend gesucht werden Hochschul-Absolventen aller Richtungen, die an Schulen „in herausforderndem Umfeld“, wie es so schön heißt, noch mal ganz andere Erfahrungen sammeln wollen. Denise Trompeter fühlte sich angesprochen: „Ich wollte zwar eigentlich nie Lehrerin werden, aber als Jugendliche hatte ich in der Pfarrjugend mitgemacht, und ich hatte während des Studiums die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen vermisst.“

Der Aha-Effekt: Plötzlich sind Schüler motiviert

Jetzt arbeitet sie als „Fellow“ im zweiten Jahr an der Gesamtschule Nord; sie bringt geflüchteten Jugendlichen „Deutsch als Fremdsprache“ bei und trainiert mit Schülern der Jahrgangsstufe zehn für die zentralen Prüfungen im Fach Mathe.

„Es ist faszinierend zu sehen, wenn Schüler plötzlich erstmals an sich selbst glauben, wenn sie merken: Hey, ich kann ja doch etwas!“ Natürlich ist die Welt in Vogelheim eine ganz andere als die in Bredeney – „die Ausdrucksweisen der Jugendlichen und die Themen, die sie bewegen, es geht um ganz andere Probleme.“

Viele Schüler, stellt sie fest, sind nur deshalb nicht motiviert, weil sie noch nie die Gelegenheit hatten, in Ruhe zu lernen: „Die haben zu Hause kein Zimmer für sich und Eltern, die keine Unterstützung bieten können.“

„Die Zeit geht viel zu schnell vorbei“

Sie verhilft diesen Schülern oft zu ersten Erfolgserlebnissen, „das sind Erfahrungen, die ich hier mache, für die ich sehr dankbar bin. Die Zeit an der Gesamtschule geht viel zu schnell vorbei.“

Und danach? „Möchte ich einen Quereinstieg unternehmen und Lehrerin werden.“ Natürlich weiß sie, dass die Arbeit als „Fellow“ nicht dieselbe ist wie die eines echten Lehrers. „Ich muss keine Korrekturen machen und keine Vertretungsstunden, ich bin nicht naiv. Aber ich bin fasziniert davon, wie gut die Lehrer hier ihre Arbeit machen, und wie stark der Zusammenhalt im Team ist.“ Die Entscheidung, „Fellow“ bei „Teach First“ zu werden, sei eine sehr wichtige Weichenstellung in ihrem Leben gewesen: „Ich bin sehr glücklich hier.“

>>> TEACH FIRST

Die Initiative „Teach First“ betreut derzeit mehrere Fellows an Essener Schulen, unter anderem an den Gesamtschulen Bockmühle, Nord, Borbeck sowie an der Gertrud-Bäumer-Realschule. „Fellow“ kann werden, wer einen überdurchschnittlichen Hochschul-Abschluss vorweisen kann. Die Vollzeit-Arbeit für zwei Jahre wird intensiv mit den „Fellows“ vorbereitet und vergütet.

Kontakt: „Teach First“ Deutschland, Verena Wagner,
0176-24262187