Essen. In Essen-Kupferdreh haben früher Bauern die Hauptstraße genutzt. Mit der Industrialisierung blühte der Handel auf – heute hat er Probleme.

Die Kupferdreher Straße kennt viele Namen. Die Bauern aus Hinsbeck und Rodberg – dem Gebiet der späteren Gemeinde Kupferdreh – kannten sie Anfang des 19. Jahrhunderts nur als Chaussee.

Nach Gründung der Gemeinde hieß sie Provinzial- und später schlicht Hauptstraße, bevor sie, Jahre nach der Eingemeindung, 1937 ihren heutigen Namen erhielt. „Doch unabhängig davon, ist die Straße stets die Lebensader unserer schönen Gemeinde an der Ruhr geblieben“, sagt Rainer Busch. Der Heimatforscher muss es wissen.

Heimatforscher Rainer Busch kennt sich gut aus

Rainer Busch kennt das Quartier wie seine eigene Westentasche, hat sogar ein Buch speziell über die Kupferdreher Straße geschrieben. Er hat diese „Aorta“ regelrecht seziert und ihre Geschichte und Geschichten Hausnummer für Hausnummer offengelegt.

„An dieser Straße lässt sich die gesamte Entwicklung Kupferdrehs ablesen“, sagt er heute. „Das Wachstum einer jungen Gemeinde in den Gründerjahren ebenso wie die wechselhaften Jahre zweier Weltkriege und den schleichenden Niedergang des örtlichen Einzelhandels in den letzten Jahrzehnten.“

Kupferdreher Straße beginnt im Schroertal

Die Kupferdreher Straße, wie wir sie heute kennen, fängt dort an, wo die Langenberger Straße endet. Im Schroertal, an der Grenze zu Unterbyfang. Hier wurde im Jahr 1898 das Schmiedewerk Christine gegründet, das sich anfangs auf die Herstellung von Kohlesäureflaschen konzentrierte, aber schon bald auf Schmiedearbeiten umstellte. „Der Verkauf der alten Bauernhöfe war zu diesem Zeitpunkt bereits nahezu abgeschlossen“, sagt Busch.

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Längst bestimmte die Industrialisierung das Leben in Kupferdreh. Besonders der Bergbau wuchs rasant – spätestens nach dem Bau der Prinz-Wilhelm-Eisenbahn ab 1830. Die Phönix-Hütte kochte ab 1854 Stahl. „Bis 1870 war das hier eine Arbeiterstadt“, sagt Busch. Nicht nur im Schroertal entstanden um 1835 einfache Ziegelhäuser, in denen Arbeiter und Bergleute wohnten.

Händler und Dienstleister zieht es in die Gemeinde

Erst mit Gründung der Kupferdreher Gemeinde im Jahr 1875 siedelten sich an der Hauptstraße auch zunehmend Dienstleister und Händler an, die zuvor herumgezogen waren. Es folgten Bäcker, Metzger und Schneider. Mit Gründung der Bürgermeisterei Kupferdreh (1898) entstanden zum Teil wunderbare Häuser im Jugendstil, die auch heute noch zahlreich das Straßenbild prägen, auch wenn einige der alten Schätze durch eher zweifelhafte Fassadenerneuerungen ihren Glanz verloren.

Aber beispielsweise das Eckhaus des Kaufmanns Fritz Braß (Hausnummer 174) beeindruckt noch immer, ebenso wie das Haus, wo heute die Buchhandlung Bast zu finden ist (160). Auch die Industriellen hinterließen bis heute sichtbare Spuren. So verdanken die Kupferdreher dem Gründer der Portland-Zementfabrik, Dr. August Bender, den Benderpark.

Der Essener Heimatforscher Rainer Busch zeigt in Kupferdreh eine der Metallstelen, die an die NS-Opfer erinnern.
Der Essener Heimatforscher Rainer Busch zeigt in Kupferdreh eine der Metallstelen, die an die NS-Opfer erinnern. © Marie Heibach

Ein Erholungsort, an dem sich neben einem Spielplatz auch ein Mahnmal für die Kriegopfer befindet. Ebenso wie an der Ecke Kupferdreher und Marktstraße, wo Metallstelen an jüdische Familien in Kupferdreh erinnern.

Arbeiten am Gemeindehaus

Karl Funke, der seine Ausbildung in der väterlichen Zeche in Kupferdreh genoss, ließ der Ev. Kirchengemeinde 1902 für 113 560 Mark das Gemeindehaus bauen – die Karl-Funke-Stiftung. Am Haus (243) wird aktuell wieder gearbeitet, auch wenn sich die Pläne eines Investors, dort hochwertigen Wohnraum zu schaffen, bislang nicht realisieren ließen.

Dennoch sind viele steinerne Zeitzeugen verschwunden, obwohl die Bomben des Zweiten Weltkrieges nur wenige Wunden schlugen. Zuletzt die alte Möllney-Schmiede gegenüber der Stiftung, um einem Wohnhaus Platz zu machen. Auch zwei alte Villen, darunter auch die der Direktoren der Phönixhütte (125-127), wurden samt einer 170 Jahre alten Buche dem Erdboden gleich gemacht, seit sich der Lebensmitteldiscounter Aldi neben der alten Post niederließ.

Die Kupferdreher Straße

Die Ansichtskarte zeigt die Kupferdreher Hauptstraße um 1900. Bis ins Jahr 1954 verkehrte dort eine Straßenbahn.
Die Ansichtskarte zeigt die Kupferdreher Hauptstraße um 1900. Bis ins Jahr 1954 verkehrte dort eine Straßenbahn. © Archiv Bürgerschaft Kupferdreh
Die Zementfabrik Narjes und Bender entstand gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Ihrem Gründer verdanken die Kupferdreher den Bender-Park.
Die Zementfabrik Narjes und Bender entstand gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Ihrem Gründer verdanken die Kupferdreher den Bender-Park. © Sammlung Bree
Unterwegs auf der Kupferdreher Straße.
Unterwegs auf der Kupferdreher Straße. © Marie Heibach / FUNKE Foto Services
Unterwegs auf der Kupferdreher Straße.
Unterwegs auf der Kupferdreher Straße. © Marie Heibach / FUNKE Foto Services
Die Kupferdreher Straße auf Höhe der alten Kirche. Hier ist die Natur noch vorhanden.
Die Kupferdreher Straße auf Höhe der alten Kirche. Hier ist die Natur noch vorhanden. © Marie Heibach / FUNKE Foto Services
Ein Bachlauf verläuft ebenfalls neben der Kupferdreher Straße.
Ein Bachlauf verläuft ebenfalls neben der Kupferdreher Straße. © Marie Heibach / FUNKE Foto Services
Der Benderpark an der Kupferdreher Straße. Hier befindet sich auch ein Spielplatz sowie ein Mahmmal für Kriegsopfer.
Der Benderpark an der Kupferdreher Straße. Hier befindet sich auch ein Spielplatz sowie ein Mahmmal für Kriegsopfer. © Marie Heibach / FUNKE Foto Services
Das Denkmal im Benderpark erinnert an die Oper der Kriegsverbrechen.
Das Denkmal im Benderpark erinnert an die Oper der Kriegsverbrechen. © Marie Heibach / FUNKE Foto Services
So sieht die Kupferdreher Straße heute aus. Eine viel befahrende Einkaufszeile mit einem bunten Mix von Häusern verschiedener Epochen.
So sieht die Kupferdreher Straße heute aus. Eine viel befahrende Einkaufszeile mit einem bunten Mix von Häusern verschiedener Epochen. © Marie Heibach / FUNKE Foto Services
Um das Jahr 1900 wurde dieses schmucke Haus von Kaufmann Braß errichtet.
Um das Jahr 1900 wurde dieses schmucke Haus von Kaufmann Braß errichtet. © Marie Heibach / FUNKE Foto Services
An der Karl-Funke-Stiftung wird wieder einmal gearbeitet. Die Pläne eines Investors, dort hochwertige Wohnungen zu etablieren, scheiterten bislang.
An der Karl-Funke-Stiftung wird wieder einmal gearbeitet. Die Pläne eines Investors, dort hochwertige Wohnungen zu etablieren, scheiterten bislang. © Marie Heibach / FUNKE Foto Services
Zum heutigen Erscheinungsbild gehören Neubauten wie dieses Beispiel.
Zum heutigen Erscheinungsbild gehören Neubauten wie dieses Beispiel. © Marie Heibach / FUNKE Foto Services
Auf Höhe der Hausnummer 189 ist eines der älteren Gebäude auf der Kupferdreher Straße von Efeu bewachsen.
Auf Höhe der Hausnummer 189 ist eines der älteren Gebäude auf der Kupferdreher Straße von Efeu bewachsen. © Marie Heibach / FUNKE Foto Services
Die Kupferdreher Straße ist lang. Sie beginnt dort, wo die Langenberger Straße endet, und verläuft parallel zur A 44.
Die Kupferdreher Straße ist lang. Sie beginnt dort, wo die Langenberger Straße endet, und verläuft parallel zur A 44. © Michael Gohl / FUNKE Foto Services
Kleine Volksfeste gibt es ab und zu auf der KupferdreherStraße. Dabei schlendern die Passanten über die Fahrbahn.
Kleine Volksfeste gibt es ab und zu auf der KupferdreherStraße. Dabei schlendern die Passanten über die Fahrbahn. © Kerstin Kokoska / FUNKE Foto Services
Auch der alljährliche Kupferdreher Rosenmontagszug verläuft über die Kupferdreher Straße.
Auch der alljährliche Kupferdreher Rosenmontagszug verläuft über die Kupferdreher Straße. © Oliver Müller / FUNKE Foto Services
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Leerstände nehmen zu

Womit wir endgültig in der Neuzeit angekommen wären. Heute präsentiert sich die Kupferdreher Straße als ein bunter Mix aus Gebäuden unterschiedlicher Epochen. Das Straßenbild ist noch immer geschlossen, doch Lücken nehmen zu, auch weil der Einzelhandel empfindlich unter der Konkurrenz der Märkte vor Ort und in der Nachbarschaft leidet. „Für Elektroartikel fahren die Kunden lieber zu Saturn nach Steele, nach Velbert oder Oberhausen“, bedauert Busch. „Die hohen Mieten kommen erschwerend hinzu.“

Doch unken will Busch nicht, weil er sich von der aktuellen Renaturierung des Deilbaches und der Neugestaltung rund um den Markt viel verspricht. „Das könnte für attraktive Verweilplätze sorgen, die auf der Kupferdreher Straße fehlen. Davon könnte auch der Einzelhandel profitieren.“

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