Essen. . Am 15. Oktober 1896 wurde mit der Gründung der eigenständigen Bürgermeisterei Kupferdreh eine wichtige Entwicklungsphase eingeläutet.
Der 15. Oktober 2016 steht in Kupferdreh in keinem Festkalender. Dabei hat das Datum keine kleine Bedeutung: Denn dann jährt sich zum 120. Mal die Gründung der Bürgermeisterei Kupferdreh. Viel sollte in der kurzen und einzigen Phase passieren, in der Kupferdreh selbstständig war. Schon 1929 war es damit wieder vorbei.
„Heutzutage ist die Gründung der Bürgermeisterein aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwunden. Man gehört ja nun zu Essen, dann wird eher die Eingemeindung gefeiert“, erzählt Johann Rainer Busch, Heimatforscher und über 20 Jahre lang Leiter der Arbeitskreises „Heimat und Archiv“ der Bürgerschaft. Er selbst schätzt die Bedeutung der Zeit zwischen 1896 und 1929 höher ein: „Es war eine Entwicklungsphase – eine Zeit, in der Kupferdreh wirklich gewachsen ist.“
Der Wandel begann als Folge der Industrialisierung viel früher: 1550 Erwähnung einer ersten Kupferhütte im Deilbachtal; seit mindestens 1750 Betrieb diverser Stollenzechen; 1830 Eröffnung der „Deilthaler Eisenbahn“, später „Prinz-Wilhelm-Eisenbahn“; 1852 Ansiedlung der Phönixhütte; 1857 Gründung der Zeche Königin Victoria; 1883 Genehmigung der Zementfabrik „Narjes und Bender“; 1887 Start der „Seidenweberei Colsmann“.
1896 folgte der Schritt in die Selbstständigkeit. Die Gemeinde wurde aus der Bürgermeisterei Werden-Land herausgelöst und zur Bürgermeisterei Kupferdreh erhoben. Das Haus „In der Möllney“, heute eine Wohngemeinschaft für behinderte Menschen an der Kupferdreher 251, wurde zum Rathaus. Bürgermeister Jacob Hubert Arntz, der erste von dreien, regierte von hier aus. Und hier tagte natürlich auch der Kupferdreher Rat.
Eine rasante Entwicklung begann. Schon fünf Jahre später war Kupferdreh von 7300 auf über 10.000 Einwohner gewachsen. Ein wahrer Bauboom setzte ein. „Viele der heutigen Häuser entstanden um die Jahrhundertwende, auch Infrastruktur wie die Kanalisation – deswegen muss sie ja auch mittlerweile erneuert werden“, schildert Johann Rainer Busch. Das Josef-Krankenhaus wurde gebaut, die dortige Kirche und noch vieles mehr.
„Bis die Entwicklung mit dem Ersten Weltkrieg und dem Niedergang der Phoenixhütte abrupt stoppte“, markiert Busch die zweite Phase der Selbstständigkeit. Kupferdreh geriet nach dem Krieg unter französische Besatzung, doch schon vier Jahre nach deren Ende folgte die – erbittert bekämpfte – Eingemeindung nach Essen im Jahr 1929.
Für Busch hat das Jahr 1896 noch eine andere Bedeutung. Da wurde nämlich Großvater Wilhelm Johann geboren, 14 Tage vor der Gründung der Bürgermeisterei. „Er hat immer gesagt: Ich war der erste Bürger von Kupferdreh“, berichtet Busch mit einem Schmunzeln. Bis zur Pensionierung 1961 arbeitete der Großvater im „Königlich Preußischen Bahnhof“, einem der größten im Ruhrgebiet, 1898 eingeweiht. Der ist zwar längst nicht mehr in Betrieb, doch ein Stück Kupferdreher Identität stellt er mit der Gastronomie „Lukas“ in den alten Gebäuden auch heute noch dar. Wie so vieles aus der kurzen, aber prägenden Phase der Selbstständigkeit.