Essen/Mülheim. . Tausende Anrufe unter 110 erreichen die Beamten der Leitstelle nicht, weil die Technik der Polizei Essen noch immer nicht modernisiert wurde.
- Die neue Technik für die Polizei-Leitstelle lässt weiter auf sich warten
- 2015 sollte eigentliche schon alles fertig sein. Doch es gibt technische Probleme
- Wann die beseitigt sind, ist völlig offen, heißt es im zuständigen Landesamt
Für die Essener Polizei ist es ein Dauer-Ärgernis, für die Bürger in dringenden Fällen eine latente Gefahr: Tausende Notrufe auf der Leitstelle laufen weiterhin ins Leere, weil die vor über drei Jahren bereits für 2015 angekündigte Modernisierung der Leitstellen-Technik im Präsidium an der Büscherstraße immer noch nicht umgesetzt ist – und auf unbestimmte Zeit auch nicht wird. Zigtausend Notrufe laufen weiterhin ins Leere. Ihre genaue Zahl kennt nach wie vor niemand.
Dieser andauernde Mangel wurde jetzt durch eine Anfrage des Essener FDP-Landtagsabgeordneten Ralf Witzel an den Innenminister öffentlich.
Offenbar sind massive technische Probleme der Grund für den Missstand. Ein Sprecher des zuständigen Landesamtes für Zentrale Polizeiliche Dienst (LZPD) jedenfalls bestätigt „große Verzögerungen“. Die Aufrüstung der Leitstellen auf einen landesweiten Standard sei mit einem „erheblich zeitaufwändigen Entwicklungsauftrag“ verbunden. Ein einheitliches System, das auch Auswertungen der eingegangenen Notrufe möglich macht, sei für Essen das erklärte Ziel. Doch wann die neue Technik funktionieren werde, sei derzeit überhaupt nicht absehbar.
Ein Unding „zum Nachteil der Beamten und Bürger“
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Dass Essen als zweitgrößte NRW-Behörde in der Ausstattung „hinterher hinkt“ ist für Witzel ein Unding „zum Nachteil der Beamten und Bürger“. In der örtlichen Leitstelle sei es bei einer Überlastung durch zu viele Anrufer nicht nur unmöglich, die Notrufe mit einem einzigen Mausklick an andere Behörden weiterzuleiten, wie es das künftige Ziel ist. Es kann nach Auskunft des Innenministeriums auch nicht festgestellt werden, wie viele Notrufe erst gar nicht angenommen werden können.
Als verloren gegangen gelten Kontaktaufnahmen mit der Polizei, die nach mehr als fünf Sekunden Wartezeit durch den Anrufer beendet werden, ohne dass sich am anderen Ende ein Beamter gemeldet hat.
„Es ist also von einer beachtlichen Dunkelziffer verloren gegangener Notrufe auszugehen“, sagt Witzel. Auf der Grundlage von Analysen aus anderen Städten, in denen die Leitstellen über eine modernere Technik zumindest zur Auswertung verfügen, könne die Zahl der Fehlläufer in Essen zumindest geschätzt werden. In Köln und Düsseldorf etwa sind rund zehn Prozent aller Anrufe auf den Leitstellen im Nichts gelandet.
Neue Anfrage an den Innenminister ist auf dem Weg
Wendet man diese Quote auf die jetzt vom Land veröffentliche Zahl von exakt 233 742 im vergangenen Jahr in der Essener Leitstelle bearbeiteten Notrufen an, steht unterm Strich ein Verlust von über 23 000 Notrufen – fast 19 000 für das Essener Stadtgebiet, mehr als 4400 für Mülheim. Dabei müssten Anrufe über die 110 ununterbrochen gewährleistet sein.
Zu „diesem unerfreulichen Sachverhalt“ erwartet der FDP-Landtagsabgeordnete nun Aufklärung. Die nächste Kleine Anfrage an das Innenministerium ist bereits auf dem Weg.