Essen. Essen ist nach einer feierlichen Eröffnungszeremonie offiziell Grüne Hauptstadt Europas. Mehrmals unterbrachen Demonstranten die Festredner.

  • Etwa 15.000 Menschen feiern bei Kultur- und Familienfest die Eröffnung der Grünen Hauptstadt
  • Demonstranten stören Zeremonie und fordern, dass Essen Beteiligung an Konzern RWE beendet
  • Lichterfest im Grugapark begeistert tausende Besucher

Essen ist seit Samstag offiziell Grüne Hauptstadt Europas: Etwa 15.000 Menschen feierten bei einem Kultur- und Familienfest im Grugapark mit, das am Sonntag fortgesetzt wird. Die offizielle Eröffnungszeremonie der Green Capital 2017 nutzten am Samstagnachmittag Umweltaktivisten für Proteste gegen den Essener Energieversorgungskonzern RWE.

Demonstranten kritisieren Essener RWE-Beteiligung lautstark

Blauer hätte der Himmel über der Ruhr nicht sein können als zu dieser Eröffnungsfeier. Der Musikpavillon füllte sich am Samstagnachmittag sehr rasch. Die Festreden wurden jedoch immer wieder von Demonstranten unterbrochen, die fordern, dass die Stadt Essen ihre Aktien-Beteiligung am Energiekonzern RWE beendet.

Geschätzt ein Dutzend Protestler hielten Plakate in die Luft und kritisierten die städtische Beteiligung an der RWE. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) und NRW Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) wurden mehrfach unterbrochen.

Demonstranten störten die Eröffnungsfeier im Grugapark Essen.
Demonstranten störten die Eröffnungsfeier im Grugapark Essen.

Die Demonstranten hatten die Zeremonie fast zehn Minuten gestört, bis ihnen deutlich bedeutet wurde, dass sie mit Anzeigen rechnen müssten, wenn sie über die Maßen stören. Auch an Absperrzäunen positionierten sie sich mit Plakaten. Auf den Plakaten stand unter anderem zu lesen: „Grüne Hauptstadt? Nur ohne RWE! Greenpeace Essen und Fossil frei."

Der maltesische EU-Kommissar Karmenu Vella bemerkte in seiner Rede, auch mit Blick auf die Anti-RWE-Demonstranten: "Es gibt Zeiten, in denen man demonstriert, es gibt Zeiten, in denen man feiert. Heute ist ein Tag zum Feiern."

"RWE muss weg" – "RWE muss in die Bundesliga"

Die Eröffnungsfeier zur Grünen Hauptstadt Europas

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    Die Besucher nahmen die dauernden Störmanöver der Anti-RWE-Gegner mit Humor. "RWE muss weg", brüllten die Demonstranten. "RWE muss in die Bundesliga!", rief ein Bürger zurück. Tosender Beifall!

    NRW-Umweltminister Johannes Remmel sagte, die Demonstranten hätten „ein Stück weit recht“. Gegen den Klimawandel müsse mehr getan werden, auch die Energiekonzerne seien da gefragt. „Wir werden es nicht schaffen, wenn es nicht in Essen geschafft wird“, sagte Remmel.

    EU-Kommissar Karmenu Vella und Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen bei der Eröffnung der Grünen Hauptstadt.
    EU-Kommissar Karmenu Vella und Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen bei der Eröffnung der Grünen Hauptstadt. © FUNKE Foto Services

    Großes Medieninteresse an Essener Erfolgsgeschichte

    Der Medienandrang zur Eröffnung der Umwelthauptstadt war eindrucksvoll – fast wie bei der Kulturhauptstadt-Eröffnung 2010 auf Zollverein. Die Stadtgesellschaft, Politik, Verwaltung, Stadttöchter, Wirtschafts- und Verbandsvertreter waren da, und natürlich sehr viele Bürger.

    Das Medieninteresse hat einen Grund: Die Story von der früheren Industriestadt zur Grünen Hauptstadt zieht einfach. EU-Umweltkommissar Karmenu Vella sagte dazu: „Essen hat hart gearbeitet und nie aufgegeben, um grüner zu werden. Es ist eine wunderbare Stadt.“

    In ihrer Rede fand auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks lobende Worte für Essen und sieht eine Vorbildfunktion: „Essen kann ein Beispiel geben, für andere Städte in Europa. Da sind viele noch längst nicht soweit.“

    Tosender Applaus für Oberbürgermeister Thomas Kufen

    Oberbürgermeister Thomas Kufen sagte in seiner Hauptstadt-Rede: „Wir haben schon viel geschafft. Wir sind eine moderne und grüne Großstadt mit hoher Lebensqualität. Wir entscheiden darüber, welche Bilder von uns in diesem Jahr medial gezeigt werden. Wir haben die große Chance uns so zu zeigen wie wir sind. Wir arbeiten für uns, aber auch für andere Städte des Ruhrgebiets. Wir sind der Motor, und stellen das jetzt wieder unter Beweis.“

    Er fuhr fort: „Liebe Essenerinnen und Essener, ich setze auf Ihre Leidenschaft, Ihre Neugier. Schwimmen Sie mit. Zum ersten Mal seit 46 Jahren werden wir wieder schwimmen im Baldeneysee. Und das ist nur ein Projekt unter vielen.“

    Wir sehr es den Nerv der Bürger trifft, belegte der tosende Applaus, der Kufens Worte begleitete.

    Publikum war Teil der Inszenierung im Grugapark

    Pünktlich um 17.30 Uhr endete die offizielle Zeremonie. „Jetzt sind wir Grüne Hauptstadt Europas“, sagte Kufen, zückte sein Handy und schoss persönlich das erste offizielle Foto: ein Selfie mit EU-Kommissar Vella.

    Der beließ es zum Abschied bei warmen Worten; seine vorbereitete Rede blieb in der Tasche. Auch Vella schien gespannt darauf, was ihn jenseits des Musikpavillons im Grugapark erwartete.

    Dort säumten mit Einbruch der Dunkelheit Tausende Besucher Wege und Wiesen, bewunderten staunend, wie sich ihr Park in eine farbenfrohe Zauberlandschaft verwandelte. In eine Welt voll Licht, Farben und Fabelgestalten, in der das Publikum selbst Teil der Inszenierung zu werden schien.

    Konfettiregen bei der Eröffnungsfeier  Grüne Hauptstadt Europas, Essen 2017.
    Konfettiregen bei der Eröffnungsfeier Grüne Hauptstadt Europas, Essen 2017. © Kerstin Kokoska/ FUNKE Foto Services

    Da wird der Waldsee zur Bühne für einen mystischen Kampf ums Lebenselixier Wasser. Da wird die Dahlienarena zum Lichterlabyrinth. Und selbst den beleuchteten Toilettenhäuschen wohnt ein geheimer Zauber inne. Spielerisch werden so die großen Themen der Grünen Hauptstadt in Szene gesetzt. Wortgewaltig untermalt auf dem Gradierwerk von Schauspielern des Grillo-Ensembles.

    Fest und Winterleuchten im Grugapark auch am Sonntag

    Diese Eröffnungsfeier war ein Fest für Hobby- und Smartphone-Fotografen. In den sozialen Netzwerken dürften ungezählte Bilder eine unbekannte, weil unerwartete Geschichte Essens erzählen. Eine coole Stadt, mag sich mancher denken, der Essen bislang nicht kannte.

    „Machen sie das Beste draus“, hatte die Vertretern Ljubljanas, der Grüne Hauptstadt 2016, Essen bei der Übergabe des Staffelstabes zugerufen. Der Auftakt am Samstag war vielversprechend und macht neugierig auf das, was da noch kommt im Grünen Hauptstadt-Jahr.

    Alle Infos zur Eröffnungsfeier der Grünen Hauptstadt

    • Beim großen Kultur- und Familienfest am Samstag (17.30 bis 22 Uhr) und Sonntag (16 bis 22 Uhr) im Grugapark verwandeln Tänzer den Grugaturm in ein „Zukunftshaus“, und auf dem Gradierwerk setzen Schauspieler Themen wie Klimawandel und Müll in Szene.
    • Es gibt ein buntes Winterleuchten und ein Kerzen-Labyrinth, Fahrrad-Orchester und Klanginstallationen, Walking-Acts und eine „Schnippeldisco“.
    • Eintritt: eine gebrauchte Plastiktüte. Folkwang-Studenten fertigen daraus eine Skulptur.300 Aktionen werden in den nächsten zwölf Monaten folgen. Das sind die Höhepunkte:
    • Mehr zum Programm der Eröffnungsfeier lesen Sie hier, einen Übersichtsplan finden Sie unten als Download.
    • Nähere Programminfos finden Sie auf www.essengreen.capital und auf der Facebook-Seite der „Grünen Hauptstadt“.

    Die Höhepunkte des Green Capital-Jahres 2017

    • 20. 1. bis 5. 3.: Ausstellung Plakatwettbewerb, Museum Folkwang
    • 22. Februar: Filmpremiere „Grüne Hauptstadt – der Film“, Lichtburg
    • Ab Frühjahr: Essener Aussichten, 30 Aussichtspunkte in Essen
    • Ab Mai: Baden in der Ruhr, Seaside Beach, Baldeneysee
    • 21. Mai bis 27. August: „Grün in der Stadt – Mehr als Parks und Gärten“, Zollverein, Halle 5
    • 17./18. Juni: Geo-Tag der Natur, Zollverein
    • 7. bis 9. Juli: Kultur & Fest, Paradiese und Utopien, Stadtgarten
    • 24. September: Familienfest Altendorf, Altendorfer Straße