Der Unterschied bei den Müllgebühren in Essen und Gelsenkirchen ist eklatant. Essener zahlen 150 Euro mehr. Dafür gibt es Gründe.

  • Essener zahlen für Leerung der 120-Liter-Tonne 150 Euro mehr als Bürger in Gelsenkirchen
  • Entsorgungsbetriebe Essen begründen das mit den vielen Kellerrevieren. Das kostet
  • Der Preisunterschied hat aber auch andere Ursachen wie eine schlanke Verwaltung

Die „schöne Bescherung“ bietet auch diesmal keine Überraschung: Im neuen Jahr steigen die Müllgebühren. 1,83 Prozent schlägt die Stadt drauf. Für die wöchentliche Leerung der 120-Liter fassenden Hausmülltonne sind dann 333,60 Euro fällig – sechs Euro mehr als bisher. Im bundesweiten Städtevergleich liegt Essen im Mittelfeld, stand unlängst in dieser Zeitung zu lesen. Der Bund der Steuerzahler sieht Essen in einem Gebührenvergleich in bester Gesellschaft. Eines aber fällt dabei auf: Essens Nachbarstadt Gelsenkirchen fällt aus dem Rahmen.

Zwar steigen auch dort die Müllgebühren, im kommenden Jahr um durchschnittlich 1,32 Prozent. Die Gelsenkirchener müssen für die wöchentliche Leerung einer 120-Liter Tonne jedoch nur 182,20 Euro berappen – das sind 151,40 Euro weniger als ihre Essener Nachbarn. Wie kann das sein?

Wer nachfragt, bekommt hier wie dort zu hören, dass ein Vergleich schwierig sei. Zu unterschiedlich seien beide Städte, zu unterschiedlich seien sie bei der Müllentsorgung aufgestellt. Versuch einer Annäherung.

Der Bund der Steuerzahler hat bei seinen Gebühren-Vergleichen festgestellt, dass die Kosten für die Müllverbrennung den entscheidenden Unterschied machen können. Essen und Gelsenkirchen lassen ihren Abfall im Müllheizkraftwerk in Karnap verbrennen. Zu welchen Konditionen ist Verschlusssache. Beide Kommunen gehörten jahrzehntelang dem Verbund der Karnap-Städte an – bis zu dessen Auflösung Ende 2014.

Mehr Aufgaben in einer Hand

Noch im selben Jahr schrieben beide ihre zur Veraschung vorgesehene Abfallmenge öffentlich aus. Den Zuschlag erhielt in beiden Fällen RWE, Betreiber des Karnaper Müllheizkraftwerkes – aus Essen im März, aus Gelsenkirchen im Juni 2014. Im Laufe des Jahres sollen die Veraschungspreise gestiegen sein. Ob Essen aber sogar preisgünstiger verbrennen lässt als Gelsenkirchen, bleibt Spekulation.

Mit der Müllabfuhr hat die Stadt die Entsorgungsbetriebe Essen (EBE) betraut. In Gelesenkirchen übernehmen die Gelsendienste den Job, ein „Gemischtwarenladen“, der auch für die Pflege der Grünanlagen und die Reinigung städtischer Immobilien zuständig ist. In Essen verteilen sich diese Aufgaben auf zwei städtische Gesellschaften und auf ein Stadtamt: auf die EBE, die Servicegesellschaft RGE und auf Grün & Gruga. Gelsenkirchen ist da von der Organisation her schlanker aufgestellt.

Hoher Personalaufwand

Das setzt sich bei der Zahl der Beschäftigten fort. Die Gelsendienste beschäftigen 1147 Mitarbeiter, davon etwa 70 in der Verwaltung. Allerdings werden diverse Aufgaben wie die Finanzbuchhaltung und der Einkauf von den Stadtwerken Gelsenkirchen wahrgenommen. Die Entsorgungsbetriebe Essen zählen allein 910 Mitarbeiter, davon sind etwa 120 in der Verwaltung tätig.

Obwohl die EBE weniger Mitarbeiter zählt, sind die Personalkosten höher. 48,7 Millionen waren es nach Angaben des städtischen Beteiligungsbericht im Jahr 2015. Die Stadt Gelsenkirchen beziffert den Personalaufwand der Gelsendienste in ihrem Bericht aus 2014 auf 39,7 Millionen Euro. Allerdings beschäftigen die Gelsendienste im Reinigungsdienst mehrere hundert Teilzeitkräfte.

Für die Müllabfuhr, also im operativen Geschäft, setzt die Stadt Gelsenkirchen täglich 28 Müllfahrzeuge ein, in Essen sind etwa 50 Fahrzeuge unterwegs. Schließlich ist die Stadt von der Fläche her doppelt so groß, die Bevölkerungszahl ist mit 582 000 Bürgern gegenüber 260 000 in Gelsenkirchen sogar mehr als doppelt so hoch. Gemessen daran setzt die EBE bei der Müllabfuhr aber überproportional viele Mitarbeiter ein. 350 sind es – gegenüber 80 bei den Gelsendiensten.

Höherer Aufwand durch Kellerreviere

Die Entsorgungsbetriebe begründen dies mit den vielen Kellerrevieren in den dicht bebauten Essener Stadtteilen. Die Müllwerker wuchten die Tonnen aus den Kellern auf die Straße, dafür bedarf es Personal. Anders in Gelsenkirchen, wo die Bürger die Tonnen am Leerungstag an die Straße stellen. Ein besserer Service habe eben seinen Preis.