Essen. . Seit dem Aus des Karnap-Städteverbundes 2015 betreibt der RWE-Konzern die Anlage allein. Der Abfall kommt aus einem größeren Umkreis.

  • Seit dem Aus des Karnap-Städteverbundes 2015 betreibt RWE die Anlage allein
  • Die Müllmengen sind seither gestiegen
  • Der Abfall kommt aus einem größeren Umkreis

Andere Kraftwerke machen dem RWE-Konzern dieser Tage sicher mehr Sorgen als das Müllheizkraftwerk in Karnap. „Es ist eine verlässliche Anlage, die in der RWE-Welt gut da steht“, sagt Kraftwerksleiter Christoph Schlechter. Das Müllheizkraftwerk im Norden der Stadt schreibt Gewinne. Und die Müllmengen steigen.

Vor anderthalb Jahren hätte das bei RWE wohl niemand mit dieser Gewissheit prognostizieren wollen. Damals löste sich der Karnap-Verbund aus den Städten Essen, Bottrop, Gelsenkirchen, Mülheim und Gladbeck auf. Er hatte dem Kraftwerk über viele Jahrzehnte Müllmengen gesichert und das Kraftwerk damit fast ausgelastet. Für die Städte bedeutete das günstige Verbrennungskosten. Für RWE eine komfortable Situation ohne wirtschaftliche Risiken. Denn der Konzern musste sich im Grunde nur um den reibungslosen Betrieb und die Vermarktung des Stroms und der Fernwärme kümmern, die BetriebsKosten teilten sich Städte und RWE im Verhältnis 70:30.

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Anfang 2015 änderte sich die Karnap-Welt jedoch radikal: Seither trägt RWE das wirtschaftliche Risiko allein und muss sich um die Auslastung kümmern. Noch vor zwei Jahren hätte sich RWE deshalb lieber heute als morgen von dem Müllofen getrennt. Doch Verkaufspläne unter anderem an die Stadt Essen scheiterten. Auch dort scheute man das unkalkulierbare Risiko. Mülheim und Gladbeck hatten Karnap ganz den Rücken gekehrt. Essen, Bottrop und Gelsenkirchen entschieden sich nach einer europaweiten Ausschreibung zwar weiter für das RWE-Müllkraftwerk und lassen bis mindestens 2025 den Hausmüll weiter dort verbrennen. Das sichert der Anlage heute aber nur noch eine Grundauslastung von etwa knapp der Hälfte, meint Schlechter.

Mehr Müll als zu Verbundzeiten

Den Großteil des Mülls muss sich RWE also darüber hinaus besorgen. Die konzerneigene Handelstochter Supply & Trading kümmert sich jetzt um den „Mülleinkauf“. Mittlerweile habe man so rund 50 neue Kunden gewonnen. Das sind ausschließlich Gewerbetreibende, die hausmüllähnliche Abfälle in Karnap veraschen lassen. Vergangenes Jahr kamen so 680.000 Tonnen Müll zusammen, dieses Jahr sollen es über 700.000 Tonnen sein – und somit mehr als zu Verbund-Zeiten. Woher der Müll nun nach Essen kommt? Schlechter sagt, dass man den Schwerpunkt auf das lokale Umfeld lege. Lokal heißt in diesem Fall aber in einem Radius von etwa 100 Kilometer. Es sei auch nicht das Bestreben, Müll aus dem Ausland zu holen. Aber ausschließen könne man dies nicht. „Wir müssen die Anlage schließlich auslasten“, so Schlechter.

Das Geschäft ist unbeständiger geworden. Denn mit den Gewerbekunden hat RWE in der Regel kürzere Verträge zwischen einem und drei Jahren abgeschlossen. Auch wann der Müll nach Karnap geliefert wird, muss heute stärker geplant werden als früher. Für die 120 Mitarbeiter bedeutete das ein Umdenken, betont der Betriebsratsvorsitzende Frank Krispin. „Wir mussten uns völlig neu aufstellen.“ Und die Neuerungen für die Mitarbeiter gehen weiter: Seit Anfang des Jahres gehört Karnap in einen Kraftwerksverbund mit Bochum und Dortmund. Schlechter leitet alle drei. Und auch andere Funktionen werden über alle Standorte genutzt. Damit sei kein Arbeitsplatzabbau verbunden, „aber wir werden flexibler.“