Essen. Nach dem tödlichem Unfall in Rüttenscheid will die Essener Verkehrswacht ein Präventivpaket auflegen: Fahrsicherheitstraining plus Fahrschultag für Rentner.

  • Der tödliche Unfall in Rüttenscheid erschüttert auch die Verkehrswacht
  • Sie will nun ein Präventivpaket für Ältere auflegen
  • Für sie soll es ein Fahrsicherheitstraining plus Fahrschultag geben

Junge Frau wird durch 80 Jahre alten Senior tödlich verletzt – der tragische Unfalltod auf der Franziskastraße vor acht Monaten, aus Sicht der Staatsanwaltschaft eine fahrlässige Tötung, wühlt die Menschen in Essen auf. Und zieht kontrovers diskutierte Fragen nach sich: Soll der Gesetzgeber Pflichttests für Senioren ab 75 einführen? Muss die Fahrtauglichkeit im Alter häufiger untersucht werden? Oder soll der Führerschein am besten gleich gegen das Bärenticket eingetauscht werden?

Auch dem Vorsitzenden der Essener Verkehrswacht, Karl-Heinz Webels, geht der Unfalltod in der Franziskastraße sehr nah. Er sieht darin eine Bestätigung, dass ältere Autofahrer bei Bedarf nachgeschult werden sollten: „Wir planen in Essen deshalb ein neues Vorbeugungsprogramm für Senioren.“

Auf zwei Säulen soll dieses Präventiv-Paket fußen: erstens auf einem Fahrsicherheitstraining samt Sehtest und Technik-Erläuterung (z.B. Assistenzsysteme) und zweitens auf einem Fahrschul-Tag mit Theorie und Fahrpraxis.

Ärzte bleiben zurückhaltend

Als Partner möchte die Verkehrswacht für dieses Präventionsangebot den Seniorenbeirat und die Fahrlehrer in dieser Stadt gewinnen. Von strenger staatlicher Reglementierung hält Karl-Heinz Webels hingegen nicht viel. „Ich finde das Prinzip der Freiwilligkeit weitaus sinnvoller.“ Nur in einem Punkt möchte er den Gesetzgeber in die Pflicht genommen sehen. „Ich begrüße als Minimalforderung den verpflichtenden Sehtest.“

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Senioren am Steuer – viele gut gemeinte Ideen sind dazu im Umlauf, doch fast immer gibt’s auch ein Aber. Sehr wohl sollten Angehörige und Ärzte an die Einsicht älterer, unsicherer Kraftfahrer appellieren. Doch Webels zweifelt daran, dass sich der Hausarzt wirklich gerne in derart schwerwiegende Belange einmischt. Solche hochsensiblen Gespräche benötigten viel Zeit, gibt Webels zu bedenken. Hinzu käme, dass viele Ärzte Angst davor hätten, sich mit Mahnungen oder gar Verboten bei Patienten unbeliebt zu machen – und sie schlimmstenfalls zu verlieren.

Anhand einschlägiger Unfallstatistiken tritt die Essener Verkehrswacht dem weit verbreiteten Eindruck entgegen, dass Ältere besonders häufig in Unfälle verwickelt sind. „Die größte Risikogruppe insbesondere bei tödlichen Unfällen sind weiterhin die 18- bis 24-Jährigen.“ Senioren bis 75 seien keinesfalls häufiger in Unfälle verwickelt als junge Autofahrer und Fahranfänger. Webels: „Erst bei Ende 70 lässt das Reaktionsvermögen nach und das Autofahren kann dann unfallträchtiger werden.“

Kostenloser Auffrischkurs

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Die Mobilität älterer Menschen auf der Straße verlängern und gleichzeitig den Verkehr sicherer machen – dieses ehrgeizige Ziel hat sich auch Gerd Maschun, der Seniorenbeauftragte der Bezirksvertretung V, auf die Fahnen geschrieben. Zusammen mit dem Altenessener Fahrlehrer Wolfgang Hermanski bietet er am 12. Mai von 14 bis 16 Uhr einen Auffrischkurs Straßenverkehr für Senioren an – übrigens zum Nulltarif (Anmeldung unter 0152 296 791 61 oder 34 41 41).

Das Präventivpaket, das die Verkehrswacht Essen bis nach den Sommerferien schnüren will, könne hingegen nicht unentgeltlich angeboten werden. Webels überschlägt grob und kommt auf einen Kostenbeitrag von rund hundert Euro. Erst vor zwei Wochen hat die Verkehrswacht auf dem Übungsplatz Frillendorf ein Fahrsicherheitstraining durchgeführt. „Der älteste von sechs Teilnehmern war 92 und absolut fit am Steuer.“