Essen. Die Karnaper sorgen sich um ihre Sicherheit. 700 Flüchtlinge im Zeltdorf des Stinnes-Stadions seien zu viele für den Stadtteil, kritisierten Besucher des Infoabends. Den Dezernenten wehte von Beginn an kräftiger Gegenwind ins Gesicht.
Angst macht sich unter den Menschen in Essen-Karnap breit. Grund ist das Flüchtlingsdorf im Mathias-Stinnes-Stadion, das am November knapp 700 Menschen aufnehmen soll – 300 mehr als ursprünglich geplant. Die einen haben Angst vor rassistischen Tendenzen. Die anderen – und das war bei der Info-Veranstaltung der Stadt am Dienstagabend die Mehrheit – fürchten angesichts der hohen Zahl von Flüchtlingen um die eigene Sicherheit und die ihrer Familien.
Alle Plätze in der evangelischen Kirche an der Hattramstraße waren besetzt. Und das gleich zweimal am selben Abend, denn das Interesse war mit rund 600 Bürgern so riesig, dass der Infoabend gesplittet wurde. Den Dezernenten Peter Renzel (Soziales) und Christian Kromberg (Ordnung) wehte von Beginn an kräftiger Gegenwind ins Gesicht. „Komm zum Thema!“, forderte ein Zwischenrufer Renzel auf, als dieser zunächst grundlegend einführte.
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Die Karnaper wollten wissen, wie das mit knapp 700 Flüchtlingen bei 7700 Einwohnern funktionieren soll. „Ich möchte nachts schlafen. Meine Tochter, die Nachtdienst hat, möchte tagsüber schlafen. Wie soll das gehen“, fragte eine Anwohnerin. „Auch im Flüchtlingsdorf gilt eine Hausordnung und danach ist ab 22 Uhr Nachtruhe“, antwortete Renzel. Erfahrungen in anderen Einrichtungen hätten gezeigt, dass das klappt. Auch bei der Frage der Sicherheit, die den Karnapern am meisten unter den Nägeln brannte, verwies Renzel auf die bisherigen Erfahrungen. Man führe jede Einrichtung mit ausreichend Sicherheitspersonal und vertraue dem Sicherheitsdienst, der bisher nicht negativ aufgefallen sei.
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Die Angst konnte er den Karnapern trotz redlichen Bemühens nicht nehmen. Auch nicht, als er versicherte, dass im Stinnes-Stadion die Zahl der Sicherheitskräfte von sechs auf zwölf verdoppelt wird, wenn es mit 688 Menschen ausgelastet sein werde. „Wir wollen, wenn möglich, die Zahl aber nicht ausschöpfen“, sagte Renzel. Das gelänge aber nur, wenn weitere Unterbringungsmöglichkeiten schneller zur Verfügung stünden.
„Geht den Menschen mit offenem Herzen entgegen“
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Die Sorgen der Bürger teilten Lokalpolitiker wie Guido Reil: „Ich habe für jeden Verständnis, der hier Angst oder Sorgen hat. Diese große Masse wird ein riesiges Problem geben. Das sehen die Lokalpolitiker parteiübergreifend so.“ Renzel und Kromberg nahm SPD-Mann Reil aus der Schusslinie. Sie würden einen guten Job machen. Für das Problem sei man auf anderer Ebene verantwortlich. Seine ausdrücklich persönlich Meinung („nicht die meiner Partei“) fügte Guido Reil dann hinzu: „Ich glaube nicht, dass es noch lange so weitergehen kann. Nicht nur Karnap ist an der Grenze der Belastbarkeit, auch die Stadt, das Land und der Bund.“ Reil appellierte aber auch: „Geht den Menschen mit offenem Herzen entgegen.“ Nur so sei die Lage zu meistern.
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Michael Schwamborn kritisierte, dass die Mehrzahl der Unterbringungen im Norden seien. Der EBB-Ratsherr aus Karnap machte zur gerechten Verteilung eine einfache Rechnung auf: Neun Stadtbezirke mal 400 Flüchtlinge gleich 3600. Es dürfe kein Zeltdorf mit über 400 Flüchtlingen geben.
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Neben der Angst um die eigene Sicherheit gab es auch andere Stimmen, die am Dienstagabend aber nur vereinzelt geäußert wurden. So befürchtet eine junge Frau, dass Karnap seine Freundlichkeit verlieren und Hass und Rassismus Oberhand gewinnen könnten. Und eine Kindergärtnerin, in deren Einrichtung auch Flüchtlingskinder betreut werden, warb, daran zu denken, „dass Flüchtlinge Menschen wie wir sind. Menschen, die für Hilfe dankbar sind“.