Essen. Noch bevor es hell wird, stellen sich Flüchtlinge am Essener Ausländeramt an. Die Behörde ist hoffnungslos überlastet und wartet auf neues Personal. Das Amt händigt manche Unterlagen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zum Teil wochenlang nicht aus.
Die Essener Ausländerbehörde leidet wegen der vielen ankommenden Flüchtlinge unter akuter Überlastung. Stunden bevor das Amt an der Schederhofstraße in Holsterhausen um acht Uhr öffnet, bilden sich dort Schlangen. „Und die Verwaltung der schon länger hier lebenden Ausländer liegt praktisch brach“, sagt der Leiter der Behörde, Jörg Stratenwerth.
Die Personalsituation sei bereits seit einigen Weggängen zu Jahresbeginn schwierig, seither sei der Andrang noch gewachsen. „Seit drei, vier Monaten erleben wir eine Zuspitzung, der wir so nicht mehr Herr werden können“, sagt Stratenwerth. Jetzt fertigten Flüchtlinge, die mitunter ab drei Uhr morgens an der Schederhofstraße warten, eigene Ankunfts-Listen an, nach denen die offiziellen 50 Wartenummern vergeben werden, bevor das Amt um acht Uhr öffnet. Die Eigenregie sei heikel und führe regelmäßig zu Beschwerden von Wartenden, räumt Stratenwerth ein. „Aber wir sind am Limit und nehmen das derzeit so hin.“
Zeltdorf-Betreiber sammelt Bescheinigungen ein
Die Personalprobleme seien bekannt und auch sechs außerplanmäßige Stellen bewilligt. Weil man die Mitarbeiter aber erst aus anderen Abteilungen der strapazierten Verwaltung abziehen müsse, behilft sich Stratenwerth seit Dienstag mit sechs Bachelor-Studenten, die bei der Stadt in der Ausbildung sind. „Die machen Erfahrungen fürs Leben – und sind eine Riesen-Hilfe.“ Nun sei das Team zehnköpfig.
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Weil auch das bei täglich 35 neu eintreffenden Flüchtlingen nicht so üppig ist, testet man nun eine andere Form der Anmeldung: Seit Donnerstag sammelt European Homecare als Betreiber der städtischen Zeltdörfer die Bescheinigungen aller Neuankömmlinge ein und bringt sie ins Ausländeramt, wo sie gebündelt bearbeitet werden: „So erhalten die Leute ihre Meldebescheinigung, ohne herkommen zu müssen“, erklärt Stratenwerth. Diese Sammelanmeldung verringere den täglichen Ansturm. Bis aber auch die Terminvergabe für komplexere Anfragen zügig laufe, werde es wohl noch dauern: „Vor einem Jahr hatten wir einen Terminvorlauf von zwei Wochen – davon sind wir meilenweit entfernt.“ Betroffene klagen, sie bekämen jetzt Termine für Februar 2016.
Andrang soll kanalisiert werden
Mancher Flüchtling ärgert sich, dass Unterlagen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom hiesigen Ausländeramt zum Teil wochenlang nicht ausgehändigt werden. Offenbar öffne da niemand mehr die Post. „Wir hatten einen heißen Sommer und bei dem, was jetzt noch los ist, gibt es einen Postrückstau“, bedauert Stratenwerth.
Da die Lage in vielen Ämtern ähnlich ist, tagte jetzt eine Krisenrunde. Man habe diverse Maßnahmen beschlossen, um den Andrang zu kanalisieren, so Sozialamtsleiter Hartmut Peltz. Künftig treffen Flüchtlinge also im Sozialamt auf einen Sparkassen-Mitarbeiter und können so gleich ein Konto eröffnen. Ab Oktober werden Behandlungsscheine für Ärzte in den Unterkünften ausgegeben. Wie sagt Peltz: „Wir wollen die Menschen ja nicht stundenlang anstehen lassen.“