Essen. Nach dem Patronatsfest gab’s Frikadellen bei der Billard-Bundesliga und Kuchen beim Geburtstag von Nichte Nele. Wenig später wurde Thomas Kufen zum OB gewählt.

Am Morgen drücken sie noch gemeinsam die Kirchenbank beim Patronatsfest im Dom – und beten, vermutlich jeder für sich. Nur einer wurde erhört. Keine zwölf Stunden später trennen sich ihre Wege – vielleicht für immer: Reinhard Paß bleibt bei der Oberbürgermeister-Stichwahl auf der Strecke, fällt zurück in die Privatsphäre, während Thomas Kufen das Rennen seines Lebens macht, hinauf bis in den dritten Stock des Rathauses, dort liegt das künftige Büro des Neugewählten.

Der Abstand zwischen scheidendem und kommendem Amtsinhaber könnte am Ende größer nicht sein. Es läuft für Kufen an diesem Sonntag. Dabei hat der 42-jährige Spitzenkandidat der örtlichen CDU den Morgen seines souveränen Siegestages gar nicht wie vor dem ersten Wahlgang vor zwei Wochen mit dem bewährten Aufwärmtraining im Schlosspark begonnen. Die Joggingrunde rund um den Borbecker Entenpfuhl als Auftakt für den ersten Überraschungserfolg mit nahezu zehn Zählern Abstand, muss ausfallen, zu viel Programm steht am gestrigen Tag der endgültigen Entscheidung noch auf dem Stundenplan.

Wahlbeteiligung "für uns alle beschämend"

Nach dem Festhochamt am Burgplatz eine Spendenaktion für die Comeniusschule in Überruhr. Dann heißt es, hausgemachte Frikadellen verputzen bei der Billard-Bundesligameisterschaft des BC Frintrop in der Hauptschule an der Helmstraße, und schließlich steht ein Gang übers Zechenfest auf Zollverein an, bevor der Herausforderer in eigener Sache zur Wahlurne schreitet. Kreuzchen für Kufen machen oder was? Solche blöden Fragen mag er erst gar nicht beantworten: „Wahlgeheimnis“, kontert Kufen. Kein Witz.

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Das Lachen, das Strahlen übers ganze Gesicht muss bis zum Abend warten: Gut gestärkt vom nachmittäglichen Geburtstagskuchen seiner Nichte Nele tritt der CDU-Mann, gerade noch ein mehr als hoffnungsfroher Anwärter, jetzt tatsächlich der designierte Amtsträger, vor die im Rathaus versammelte Schar euphorisch jubelnder Christdemokraten und spricht: „Ich will der Oberbürgermeister für alle Essener sein. Egal, ob sie mich gewählt haben oder nicht.“Was soll man anderes sagen bei einer Wahlbeteiligung, die „für uns alle beschämend ist“.

"Ich werde sehr viel zuhören"

Und lobt: „Eine der besten Wahlkampagnen, die diese Stadt je gesehen hat.“ Und schwört ein: „Wir alle machen Essen aus, wir alle sind Essen. Diese Stadt hat ein großes Herz und viele Hände zum Anpacken.“ Und verspricht: „den städtischen Mitarbeitern Respekt und Anerkennung, wenn sie sich einreihen, dieser Stadt zu dienen.“

Kufen (CDU) besiegt Paß (SPD)

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Die Familie hat dem Sieger des Wahlabends zuerst gratuliert. Mama Merkel meldete sich nicht. Noch nicht. Und es sei auch gar nicht wichtig, ob die Kanzlerin letztlich anrufe, sagt Kufen. Nicht Berlin, nicht Düsseldorf zählt jetzt, sein Landtagsmandat will er eh aufgeben: Und sich auf sein neues Amt an der Spitze seiner Stadt konzentrieren. Dabei hofft er „auf eine gute Partnerschaft mit den Ratsfraktionen“. Seine erste Amtshandlung hat Kufen klar vor Ohren: „Ich werde sehr viel zuhören.“ Und dann arbeiten, „fleißig arbeiten“. Er fühlt sich – und er wird nicht müde, das zu betonen – dem Wohle Essens verpflichtet. Fünf Jahre hat Thomas Kufen nun Zeit, seinen Worten Taten folgen zu lassen in einer Rolle, die er selbst definiert hat: als oberster Diener der Stadt.