Essen. . Wie die Stadt zu einer günstigen Generalversicherung kam - und sie dann unter merkwürdigen Umständen wieder verlor.

Bei der Suche nach Anzeichen, die den Vorwurf der Untreue gegen den ehemaligen Geschäftsführer der Entsorgungsbetriebe Essen (EBE), Klaus Kunze, bestätigen könnten, befassten sich die Ermittler auch mit den Vorgängen rund um Gründung und die Auflösung einer städtischen Gesellschaft für Versicherungsdienstleistungen. So viel sei vorweggenommen: Der Verdacht der Untreue ließ sich nicht erhärten. Gleichwohl lässt sich anhand der beschrieben Umstände erahnen, wie das Netzwerk um Klaus Kunze funktioniert hat.

Die Rede ist von der Verkehrs- und Versorgungs-Versicherungsvermittlungsdienst Essen GmbH (VVE) – einer städtischen Beteiligungsgesellschaft, gegründet 1997 auf Initiative des damaligen Evag-Vorstandes Wolfgang Meyer. Die Idee: Städtische Töchter sollten ihre Versicherungsleistungen unter dem Dach einer „Schwestergesellschaft“ bündeln; teure Maklercourtagen würden so in die Tasche der VVE fließen statt in die privater Versicherungsgesellschaften.

Kunzes Finanzierungsmodell kostete eine Million Euro mehr

Die Rechnung ging auf. Nur stand die VEE in unmittelbarer Konkurrenz zu einem in Essen ansässigen Generalvertreter einer großen Versicherungsgesellschaft. Dieser Makler war seit Jahren gut im Geschäft bei Stadttöchtern. So finanzierte seine Versicherung etwa den Neubau des EBE-Betriebshofes an der Pferdebahnstraße. EBE-Chef Kunze hatte dabei – am Aufsichtsrat vorbei – ein Finanzierungsmodell gewählt, das die EBE rund eine Million Euro mehr kosten sollte als eine konventionelle Finanzierung über Bankkredite. Dies sollte aber erst Jahre später ans Licht kommen.

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Zurück zum Versicherungsgeschäft: Besagter Makler soll nicht erfreut darüber gewesen sein, dass ihm eine städtische Beteiligungsgesellschaft das Geschäft zu verhageln drohte. Dass es sich ihm dem Vernehmen nach um einen langjährigen Skat-Bruder von Klaus Kunze und Ex-Stadtwerke-Chef Bernhard Görgens handelt, sei nur nebenbei bemerkt. Zur Erinnerung: Als Ordnungsdezernent mit CDU-Parteibuch, Stadtdirektor und schließlich Stadtwerke-Vorstand war Görgens lange eine der maßgeblichen Persönlichkeiten in der Essener Politik. Zuletzt war er als alleiniger Geschäftsführer der städtischen Holding EVV im Gespräch. Als aus deren Neuorganisation nichts wurde, zog Görgens sich ins Privatleben zurück. Manche behaupten CDU-OB-Kandidat Thomas Kufen habe seinen Parteifreund kaltgestellt. Bis heute ist Görgens aber Vorsitzender des Essener Sportbundes (Espo). Sein makelnder Skat-Bruder soll übrigens ein großzügiger Gönner im Essener Sports sein.

„Es geht hier um Beziehungsgeflechte und gegebenenfalls verletzte Eitelkeiten“

Zurück zur VVE: In Reihen der EVV – Görgens und Kunze waren seinerzeit dort gemeinsam Geschäftsführer – wurden die Weichen für den Ausstieg aus der Versicherungsgesellschaft gestellt und dieser im Rat schließlich durchgesetzt. Offizielle Begründung: Die Gemeindeordnung untersage der Stadt diese Art Geschäft. Und auch das dürfte eine Rolle gespielt haben: SPD-Mann Wolfgang Meyer war in seiner eigenen Partei nicht mehr gut gelitten. Reinhard Paß, damals Vorsitzender der SPD-Fraktion, soll sich ausdrücklich erkundigt haben, ob mit der Kündigung des Gesellschaftervertrages Meyers Zeit als Geschäftsführer der VVE beendet sei.

Die städtischen Anteile wurden an einem privaten Mitgesellschafter verkauft für 281.000 Euro – ein Spottpreis, wie einige sagen. Einer der damals Beteiligten verfasste folgende Notiz: „Es geht hier nicht um eine sachliche Entscheidung, sondern um Beziehungsgeflechte, Aufgabenverteilungen und gegebenenfalls verletzte Eitelkeiten.“