Essen. . Prozessauftakt im EBE-Skandal: Die Entsorgungsbetriebe fordern vom ehemaligen SPD-Ratsherrn Harald Hoppensack 97.500 Euro. Aber alles deutet auf einen Vergleich hin.

„Ich habe mich immer zugehörig gefühlt“, sagt Harald Hoppensack und meint die Entsorgungsbetriebe Essen (EBE). Dort, im Betriebshof an der Pferdebahnstraße, hatte er sein eigenes „großes Büro“ mit Computer und eigener E-Mail-Adresse. Und auch im hausinternen Telefonverzeichnis stand sein Name. Denn der damalige städtische Geschäftsführer Klaus Kunze hatte seinen Parteifreund 2011 als Berater für IT-Dienstleistungen angeheuert. Als die WAZ vor zwei Jahren öffentlich machte, dass der selbstständige Unternehmer und damalige SPD-Ratsherr seinem Auftraggeber allein im Jahr 2012 rund 210 000 Euro in Rechnung gestellt hatte, nahm der „EBE-Skandal“ seinen Lauf. Seitdem war der heute 68-Jährige in der öffentlichen Wahrnehmung für jene, die hinter dem, was sich bei den Entsorgungsbetrieben abspielte, ein System vermuten, Teil eines solchen: Ein Rädchen in einem System, in dem mutmaßlich eine Hand die andere wäscht. In der man einander Pöstchen zuschachert und gut verdient. Oder tut, wer so denkt, Harald Hoppensack etwa großes Unrecht?

Tagessatz von 1500 Euro als IT-Berater der EBE

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Drei Tage pro Woche arbeitete dieser laut Vertrag als Berater für die EBE, zwei davon sollte er im Betrieb verbringen, eine Anwesenheitspflicht gab es nicht. Im Monat verdiente er bis zu 18 000 Euro. Der Nachweis aber, er habe für sein Honorar „nicht alle Leistungen“ erbracht, wird schwer zu führen sein. Diesen Eindruck nahmen Beobachter am Donnerstag aus Saal D 41 des Landgerichts mit, wo der Zivilprozess der EBE gegen ihren ehemaligen IT-Berater eröffnet wurde.

97.497,70 Euro verlangen die Entsorgungsbetriebe von Hoppensack zurück für 55 von insgesamt 248 Tagen, die er bis zur vorzeitigen und fristlosen Kündigung seines Vertrages im Oktober 2013 abgerechnet hat. „Wir könnten auch über eine wesentlich höhere Summe reden“, betonte EBE-Anwalt Jörg Becker. Denn eine einzige E-Mail Hoppensacks pro Tag oder seine Teilnahme an einer Besprechung im Hause genügten den internen Ermittlern bereits als Arbeitsnachweis – und als Rechtfertigung für einen Tagessatz von immerhin 1500 Euro, den der IT-Fachmann mit EBE-Chef Kunze ausgehandelt hatte. Es wäre schnell verdientes Geld gewesen.

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Nur: Bereits die geforderten rund 97 500 Euro sind nach den Worten von Richter Dieter Süßemden nur eine „theoretische Berechnung“, was dieser als „sehr problematisch“ bewertet. Dass Hoppensack als Beleg für seine Tätigkeit von der EBE „geprüfte und gegengezeichnete“ Rechnungen vorgelegt hat, macht es der Klägerseite nicht leichter. Auch wenn einige Rechnungen „sehr pauschal“ formuliert seien, wie Süßemden ausführte. Ablesen, was genau gemacht wurde, könne man daran nicht.

Beratervertrag lief eigentlich bis Ende 2014

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Spekulationen mag das befeuern. Doch die EBE wird in ihrer Beweisführung nachlegen müssen, will sie ihren Anspruch vor dem Landgericht durchsetzen. Sollte es dort überhaupt zu einer Fortsetzung des Verfahrens kommen. Hoppensacks Rechtsbeistand Harald Wostry stellte die Frage, ob der Streitfall nicht vors Arbeitsgericht gehört. Es wäre ein geschickter Winkelzug des Advokaten. Denn welcher Arbeitnehmer muss schon Leistungsnachweise führen? Ein unternehmerisches Risiko habe sein Mandant nicht getragen – trotz der üppigen Entlohnung. Und schließlich könnte Hoppensack ja selbst Ansprüche geltend machen von bis zu 90 000 Euro, rechnet Wostry vor. Lief der Beratervertrag doch eigentlich bis Ende 2014.

Ob es auch deshalb auf einen Vergleich hinauslaufen könnte? Zum Verhandlungsauftakt deutete alles darauf hin. Grundsätzlich sei man dazu bereit, erklärte Wostry. Seinem Mandanten wäre das wohl sogar ein paar Euro wert. Ein Schuldeingeständnis sei das natürlich nicht.