Essen. In einem offenen Brief wirft Essens Oberbürgermeister Reinhard Paß dem Espo mangelnden Sparwillen vor. Dort fühlt man sich zu Unrecht angegriffen: Der OB sei inhaltlich nicht auf der Höhe.

Mit einem offenen Brief hat Oberbürgermeister Reinhard Paß auf die Kritik des Essener Sportbundes (Espo) an den Sparvorschlägen der Gemeindeprüfungsanstalt NRW reagiert (GPA). Auch ihn erfüllten die Ergebnisse des von der GPA vorgelegten Gutachtens nicht mit Begeisterung, schreibt der OB und fährt im folgenden Satz schweres Geschütz auf: Aber alles in Bausch und Bogen abzulehnen, sei „verantwortungslos und ein Affront“ gegenüber der Bezirksregierung. Denn diese erwarte, dass sich die Stadt differenziert mit den Sparvorschlägen auseinandersetzt.

"Den Finger in die Wunde gelegt"

Für den Essener Sportbund ist das ein Schlag ins Gesicht. Auch wenn der Oberbürgermeister die Interessenvertretung der Sportvereine nicht ausdrücklich als Adressaten seines Schreibens benennt, fühlt sich Espo-Geschäftsführer Wolfgang Rohrberg sehr wohl angesprochen. Die Kritik weist er weit von sich: „Dass wir etwas in Bausch und Bogen abgelehnt haben sollen, kann ich nicht nachvollziehen. Wir haben lediglich den Finger in die Wunde gelegt.“ Der offene Brief zeuge davon, dass der OB sich inhaltlich nicht mit dem Gutachten beschäftigt habe.

Wie berichtet, kommt die von der Gemeindeprüfungsanstalt beauftragte Unternehmensberatung Rödl & Partner zu dem Schluss, dass sich die finanziellen Aufwendungen für den Essener Sport um 4,2 Millionen Euro pro Jahr reduzieren ließen. Der Espo wirft den Gutachtern allerdings handwerkliche Fehler vor. Besonders umstritten ist deren Empfehlung, die Nutzungsgebühren für städtische Sportanlagen zu erhöhen. Den Vorschlag, das Grugabad zu schließen, hat die Politik bereits zurückgewiesen. Die vermeintlich einzusparende Summe bleibt für die Bezirksregierung gleichwohl gesetzt, betont der OB; die Gemeindeprüfungsanstalt habe unmissverständlich deutlich gemacht, dass das Geld – wenn nicht im Sport – anderswo eingespart werden müsse.

Investitionen in die Sportlandschaft liegen auf Eis

Paß erinnert daran, dass Essen jedes Jahr 90 Millionen aus dem Stärkungspakt des Landes erhält und der Haushalt der Stadt noch nicht genehmigt ist. Damit lägen vom Rat beschlossene Mittel für Investitionen in die Sportlandschaft in Höhe von drei Millionen Euro ebenso auf Eis wie der Zuschuss für den Etat der Sport- und Bäderbetriebe in Höhe von 3,3 Millionen Euro. Die Bezirksregierung habe gewisse Zweifel am Sparwillen des Stadtrates, schreibt Paß und mutmaßt, dafür dürfte auch der Umgang mit den Vorschlägen der GPA gesorgt haben, seien diese doch bereits grundsätzlich abgelehnt worden, bevor das Gutachten überhaupt vorgelegen habe. Auch diesen Vorwurf weist Rohrberg für den Sportbund entschieden zurück.

Was der Espo für sich in Anspruch nimmt, soll nun unter Federführung von Sportdezernent Andreas Bomheuer geschehen: Die Sparvorschläge sollen auf ihre Umsetzbarkeit hin geprüft werden – unter Beteiligung der Politik und des Sportbundes wie Paß betont.

Die SPD wertete dies gestern als positiv. Die Grünen ließ der OB hingegen ratlos zurück: Paß wolle sparen, wisse aber nicht wo. Der sportpolitische Sprecher der CDU, Siegfried Brandenburg, nannte das Schreiben des OB gar eine Frechheit: „Statt sich persönlich der Diskussion zu stellen, schreibt er so einen Brief.“ An einer Diskussionsrunde des Espo nahm Paß gestern Abend nicht teil. Als Gastgeber eröffnete er zeitgleich eine Einbürgerungsfeier im Rathaus.