Essen. . Die RWE-Aktie ist weiter abgerutscht. Hält die Entwicklung an, muss Essen den Wert seiner Aktien korrigieren. Es droht ein Verlust im Millionenbereich.
Der Sinkflug der RWE-Aktie beschert der Stadt Essen in diesem Jahr wohl weitere Abschreibungen in dreistelliger Millionenhöhe. Erholt sich der Aktienkurs bis zum Jahresende nicht deutlich, dann muss Kämmerer Lars Martin Klieve den Wert der Aktien in den Büchern erneut nach unten korrigieren. Dass Essens oberster Kassenwart darüber nicht glücklich ist, zumal das Franken-Debakel Essen ebenfalls noch nachhängt – ist klar. „Sehr unerfreulich“ bezeichnet Klieve denn auch die Entwicklung des RWE-Papiers.
Essen als einer der größten RWE-Aktionäre hält 18,6 Millionen Aktien an dem schwächelnden Energie-Riesen. Am vorgestrigen Montag, dem bislang schwärzesten Börsentag des Jahres, fiel die RWE-Aktie zwischenzeitlich auf einen Wert von 13,10 Euro. Am Ende schloss sie mit 13,22 Euro und war der größte Verlierer im Dax. Hätte Klieve diesen Kurs in seine Bücher schreiben müssen, dann wäre das Eigenkapital der Stadt am Montag auf einen Schlag um rund 230 Millionen Euro geschmolzen.
Essen und die RWE-Aktien
Die Stadt Essen ist einer der größten kommunalen Anteilseigner beim RWE-Konzern. Die Stadt selbst hält rund 11,8 Millionen Aktien. Diese sind großteils bei der Evag geparkt, bei der Stadttöchter-Holding EVV liegen 6,8 Millionen Aktien. Insgesamt hat Essen damit einen Anteil von rund drei Prozent am Konzern.
Der RWE-Konzern kämpft mit den Folgen der Energiewende, was sich an der Entwicklung des Aktienkurses ablesen lässt. Doch nicht nur der sinkende Aktienkurs, der das Eigenkapital der Stadt drückt, auch die Kürzung der Dividende hat die Stadt stark getroffen. Statt 3,50 Euro pro Aktie zahlte RWE dieses Jahr nur noch einen Euro. Das bedeutete für Essen 45 Millionen Euro Einnahmeverlust. Die RWE-Dividende fließt großteils in den Verlustausgleich des Nahverkehrs.
Das alles sind freilich nur Verluste auf dem Papier. Real würden sie nur, wenn Essen sich von den Aktien trennen würde. Und das ist nicht beabsichtigt. Dennoch drücken sie die Haben-Seite der Stadt gewaltig. Derzeit stehen die RWE-Aktien mit einem Kurs von 25,65 Euro in den Büchern. Zwar kann Klieve die Entwicklung des Kurses noch mit einer gewissen Gelassenheit verfolgen. Spannend wird es erst wieder am 31. Dezember. Der Schlusskurs an diesem Tag wird der neue Wert sein, den Klieve in die städtische Bilanz aufnimmt.
Blick vom RWE-Turm auf Essen
Gut möglich, dass sich die Aktie bis dahin wieder erholt. Klieve ist jedoch skeptisch. In Anbetracht der bisherigen Entwicklung des Aktienkurses fehle ihm im Moment die Fantasie dazu.
Über eine Milliarde Euro Verlust
Der Absturz der Aktie in den vergangenen Jahren hat Essen bereits große Verluste beim Eigenkapital beschert: Einst stand ein Wert von 75 Euro pro Aktie in der Bilanz. 2013 musste die Stadt erstmals auf Druck des Gesetzgebers den Buchwert nach unten korrigieren – auf sage und schreibe 26,61 Euro. Damit war über Nacht fast eine Milliarde Euro Eigenkapital futsch und die Stadt musste in der Folge erstmals ein negatives Eigenkapital ausweisen. In diesem Jahr wird es sogar mit über 300 Millionen Euro im Minus liegen, so Klieve. Ein negatives Eigenkapital entsteht dann, wenn die Schulden höher sind als das Vermögen. Ein Unternehmen wäre wohl bald pleite.
Einer Stadt kann das nicht passieren und doch bedeutet ein negatives Eigenkapital Belastungen für die Zukunft. Denn sollte Essen tatsächlich 2017 erstmals einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen, dann hat sich der Spardruck längst nicht erledigt. Denn dann wird es darum gehen müssen, den hohen Schuldenberg abzubauen und das Eigenkapital wieder zu stärken.