Essen. An der A40 in Essen-Frillendorf sind 2014 die höchsten Stickoxid-Konzentrationen im Ruhrgebiet gemessen worden. Grenzwert wird ständig überschritten.

„Die Kommunen sind nur das Ende der Fahnenstange.“ Mit diesen Worten reagierte Umweltdezernentin Simone Raskob auf das Mahnschreiben aus Brüssel, in dem die Europäische Kommission ein formelles EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet hat. Auslöser sind die permanenten Grenzwertüberschreitungen der atemwegbelastenden Stickoxid-Konzentrationen in 23 deutschen Städten, darunter in Essen. Alle bisherigen Anstrengungen reichten nicht aus, um den Jahresmittelgrenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter in der Ruhr-Metropole einzuhalten. Die Umweltdezernentin sieht den Hauptgrund dafür im Autoverkehr, speziell bei den Dieselfahrzeugen, die die Stickoxid-Bilanz regelrecht verhageln. „Aber an die Fahrzeughersteller kommen wir als Stadt Essen nicht ran“, so Raskob. Hier sei Berlin gefordert, strenge Regeln für saubere Motoren zu beschließen.

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Das Vertragsverletzungsverfahren könnte sich über mehrere Jahre hinziehen. Bis dahin will Essen für bessere Werte sorgen. Ob es gelingt, ist ungewiss. Das hängt auch davon ab, inwieweit die Düsseldorfer Bezirksregierung den Luftreinhalteplan für das Ruhrgebiet und damit für Essen verschärfen wird. Bisher weiß man nur, dass es so nicht weitergehen kann. Die bisher eingeleiteten Schritte würden nicht ausreichen.

16 Mikrogramm Stickoxid über dem Grenzwert

Der Umweltausschuss wird in seiner nächsten Sitzung am Dienstag, 11. August, ab 15 Uhr im Rathaus am Porscheplatz über den Stand der Dinge und den blauen Brief aus Brüssel informiert. Die Verwaltung wird darlegen, was die Stadt gegen die Luftverschmutzung getan hat – und was sie noch tun will. Ob das jeden Umweltpolitiker beruhigt, ist eher zu bezweifeln. Denn die Vertreter bekommen gleichzeitig die Luftmesswerte vom Vorjahr präsentiert. Danach nimmt Essen unter den 51 Messstationen in der Metropolregion Ruhr gar eine negative Spitzenstellung ein.

Der höchste Stickoxid-Jahresmittelwert im Ruhrgebiet wurde an der Autobahn 40 in Frillendorf gemessen: 56 Mikrogramm – und damit 16 Mikrogramm über dem erlaubten Maß. An dritter Stelle gleich nach Oberhausen, taucht wieder Essen auf: Alfredstraße, 54 Mikrogramm. Auf Platz 6 landet erneut die A 40, diesmal in Frohnhausen (52 Mikrogramm). Und auch an der stark befahrenen Bundesstraße B 224 in Altenessen und Werden wird der zulässige Grenzwert mit 44 und 45 Mikrogramm noch um zehn Prozent überschritten. Nur an vier von zehn Messstellen in Essen bleiben die Werte unter der kritischen Marke.

Drei bis neun Mikrogramm weniger als vor zehn Jahren

Zwar konnte in Essen in den letzten zehn Jahren die Stickoxid-Belastung um drei bis neun Mikrogramm verringert werden. Aber das gesteckte Ziel, spätestens in 20 Jahren alle Grenzwerte einzuhalten, reicht der Europäischen Kommission bei weitem nicht. Die Stadt Essen, die laut Luftreinhalteplan für 14 regionale und 26 lokale Projekte zuständig ist, listet nun auf, dass zwölf Vorgaben bereits vollständig umgesetzt wurden, in den 28 weiteren Fällen die Arbeiten erst begonnen hätten oder noch weitergeführt werden müssten. Es handelt sich hier um Langzeit-Projekte wie den Ausbau des Radwegenetzes. Auch das Klimaschutzprogramm wird aufgeführt.

Letztlich aber lassen sich „nachhaltige Effekte“ aktuell angestoßener Prozesse nur „langfristig einstellen“, so das Umweltdezernat. Das klingt fast wie nach der Bitte um mehr Geduld.