Essen. Nach dem blauen Brief aus Brüssel macht sich die Politik in Essen für den öffentlichen Nahverkehr stark. Auch die Einführung von Tempo 30 wird diskutiert.
Nein – die Stadt Essen sei offiziell noch nicht informiert worden, erklärte Dezernent Hans-Jürgen Best auf Anfrage im Bau- und Verkehrsausschuss. Nämlich darüber, dass die EU-Kommission wegen der Überschreitung der Stickoxid-Konzentrationen in deutschen Städten einen blauen Brief nach Berlin schickte, mit Strafgeldern drohte --und Essen auf der Liste der Umweltsünder mit aufführte.
Die Linke forderte eine Stellungnahme der Verwaltung in der nächsten Sitzung des Umweltausschusses. Mehrere Fraktionen machen sich nun für den öffentlichen Nahverkehr in Essen stark – als Alternative für die Dieselwagen, deren Abgase die Hauptursache für die zu hohe Stickoxid-Belastung in der Ruhrmetropole sind.
„Das ist unserer Teil, den wir dazu beisteuern können“, erklärt die umweltpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion Julia Kahle-Hausmann, die aber auch deutlich macht, dass der Ball bei der Bundesregierung liegt. „Wir sind nur am unteren Ende der Fahnenstange“.
FDP-Fraktion lehnt Fahrverbot für Dieselautos ab
Auch der verkehrspolitische Sprecher der grünen Ratsfraktion, Ernst Potthoff, spricht sich trotz der aktuellen Spardebatte um die Evag dafür aus, den öffentlichen Nahverkehr in Essen auszubauen, ebenso den Radverkehr und das Car-Sharing-Angebot. „Der nächste Nahverkehrsplan der Stadt Essen dürfe „nicht unter dem Diktat knapper Kassen“ diskutiert werden.
Den Vorschlag der EU-Kommission und die Forderung der Umweltorganisation Bund, hier und da Dieselfahrzeuge ganz zu verbannen, hält der Grüne dagegen für nicht praktikabel. „Wer soll denn das kontrollieren?“
Die FDP-Fraktion lehnt ein Fahrverbot für Dieselautos generell ab. Das gebe einen „Aufstand“ der Handwerker, die fast alle mit Dieselfahrzeugen unterwegs sind, erklärt Thomas Spilker, Mitglied im Bau- und Verkehrsausschuss.
Hilfreich könnte aber ein Tempo-30-Limit auf besonders belasteten Straßen sein, um den Stickoxid-Ausstoß zu verringern, findet Potthoff von den Grünen. „Wir fordern, dass die Stadt Essen selbst darüber entscheiden kann.“
"Abkehr vom Individualverkehr"
Der Bundesregierung wirft er vor, Fehlanreize zum Kauf von Diesel-Fahrzeugen durch eine zu geringe Besteuerung des Kraftstoffes gegeben zu haben.
„Wir brauchen eine Abkehr vom Individualverkehr“, erklärt Jürgen Zierus für Die Linke. Und Wolfgang Freye kritisiert, dass das bisherige Konzept zur Luftreinhaltung auf Dauer nicht ausreiche, um EU-Grenzwerte einzuhalten. Das sei „der Gesundheit der Bürger nicht zuzumuten“ und „dem Titel Grüne Hauptstadt nicht angemessen“.
Die Bezirksregierung arbeitet zwar bereits an einer Fortschreibung des Luftreinhalteplanes für das Ruhrgebiet – und damit für Essen. Doch „einen zeitlichen Rahmen“ oder „konkrete Maßnahmen“ könne man noch nicht benennen, so Sprecherin Stephanie Klockhaus.