Essen. Die lebenslange Sperre für den Kapitän des BV Altenessen II reicht den anderen Vereinen der Kreisliga B nicht: Sie boykottieren “unfaire“ und “brutale“ BVA-Spieler und treten vorerst nicht mehr gegen die Mannschaft an.

Mitte März sperrte der Fußballkreis 13 Essen Nord/West zum dritten Mal während der laufenden Saison einen Amateurspieler lebenslang (Artikel zum Fall 1 / Artikel zum Fall 2 ): Der Kapitän des B-Kreisligisten BV Altenessen II hatte einen Schiedsrichter geschlagen und getreten. Den Konkurrenten der Altenessener Reserve in der Kreisliga B Gruppe 1 Essen Nord-West reicht diese Bestrafung nicht. Zwölf Vereine wollen mit einem Boykott "ein Zeichen gegen Gewalt" setzen und in der laufenden Saison nicht mehr gegen die Mannschaft des BVA spielen.

Das teilten sie am Mittwoch in einem Offenen Brief mit, der an DFB, Fußballverband Niederrhein, Fußballkreis, Essener Sportbund und Stadt Essen adressiert ist. Ihre Begründung: "In der letzten und in dieser Saison ist der Verein BV Altenessen mehrfach durch unfaires und gewalttätiges Verhalten auf dem Sportplatz auffällig geworden." BVA-Spiele seien in dieser Saison "schon mehrfach durch Polizeieinsatz begleitet oder beendet" worden.

Vereine kritisieren milde Urteile gegen BV Altenessen

In der Tat: Nach der brutalen Attacke gegen einen Schiedsrichter am 22. Februar und dem Spielabbruch hatte die Polizei in Altenessen eingreifen müssen. Bekannt wurde ein weiterer Zwischenfall: Im September 2014 flüchtete Schiedsrichter Hans Schottner bei einer Partie zwischen dem BV Altenessen und Fatihspor Essen vor einer Massenschlägerei zwischen Spielern und Zuschauern beider Mannschaften.

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Die Vereine kritisieren, dass der Verein mit einer geringen Geldstrafe davongekommen ist. "Deshalb hat die komplette Liga beschlossen, die noch anstehenden 13 Spiele gegen BVA nicht anzutreten. Die Wertung dieser Spiele überlassen wir dem Kreis."

Damit wollen die Essener Kreisligisten auch den Fußballkreis und die Stadt zum Handeln bewegen. Denn die Essener Politik tritt in ihrem Bemühen, Gewalttaten im Amateurfußball mit Sanktionen zu ahnden, indes auf der Stelle. Das Rechtsamt sieht nach einer Prüfung keine Handhabe, Gewalttäter mit einer Sperre für städtische Sportanlage zu belegen. Der Essener Sportbund (Espo) hatte eine solche Strafe ins Spiel gebracht. Nach Einschätzung des Rechtsamtes würde ein Betretungsverbot der gebotenen Verhältnismäßigkeit widersprechen.

Auf der zweiten Seite dieses Artikels veröffentlichen wir den Offenen Brief im Wortlaut. Unterzeichnet haben diesen die Vereine SV Borbeck, DJK Wacker Bergeborbeck, FC Alanya Essen, DJK Dellwig 1910, TUSEM Essen, DJK VFB Frohnhausen, DJK Adler Union Frintrop, SUS Haarzopf, Barisspor Essen, Türkiyemspor Essen, SG Essen-Schönebeck und DJK Jugendsport Essen-West.

"Wettkampf durch unfaires, brutales Verhalten einzelner Spieler, Zuschauer und Offizieller gestört" 

Im Folgenden veröffentlichen wir den Offenen Brief der Vereine SV Borbeck, DJK Wacker Bergeborbeck, FC Alanya Essen, DJK Dellwig 1910, TUSEM Essen, DJK VFB Frohnhausen, DJK Adler Union Frintrop, SUS Haarzopf, Barisspor Essen, Türkiyemspor Essen, SG Essen-Schönebeck und DJK Jugendsport Essen-West im Wortlaut unbearbeitet:

"Offener Brief an Deutscher Fußball Bund e.V., Fußballverband Niederrhein e.V., Kreis 13 Essen NW, Stadt Essen und dem Essener Sportbund e.V.

Für einen Essener Fußball ohne Gewalt!! Aus aktuellem Anlass haben sich die Vereine der Kreisliga B Gruppe 1 dazu entschlossen, in der aktuellen Rückrunde nicht gegen den Verein BV Altenessen anzutreten.! !

Sehr geehrte Damen und Herren,

nach einer konstruktiven Sitzung der Vereine der Kreisliga B Gruppe 1 im Kreis 13, Essen Nord-West, haben sich die unten genannten Vereine entschlossen ein Zeichen gegen Gewalt zu setzen. Die Ausschreitungen gegenüber Schiedsrichtern und Spielern haben in der noch laufenden Saison eine Dimension erreicht, die für uns nicht länger tragbar ist! Der sportliche Wettkampf in unserer Liga wurde in der laufenden Saison mehrfach durch unfaires, sogar brutales, Verhalten einzelner Spieler, Zuschauer sowie Offizieller gestört. Immer wieder gab es Vorfälle mit Beteiligung der zweiten Mannschaft des BV Altenessen! Trotz mehrerer, teilweise harter, Urteile gegen Beteiligte aus dem Verein BV Altenessen und dazu verfügter anderer Auflagen, konnten wir bisher nicht feststellen, dass auf Seiten des BV Altenessen ein Umdenken stattgefunden hat. Weder trennt sich der Verein von den jeweils Beteiligten noch sorgt er aktiv dafür, dass fairer sportlicher Wettkampf stattfinden kann.

Deshalb haben die Mehrzahl der Vereine der Kreisliga B entschieden, in dieser Saison nicht mehr gegen BV Altenessen anzutreten. Das Urteil der Spruchkammer vom Montag 16.03.2015 haben wir mit großer Enttäuschung zur Kenntnis genommen. Es ist nur schwer nachzuvollziehen, denn die Spruchkammer hat hier die Aufgabe gehabt, durch ein entsprechendes Urteil diesem Verein deutliche Grenzen aufzuzeigen und für zukünftige Spiele des BV Altenessen sowohl die Schiedsrichter als auch die Spieler der antretenden Vereine zu schützen!

Es ist uns bewusst, dass durch unseren Entschluss eine sportliche Entscheidung über den Aufstieg gefallen ist. Wir möchten jedoch an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen, dass ein sportlicher Aufstieg des BVA, durch den in der Vorrunde erspielten Vorsprung, ohnehin sehr wahrscheinlich gewesen ist.!

Es ist unser Anliegen, mit dieser Erklärung ein Zeichen gegenüber dem BV Altenessen, dem Kreis 13 bzw. der Spruchkammer und anderen potenziellen Störern zu setzen. Der Fußball ist für uns alle ein Hobby, das Spaß machen soll. Dieser Spaß ist aktuell leider nicht mehr im Vordergrund.

Sollten solche Vorkommnisse weiterhin so milde bestraft werden, müssen wir uns nicht wundern, wenn in Zukunft Schiedsrichter und vielleicht auch die eine oder andere Mannschaft nicht mehr zur Verfügung stehen. Es bedarf Spieler und Offizieller, die, bei aller sportlichen Brisanz, dafür eintreten, dass Gegenspieler wie auch Schiedsrichter als Teil des Spiels und dadurch als „Mitspieler“ in unserem Sport gesehen werden. Ein anderes Denken und Handeln gefährdet somit die Zukunft des Amateurfußballs.

Gewalt auf und neben dem Fußballplatz lässt es nicht zu Fußball zu spielen. In diesem Verständnis verlangen wir umgehendes Handeln!

Mit freundlichen Grüßen,

SV Borbeck, DJK Wacker Bergeborbeck, FC Alanya Essen, DJK Dellwig 1910, TUSEM Essen, DJK VFB Frohnhausen, DJK Adler Union Frintrop, SUS Haarzopf, Barisspor Essen"