Essen. Seit 1933 teilen sich Ruhrverband und RWE das Wehr am Essener Baldeneysee. Hier wird sauberer Strom produziert, regeln Stauwarte den Durchfluss des Wassers. Wenn es sein muss, auch an Weihnachten.
Die letzten beiden Weihnachtsfeste hat Axel Schüttenhassel am wohl ungewöhnlichsten Ort in Essen verbracht: im Stauwehr. Denn Schüttenhassel ist von Beruf Stauwart und muss die Wasserführung durch das Wehr beaufsichtigen und, wenn nötig, nachsteuern. Und zwar auch an Feiertagen, nachts oder eben zu Weihnachten, „da nimmt das Wasser keine Rücksicht drauf“, sagt er schmunzelnd.
Von seinem Arbeitsplatz aus, der in einem Pfeiler des Wehrs untergebracht ist, hat der Techniker einen einzigartigen Blick auf den Baldeneysee. Während der Regen gegen die Scheiben prasselt, ist es in dem kleinen Raum wohlig warm. „Fußbodenheizung“, erklärt Schüttenhassel und führt uns in den Sozialraum, der im Pfeiler nebenan untergebracht ist.
Hier gibt es eine Sitzecke mit Kochnische und Mikrowelle, Radio und Fernsehen und genau den gleichen schönen Ausblick. Drei Stauwarte sind im Wechsel am Wehr tätig, haben mittels Monitoring die Stauhöhe und den Wasserdurchfluss im Blick. Zu viel Wasser wird durch die drei 33,5 Meter breiten, durch Hubwalzen verschließbaren Öffnungen abgelassen. Noch geschieht das vor Ort, aber „wir sind dabei, eine Fernwirkung zu installieren und das Wehr dann von Kettwig aus zu steuern“, sagt Michael Kuk, beim Ruhrverband, dem Betreiber des Wehrs, für die Anlage zuständig. Fernsteuerung ist allerdings bei der Schleuse noch nicht möglich: Von April bis Oktober passieren hier bis zu 1400 Schiffe das Wehr.
Kleines Wasserkraftwerk im Wehr untergebracht
Beides, Schleuse und Wehr, kennen die meisten Essener. Doch das Wehr hat noch eine andere Funktion: Im Werdener Teil ist ein kleines Wasserkraftwerk untergebracht, das vom RWE betrieben wird. Wie zwei riesige doppelstöckige Torten liegen die beiden Kaplan-Turbinen in der Maschinenhalle, wo ein gleichförmiges Dauerrauschen von der unablässigen Stromproduktion zeugt.
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Das Kraftwerk ist seit 1933, seit dem Bau des Stausees, in Dauerbetrieb. 140.000 Liter pro Sekunde fließen durch jede Turbine, so erzeugen sie eine Leistung von 26 Millionen Kilowattstunden im Jahr, „damit werden circa 9000 Haushalte komplett mit Strom versorgt“, weiß Detlev Lange. Der Ingenieur ist bei RWE ein Experte für Wasserkraft und schwärmt von der Nachhaltigkeit dieser Technik.
Tatsächlich ist die relativ wenig störanfällig, „die Herzstücke sind noch immer von 1933“, sagt Lange und meint damit die Turbinen. Auch die Transformatoren sind schon so alt und funktionieren tadellos. Damit das so bleibt, wird das Kraftwerk Baldeney alle zehn Jahre auf Herz und Nieren getestet. Dann hebt ein an der Decke befestigter Lastkran die Turbinen aus den „Torten“ – „jedes Mal ein ganz spannender Moment für uns“, so Lange. Bislang gab es wenig zu beanstanden, war eine Großrevision, also ein kompletter Ausbau, noch nie nötig.
Das Stauwehr am Baldeneysee