Essen. . Nach dem Faustschlag gegen einen ihrer pfeifenden Kollegen ziehen die ersten Essener Unparteiischen eine freiwillige Pause in Erwägung. “Es gibt immer weniger Respekt auf dem Fußballplatz“, sagen sie. Das Opfer, Schiedsrichter Helmut D., wurde Montag noch einmal am gebrochenen Kiefer operiert.

Montagabend kamen Schiedsrichter aus dem „Kreis 13, Essen Nord/West“ in einem Arbeitskreis zusammen. Das erste Treffen nach dem massiven Übergriff am Samstag in Dellwig, bei dem ein 24-jähriger Fußballer einem Schiedsrichter per Faustschlag den Kiefer gebrochen hatte.

„Unser Treffen ist erst mal ergebnisoffen“, sagte Christian Sorgatz, Vorsitzender im Schiedsrichter-Ausschuss, vorab. In Essen gibt es inzwischen mehr und mehr Schiedsrichter, die nicht nur Bedenken haben, Spiele zu pfeifen, sondern diese Bedenken auch äußern und um Pausen bitten. „Es gibt immer weniger Respekt auf dem Fußballplatz“, hat Christian Sorgatz beobachtet. Er ist seit 32 Jahren im Schiedsrichtergeschäft aktiv. Im September hatte ein Spieler der DJK Juspo Altenessen in der Kreisliga einen Gegenspieler zu Fall gebracht und ihm gegen den Kopf getreten. Fast zeitgleich brach ein Schiedsrichter eine Partie ab, weil er sich bedroht fühlte.

Dem Übergriff ging eine harmlose Situation voraus

Am Samstag hatte es wieder gekracht. Auf dem Dellwiger Ascheplatz Scheppmannskamp. Beim Duell Aggro Bethesda gegen Rapid Essen. Ein Spiel in der Fußball-Freizeit-Liga. 88 Minuten lang ruhig, fair, mit Zweikämpfen, aber ohne Aggressionen, wie Spieler von beiden Teams bestätigen.

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Auch vor dem folgenreichen Übergriff, so berichten Zeugen, gab es eine harmlose Situation. Ein Pfiff. Ein paar Worte. Der Essener Schiedsrichter Helmut D., 56, zieht die Karten, spricht den Platzverweis aus. Plötzlich schlägt der verwiesene Spieler aus kurzer Entfernung mit der Faust zu. Der groß gewachsene Helmut D. geht zu Boden. „Ich habe Spiel-Abbrüche und Übergriffe auf den Schiedsrichter gesehen“, sagt Christian Sorgatz, vom Schiedsrichter-Ausschuss. „Aber diese Dimension, das habe ich noch nicht erlebt.“

„Tat ist nicht zu entschuldigen“

Auch Marcel Scheiring, Mitspieler des Essener Täters bei Aggro Bethesda, war anfangs sprachlos. Dann versucht er die Fassungslosigkeit in Worte zu fassen: „Er ist sonst ein freundlicher Typ, ein sozialer Mensch. Er hat das erste Mal jemanden geschlagen. Er weiß, dass es der größte Fehler seines Lebens war. Er bereut es, will sich entschuldigen.“ Ob das Opfer, Schiedsrichter Helmut D., die Entschuldigung annimmt?

Der 56-Jährige wurde am Montag erneut am gebrochenen Kiefer operiert. Vertreter des Fußballkreises und der Freizeit-Liga überbrachten Genesungswünsche. Auch Marcel Scheiring war da. Sein Mitspieler ist seit Samstag ein Ex-Mitspieler. „Wir haben die Konsequenzen gezogen und ihn rausgeworfen. So eine Tat ist nicht zu entschuldigen“, sagt Scheiring.

Die Polizei ermittelt wegen schwerer Körperverletzung. In der Fußball-Gerichtsbarkeit droht dem 24-Jährigen eine lebenslange Sperre. „Weniger als lebenslang würden wir als Freizeit-Liga auch nicht akzeptieren“, stellt Staffelleiter Christian Bialluch klar.