Essen. . Waidmänner protestieren gegen die vom Land geplante Novellierung des Jagdgesetzes und fürchten Bürokratie und Bevormundung. So soll die Zahl der bejagbaren Tiere drastisch reduziert werden. Tierschützer befürworten hingegen den Gesetzesentwurf.
Früher galt er als Wächter des Waldes, der sich mit Tieren und deren Lebensraum auskannte wie kein zweiter. Heute, in Zeiten, in denen Vegetarismus und Veganismus als Ernährungstrends auf dem Vormarsch sind, hat der Jäger sich vor allem für Tierschützer zum Feindbild Nummer Eins entwickelt. Zu Unrecht, sagen Essens Waidmänner, die in der geplanten Novellierung des Jagdgesetzes nur einen weiteren Affront wohlmeinender Ideologen gegen ihre Zunft sehen. „Wenn das so weitergeht, entwickeln wir uns allmählich zu einem Verbotsstaat“, sagt Hans-Bernhard Mann, Vorsitzender der Kreisjägerschaft Essen. Die geplante Jagdrechtsreform ist ihm seit langem ein Dorn im Auge.
Zwar gelang Nordrhein-Westfalens Jägerschaft gerade ein Etappensieg, da ein umstrittener Aspekt aus dem Gesetzesentwurf von Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) gestrichen wurde: So soll es Vereinen und Verbänden als Wald- und Flurbesitzern künftig nicht möglich sein, ein Jagdverbot auf ihrem Grundstück zu verhängen, wie es ursprünglich geplant war. Die Folge wäre aus Sicht der Jäger ein Flickenteppich von Jagdrevieren gewesen. Derer gibt es zurzeit über 40, die sich über das gesamte Stadtgebiet erstrecken – viele davon in den südlichen Stadtteilen wie Werden, Kettwig und Schuir. „Die Streichung dieses Punktes zeigt, dass der Protest der Jagdverbände ernstgenommen wird. Das macht uns zuversichtlich“, so Mann.
Umstrittene Hundeprüfung
Zufrieden stimmt der Teilerfolg ihn und seine Mitstreiter dennoch nicht, denn die Liste der Punkte, in denen das geltende Jagdrecht beschnitten werden soll, ist lang: So soll etwa die Zahl der bejagbaren Tierarten drastisch reduziert werden – auf der Verbotsliste stehen unter anderem alle Entenarten mit Ausnahme der Stockente sowie Graureiher, Bussarde und Habichte. Auch die Baujagd auf Füchse sowie die Hundeprüfung mit lebenden Enten sollen verboten werden.
Gerade letztere sorgt bei Tierschützern für Unmut: „Die Enten haben keine Chance und sind den Hunden wehrlos ausgeliefert“, kritisiert Elke Esser-Weckmann, Vorsitzende des Tierschutzvereins Groß-Essen. Mit der Prüfung werden die Hunde für die Jagd trainiert, wobei die Enten vorübergehend mit Papiermanschetten an den Flügeln fluglahm gemacht werden. Ein Jagdhund benötigt im Schnitt zwanzig Übungsenten, bis er seine Prüfung besteht.
Doch kochen beim Thema Jagd schnell die Emotionen hoch und die Tierschützerin ärgert sich, dass die Gegenseite ihr somit stets Unsachlichkeit in der Debatte vorwirft: „Natürlich muss man diese Diskussion auch emotional führen. Immerhin geht es um das Leben von Mitgeschöpfen.“ Das Verhältnis zwischen Jägern und Tierschützern in Essen beschreibt sie seit Jahren als angespannt, doch „wir weichen einer fairen Diskussion nicht aus.“ Auch das alte Argument, dass die Jäger das biologische Gleichgewicht in der Natur erhielten, überzeugt sie nicht. „Die Populationen in der Natur regeln sich von allein. Da muss der Mensch nicht eingreifen.“
Biologisches Gleichgewicht erhalten
Muss er eben doch, findet Hans-Bernhard Mann: „Tierschutz und Jagd sind keine Gegensätze, sondern untrennbar miteinander verbunden.“ So besäßen Jäger auch eine Hegeverpflichtung, nach der sie sich um die Wildbestände in ihrem Revier kümmern und diese konstant halten müssten. Dem kann Kreisjagdberater Friedhelm Röttgen nur beipflichten und führt die Baujagd auf Füchse als Beispiel an: „Füchse sind als Kulturfolger äußerst anpassungsfähig. In einer Großstadt wie Essen würden sie sich ohne die Jagd ungehindert ausbreiten und andere Arten gefährden.“ So schöpfe man nur den Zuwachs einer Art ab, sorge aber immer dafür, dass diese sich in der Natur kontrolliert fortpflanzen kann.
Doch geht es in der Debatte am Ende wohl nicht mehr einzig um die Spitzfindigkeiten des Jagdgesetzes, sondern um das Vertrauen der Gesellschaft in einen ganzen Berufsstand. Röttgen: „Viele so genannte Tierschützer haben über die Jagd nur in der Zeitung gelesen, wissen aber nicht das Mindeste über ihre Hintergründe. Ich wünsche mir da mehr Aufklärung.“