Essen. Händeringend suchen die NRW-Städte nach Bademeistern für die kommende Freibadsaison. Bei zu wenig Personal könnten Freibäder geschlossen bleiben.

Obwohl Reinhard Nowak seit einigen Jahren in Rente ist, freut sich der 70-Jährige schon jetzt darauf, im Sommer wieder im Freibad als Rettungsschwimmer auszuhelfen. „Der Job macht Spaß und man verbringt viel Zeit an der frischen Luft“, erzählt der Vorstand des Landesverbandes NRW der Deutschen Schwimmmeister. Dennoch gibt es viel zu wenig Personal für die kommende Freibadsaison.

Seit Wochen läuft die Suche bei den Bädern im Ruhrgebiet auf Hochtouren. Finden die Betriebe bis zum Sommer nicht genügend Bademeister, drohen Schließungen einzelner Freibäder. Landesweit fehlen zurzeit 500 bis 750 Schwimmmeister und rund die dreifache Menge an Rettungsschwimmern, schätzt Nowak. Bundesweit sind es nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Badewesen sogar bis zu 3000 unbesetzte Stellen.

Schlechte Bezahlung, unflexible Arbeitszeiten

Der Personalmangel in Freibädern ist altbekannt: „Jedes Jahr suchen die Kommunen auf’s Neue händeringend Leute, aber an den Arbeitsbedingungen ändert sich trotzdem nichts“, kritisiert Nowak. Insbesondere eine schlechte Bezahlung – oft wird Rettungsschwimmern nur der Mindestlohn gezahlt – aber auch auch unflexible Arbeitszeiten würden neue Bewerber abschrecken. „Wer hat da schon Lust, bei Bombenwetter zu arbeiten, während alle anderen frei haben?“

Im vergangenen Sommer führte der Mangel an Rettungsschwimmern und Schwimmmeistern dazu, dass dutzende Freibäder im Ruhrgebiet erst verspätet oder mit eingeschränkten Besuchszeiten öffnen konnten. Dieses Jahr könnte es ähnlich laufen. Peter Harzheim, Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Schwimmmeister, blickt mit Sorge auf den kommenden Sommer: „Wenn es ganz schlecht läuft, werden einzelne Bäder an manchen Tagen vielleicht gar nicht geöffnet“.

Coronapandemie verschärfte Personalmangel im Freibad

Die Freibad-Betreiber in den Ruhrgebietsstädten stellen sich bereits auf einen eingeschränkten Badebetrieb im Sommer ein. In Duisburg werden nach Angaben der Stadt noch vier Schwimmmeister sowie 19 Rettungsschwimmer benötigt, um eine sichere Freibadsaison gewährleisten zu können. Stadtsprecher Peter Hilbrands erklärt: „Sollte die Personalsuche nicht erfolgreich enden, könnten die Hallen- und Freibäder während der Sommersaison jeweils wechselseitig öffnen, um vorhandenes Fachpersonal entsprechend der Wetterlage einzusetzen“.

Auch in Bochum und Gelsenkirchen wird bereits seit Monaten nach Rettungsschwimmern gesucht, zehn Stellen in Bochum und acht in Gelsenkirchen sind Mitte März noch unbesetzt. Laut Jascha Dröge von den Wasserwelten Bochum sei die schwierige Personalsituation durch die Coronapandemie zusätzlich verschärft worden: „Während der Pandemie haben sich viele Studierende, die regelmäßig in der Sommersaison als Rettungsschwimmer gearbeitet haben, neue Verdienstmöglichkeiten gesucht. Dieser Effekt ist leider auch heute noch spürbar“.

Essen bietet kostenlosen Schwimmkurs an, um neue Bewerber anzulocken

In Essen konnten bis März rund die Hälfte der 50 Rettungsschwimmerstellen für die kommende Freibadsaison besetzt werden. Die Sport- und Bäderbetriebe setzen auf gezielte Kampagnen, mit denen neue Fachkräfte angeworben werden sollen. Ein Sprecher erklärte: „Wir werben in klassischen sowie sozialen Medien, auf den Uni-Jobbörsen, sowie über Werbeplakate in den Bädern und Sportstätten, bei der Ruhrbahn und beim Essener Sportbund“. Zudem bietet die Stadt kostenlose Kurse an, um das für den Job als Rettungsschwimmer benötigte Silberabzeichen zu erreichen.

Trotz der Bemühungen in den einzelnen Städten fühlt sich Peter Harzheim von der Politik im Stich gelassen. Zu wenig sei in den vergangenen Jahren ausgebildet worden, um neue Leute für den Beruf des Bademeisters zu gewinnen. Zudem ärgere ihn, dass der Beruf des Bademeisters in der Öffentlichkeit nicht genügend wertgeschätzt werde. „Es gehört viel mehr dazu, als nur am Beckenrand rum zu stehen. Wir sind Techniker, Ärzte und Seelsorger in Einem“.

>> Info: So unterscheiden sich Schwimmmeister und Rettungsschwimmer

  • Zum Schwimmmeister ist eine dreijährige Ausbildung zum „Fachangestellten für Bäderbetriebe“ nötig, in der neben dem technischen Betrieb der Bäder auch naturwissenschaftliche Themen und Erste Hilfe gelehrt werden.
  • Die Auszubildenden müssen mindestens 16 Jahre alt sein und einen Schulabschluss (mindestens Hauptschule) haben.
  • Rettungsschwimmer müssen mindestens 18 Jahre alt und körperlich fit sein.
  • Zudem ist das Rettungsschwimmabzeichen mindestens in Silber erforderlich – hierfür muss man zum Beispiel 300 Meter in Kleidung schwimmen, 200 Meter Rückenschwimmen ohne Armtätigkeit oder 25 Meter Streckentauchen.