Duisburg-Rheinhausen. Duisburgs älteste und größte Windmühle bröckelt vor sich hin. Hinter den Kulissen soll sich aber so einiges für die Bergheimer Mühle tun.

Keine Frage: Mit fast 230 Jahren auf dem Buckel, da darf man Altersschwäche zeigen. Dass der Zahn der Zeit an der Bergheimer Mühle nagt, dürfte niemanden überraschen. So ein historisches Schätzchen will gehegt werden. Aber Duisburgs älteste und größte Windmühle wartet seit einer kleinen Ewigkeit darauf, dass sie die Pflege bekommt, die einem solchen Denkmal zusteht. Kein Wunder, dass sie nun fast schon trotzig ihre Flügel von sich wirft. Der erste krachte im Mai 2021 auf die Mühlenwiese, kürzlich brach wie berichtet ein weiteres Teil des maroden Mühlenkreuzes ab.

[Duisburg-Newsletter gratis abonnieren + Seiten für Duisburg: Blaulicht-Artikel + MSV + Stadtteile: Nord I Süd I West + Themenseiten: Wohnen & Immobilien I Gastronomie I Zoo]

Wie geht es weiter mit dem Wahrzeichen von Bergheim? Jetzt, da die Lockerungen in der Pandemie eine lange nicht gespürte Vorfreude auf Freizeitaktivitäten wecken, soll es auch auf der Mühlenwiese lebendig werden. Die angrenzende Emmaus-Kirchengemeinde und das Jugendzentrum Tempel möchten hier wieder Veranstaltungen wie Trödelmärkte oder das legendäre Folk-Festival auf die Beine stellen. Wo sonst der Blick auf die Mühle für ein tolles Ambiente sorgte, trübt nun die Aussicht auf das vor sich hin bröckelnde Denkmal hinter dem Bauzaun die Stimmung.

Bergheimer Mühle: Gruppe möchte die Mühle zu einem zukunftsfähigen Projekt machen

Schwierig ist die Sache auch deshalb, weil so wenig an die Öffentlichkeit dringt von dem, was hinter den Kulissen für die Mühle getan wird. So mancher hat den Eindruck, dass gar nichts mehr passiert. „Das stimmt nicht“, versichert Dieter Recksiegel. Der Stadtplaner war von 1986 bis 2017 beim Duisburger Planungsamt zuständig für Rheinhausen und in dieser Funktion auch mit der Bergheimer Mühle beschäftigt. Nach seiner Pensionierung hat sich Recksiegel im Jahr 2018 selbstständig gemacht und berät seitdem eine Gruppe von Akteuren, die aus der Mühle ein zukunftsfähiges Projekt machen wollen.

Im Mai 2021 krachte ein Flügel der Bergheimer Mühle in Duisburg in die Tiefe.
Im Mai 2021 krachte ein Flügel der Bergheimer Mühle in Duisburg in die Tiefe. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Gearbeitet und verhandelt wird nur im stillen Kämmerlein. Weder über die beiden aktuellen Eigentümer, noch über mögliche neue Investoren und Projektentwickler ist viel bekannt. Die jüngste Neuigkeit war im Sommer vergangenen Jahres, dass ein Restaurator die Mühle untersucht hat, um den Schaden genau zu beziffern. „Das niederländische Unternehmen Vaags Mühlenbau ist mit Untersuchungen zum Zustand der Mühle und insbesondere des Flügelkreuzes und der Technik sowie mit einer Kostenschätzung zur Sanierung beauftragt worden“, lässt die Mühlengruppe über den Rheinhauser Stadtplaner Dieter Recksiegel mitteilen.

Sanierung der Bergheimer Mühle: Hoher sechsstelliger Betrag

Die genaue Höhe der Sanierungskosten wird nicht genannt. Es soll sich um einen hohen sechsstelligen Betrag handeln. Vielleicht auch siebenstellig. Im Oktober 2021 wurden Fördermittel aus dem Landesprogramm für Denkmalschutz beantragt. Über die Höhe der Finanzspritze, auf die man für die kranke Mühle hofft, ist noch nichts bekannt. „Ich kann Ihnen versichern, dass es in den vergangenen Monaten viele konstruktive Gespräche über die Zukunft der Mühle gegeben hat“, formuliert Dieter Recksiegel in seiner Funktion als Sprecher der Mühlengruppe den Stand der Dinge. Mit Fachämtern der Stadt, mit den für Denkmalschutz zuständigen Behörden, mit Investoren und mit etlichen potenziellen Betreibern von sozialen Einrichtungen habe man sich ausgetauscht.

Auch interessant

Angedacht ist immer noch, auf zwei Baugrundstücken in der Nähe der Mühle (Jägerstraße und Schrootenstraße) Wohneinrichtungen für Demenzkranke zu realisieren. Dieter Recksiegel ist davon überzeugt, dass ein solches soziales Projekt als wirtschaftliche Grundlage Sinn macht, da es auf einen vorhandenen Bedarf in der Rheinhauser Bevölkerung stoßen würde. In der Mühle, so erste vage Pläne, könnten Teile der Verwaltung der Demenzhäuser untergebracht werden. Vielleicht auch ein gastronomisches Angebot für alle. Und: Mit der angrenzenden Kirchengemeinde möchte man kooperieren. „Hier will sich niemand abschotten“, betont Recksiegel.

Bergheimer Mühle „Es gibt nicht mehr viele Mühlen dieser Art“

Nun wird nach der Kostenkalkulation des Mühlenrestaurators und der Beantragung der Fördergelder aus dem Denkmal-Topf offenbar mit spitzem Bleistift gerechnet, ob sich das Vorhaben auf den beiden seit Herbst 2020 von der Stadt zum Verkauf zugesagten Baugrundstücken finanziell überhaupt realisieren lässt. Der Werkverein Gelsenkirchen, der 2018 schon einmal als Investor an Bord war, dann aber nach Protesten gegen die damals geplante Bebauung der Mühlenwiese abgetaucht war, scheint wieder mit im Boot zu sein. „Die Idee ist nicht gestorben, Personen aus dem Umfeld sind noch mit im Spiel“, bestätigt Dieter Recksiegel, für den die Bergheimer Mühle nach all den Jahren zur Herzensangelegenheit geworden ist. „Das ist ein Stück Heimatgeschichte, das wir bewahren müssen. Es gibt nicht mehr viele Mühlen dieser Art.“

Das Tempel-Folkfestival in Duisburg läuft in Nicht-Corona-Zeiten jährlich rund um die Bergheimer Mühle.
Das Tempel-Folkfestival in Duisburg läuft in Nicht-Corona-Zeiten jährlich rund um die Bergheimer Mühle. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

In der offiziellen, mit allen Beteiligten abgestimmten Pressemitteilung, liest sich die Antwort auf die Frage nach der Zukunft der Bergheimer Mühle unter dem Strich so: „Die Projektgruppe ist zuversichtlich, dass in den nächsten Monaten die anstehenden Fragen geklärt werden und das Projekt rund um die Mühle konkrete Formen annehmen wird.“

>>> DAS ÄLTESTE MÜHLE IN GANZ DUISBURG

  • Die Bergheimer Mühle ist die größte und älteste der Duisburger Mühlen. Die Stadt teilt Folgendes über die Geschichte des Bauwerks mit, das seit 1985 ein Denkmal ist: „1724 wurde sie ursprünglich als Bockwindmühle erbaut, 1794 durch eine Turmwindmühle aus unverputztem Backstein ersetzt. Der Mühlenbetrieb wurde 1930 eingestellt. Nach einem Brand 1978 wurde sie 1980/81 in alter Form wiederhergestellt. Die Mühle wurde bis 2010 als kleines italienisches Restaurant genutzt, steht seitdem aber leer und wird nicht genutzt.“
  • 2018 hatte der Eigentümer, ein Bottroper Bauunternehmer, die marode Bergheimer Mühle für 380.000 Euro zum Verkauf angeboten. „Historisches Kleinod sucht eine Käufer“ stand in der Immobilienanzeige, die nicht zum Erfolg führte. Seitdem wird mal mehr, mal weniger öffentlich an einem wirtschaftlich tragfähigen Konzept gearbeitet, das die Sanierung des Denkmals mit einschließt. Die ist dringend notwendig: Im Frühjahr 2021 verlor die Mühle einen Flügel, in diesem Jahr brach ein weiteres Stück ab.