Duisburg-Homberg. Weil ein Pfarrer aus Mettmann gleichgeschlechtliche Paare segnete, erhielt er eine Abmahnung. Könnte das auch Geistlichen aus Duisburg drohen?
Was für viele ein Ding der Selbstverständlichkeit ist, wurde jüngst einem Pfarrer aus Mettmann zum Verhängnis. Weil er bei einem Segnungsgottesdienst im März 2023 auch gleichgeschlechtliche Paare segnete, erhielt er vom zuständigen Bistum Köln eine Abmahnung. Diese beinhaltet ein Verbot, in Zukunft gleichgeschlechtliche Paare zu segnen. Zuvor hat sich jemand anonym beim Vatikan über das Vorgehen des Geistlichen beschwert.
„Ich war richtig überrascht“, sagt Thorsten Hendricks, Pfarrer aus Homberg und Dechant im Dekanat Duisburg-West. Hier im linksrheinischen Duisburg ist das Bistum in Münster zuständig. „Ich kenne das aus dem Bistum Münster nicht.“ Dort habe der Bischof deutlich gesagt, dass Pfarrern im Gebiet so etwas wie eine Abmahnung nicht drohe. „Da habe ich auch absolutes Vertrauen, ich segne weiterhin homosexuelle Paare.“
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Dass sein Kollege in Mettmann, den Hendricks nicht persönlich kennt, nun für einen Segen eine Abmahnung erhielt, sorgt für Kopfschütteln beim Homberger Pfarrer. „Wenn je nach Bistum anders verfahren wird, dann versteht das doch keiner mehr“, sagt er. „Eine imaginäre Grenze der Segnung kann man doch niemanden erklären.“ Hendricks macht keinen Hehl daraus, dass er das Vorgehen des Bistums Köln nicht nachvollziehen kann. „Wie oft wollen wir noch Menschen ausschließen?“, fragt er unverblümt.
Pfarrer aus Duisburg-Homberg: Vorfälle wie in Mettmann machen ratlos
Sorgen Vorfälle wie dieser weiter für einen Imageschaden der gesamten katholischen Kirche? „Das Image ist doch schon weg“, sagt Hendricks. „Ich bin immer weiter ratlos – und ja auch Teil des gesamten Systems.“ Die ablehnende Haltung zur Segnung queerer Menschen sei dabei nur einer von vielen Bausteinen. „Der Missbrauch, der Synodale Weg – da kommen doch immer mehr Bausteine zusammen.“
Wäre Hendricks Priester im Bistum Köln, würde er auch dann gleichgeschlechtliche Paare segnen. „Das ist ja nicht nur meine Meinung“, betont er. Mit Ausnahme des Bistums Köln sei dies in sämtlichen Bistümern in NRW gängige Praxis. Schon oft, so betont der Pfarrer, haben man versucht im System ganz oben etwas zu ändern. Mittlerweile ist Hendricks überzeugt: „Man muss es von unten leben. Es geht um die Menschen vor Ort, nicht um das Gesetz.“
Pfarrer aus Duisburg kritisiert Vorfall auf dem Weltjugendtag in Lissabon
Und genau diese Menschen seien es, die Hendricks überzeugen, am Ball zu bleiben. Zweifel am System und der gesamten Institution seien mittlerweile Alltag. „Die Zukunft macht mir wirklich Angst. Natürlich frage ich mich, ob das der richtige Weg ist“, sagt er. „Aber genau da hilft mir die Arbeit vor Ort.“ Dass immer mehr Menschen sich von der Institution Kirche abwenden, kann Hendricks nachvollziehen. Es sind Themen wie diese, die er dann oft als Begründung für einen Austritt mitbekommt. „Der Drops ist auch einfach gelutscht“, sagt er.
Regelmäßig komme beim Pfarrer ein „nicht schon wieder“-Gedanke auf. Erst kürzlich las Hendricks einen Bericht über den Weltjugendtag in Lissabon. Dort haben Teilnehmende gegen ihren ausdrücklichen Willen die Eucharistie von einem Pfarrer aus Österreich als Mundkommion empfangen – nicht wie gewünscht als Handkommion. Der Geistliche habe ihnen die Hostie in den Mund gedrückt, berichtet das Online-Magazin „Kirche und Leben“. Ein Vorfall, der Hendricks fassungslos zurücklässt. „Machtmissbrauch“, sagt er. Vorfälle, die es auch in Zukunft immer wieder geben wird.
Thorsten Hendricks aus Duisburg gibt Hoffnung nicht auf
„Ich gebe die Hoffnung trotzdem nicht auf“, betont der Pfarrer. „Und ich versuche mein möglichstes vor Ort zu tun. Ich möchte endlich mal wieder was Schönes in der Kirche erleben, das kann ich zum Beispiel, wenn ich Menschen segne.“