Duisburg-Homberg/Rheinhausen. Der Vatikan spricht sich gegen eine Segnung von homosexuellen Paaren aus. Diese Denkweise sorgt bei Katholiken im Duisburger Westen für Kritik.
„Kann denn Liebe Sünde sein?“ Es war dieser Song von Zarah Leander aus dem Jahr 1938, der Annemarie Schiffer und ihrem Team direkt in den Kopf kam. „Wir waren total entsetzt, wie man sowas machen kann“, erklärt die Leiterin der Katholischen Kindertageseinrichtung St. Johannes in Homberg im Gespräch mit dieser Redaktion.
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Als „nicht nachvollziehbar“ beschreibt sie die Aussagen aus dem Vatikan, die öffentlich für Kritik sorgten. Am vergangenen Montag hatte die Glaubenskongregation des Vatikans klargestellt, dass die katholische Kirche homosexuelle Partnerschaften nicht segnen sollte. Zwar seien Christen dazu aufgerufen, Menschen mit homosexuellen Neigungen zu respektieren, eine Segnung für eine Partnerschaft sei jedoch unzulässig, eine „Sünde“.
Nach Vatikan-Aussage: Homberger Kita erntet Lob für Facebook-Post
„Jeder Mensch ist gleich“, betont Kita-Leiterin Schiffer. „Das versuchen wir auch den Kindern zu vermitteln.“ In einem öffentlichen Post auf dem Sozialen Netzwerk Facebook haben sich Schiffer und ihre Kollegen positioniert. „Wir sind erschüttert über die Stellungnahme der vatikanischen Glaubenskongregation“, heißt es dort. Und: „Wir als katholischer Kindergarten werden auch in Zukunft gleichgeschlechtliche Eltern in unserer Gemeinschaft gleichberechtigt annehmen“. Die Reaktionen auf das Schreiben seien durchweg positiv, berichtet Schiffer. Ablehnung habe es in keiner Form gegeben. Die Kita hofft auf ein Umdenken. „Wir sind da sehr offen“, erklärt Schiffer. „Wir finden, dass jeder einen Segen verdient hat“
Die Denkweise des Vatikans sorgt auch bei Thorsten Hendricks, leitender Pfarrer der Pfarrei St. Franziskus und Dechant des Dekanats Duisburg-West, für Kopfschütteln. „Ich war überrascht, erstaunt und geschockt über die Meldung aus Rom, den Segen zu reglementieren“, erklärt er. Am vergangenen Sonntag hat Hendricks das Thema in seiner Predigt aufgenommen und „sehr eindeutig“ darüber gesprochen. „Ich bin seit 2003 im kirchlichen Dienst des Bistums Münster, seit 2005 Diakon, seit 2006 Priester“, erklärt er. „In diesen Jahren habe ich Sportplätze, Feuerwehrautos, Kindergärten und Pilger, die sich zu zweit auf den Jakobsweg machten und nicht verheiratet waren, gesegnet. Und jetzt kommt eine Reglementierung für Homosexuelle? Das ist unglaublich.“
Dechant Duisburg-West: „Der Segen Gottes ist eine Gunst“
Auch Hendricks hat seine Meinung im Internet kundgetan, dass er damit „nicht einverstanden“ ist und er Menschen, auch wenn sie homosexuell sind, segnen wird. „Der Segen Gottes ist eine Gunst, keine Sache, die reglementiert wird“, betont er. Auch er erhielt daraufhin durchweg positive Reaktionen. „Ich hatte den Eindruck, dass als ich das geschrieben habe, ein Stöpsel gezogen wurde“, erklärt er. „Da bricht was auf. Diese positive Unterstützung und das Wohlwollen der Menschen haben mich sehr berührt.“ Konsequenzen für seine Einstellung muss Hendricks nicht fürchten. „Es ist ja kein Sakrament, sondern ein Segen“, erklärt er. „Und in meinen Augen kann den keiner verwehren.“
Gerade in der derzeitigen Situation der katholischen Kirche in Deutschland – erst in der vergangenen Woche wurden die Gutachten zum umfangreichen Missbrauchsskandal publik – könnte sich die Kirche solche Aussagen nicht leisten, ist Hendricks überzeugt. „Da merke ich, wie realitätsfremd da zum Teil von oberster kirchlicher Stelle aus geurteilt und bestimmt wird.“
Rheinhauser Pfarrer segnet Paare weiterhin
Auch Johannes Mehring, Pfarrer der Kirchengemeinde St. Peter in Rheinhausen, haben die Aussagen des Vatikans irritiert. „Wir segnen Menschen auf ihren Weg. Diejenigen, die versuchen ein Leben mit Gott zu führen, sind eines Segens wert“, sagt er. Schon mehrfach habe er Paare, die um einen Segen gebeten haben, gesegnet. „Das werde ich auch in Zukunft gerne tun. Das ist ja unser Auftrag: Menschen zu helfen, einen Weg zu gehen, von dem sie sicher sein können, auf die Treue Gottes zu zählen.“ Menschen als Institution Kirche auf- oder abzuwerten – „das geht einfach nicht“, sagt Mehring.