Duisburg. Seit Anfang Juni beherbergt der Zoo Duisburg als einziger in NRW Seekühe. So machen sich die Pfleger mit der für sie neuen Tierart vertraut.
Erst seit wenigen Wochen da und schon ein Star. Wenn Revierleiter Maik Peschke morgens das Tropenhaus Rio Negro im Zoo Duisburg aufschließt, stehen bereits Besucher erwartungsvoll vor der Tür. Und kaum sind sie in die feuchtwarme Halle geschlüpft, hört der Tierpfleger oft als erstes die Frage: „Wo ist der Manni?“ Manfred, der nicht nur von den Zoo-Besuchern so liebevoll vertraut mit der Koseform seines Namens benannt wird, ist der ältere der beiden Seekühe, die am 8. Juni aus dem Zoo im dänischen Odense in die Kaiserberg-Arche reisten. Seit dem 29. Juni ist er zusammen mit seinem kleinen Bruder Pablo in dem 650.000 Liter-Becken zu beobachten, das zuvor Flussdelphin Baby beherbergte. „Als ich die Tür an dem Tag geöffnet hab, war die Schlange davor gut fünf bis sechs Meter lang“, berichtet Peschke.
Transport der Seekühe wurde zum finalen Kraftakt für den Zoo Duisburg
Doch auch die Belegschaft hat der Ankunft der neuen Publikumslieblinge lange entgegengefiebert. Mehrere Monate dauerten die umfangreichen Umbauten und Vorbereitungen, um das Becken für die Haltung der grauen Dickerchen auszustatten und deren Transport zu ermöglichen. „Da gebührt dem Revier ein großes Lob“, sagt Kuratorin Sandra Dollhäupl, „alle haben angepackt und das neben ihrer normalen Arbeit.“ Und nach all diesen Anstrengungen folgte mit dem Transport der finale Kraftakt. Zehn Stunden dauerte die Reise aus dem 669 Kilometer entfernten Odense, die Manfred und Pablo in zwei Spezialkisten, gefüllt mit auf 25 Grad temperierten Wasser, hinter sich brachten. Zu ihrer Begleitung gehörten neben Zooärztin Dr. Kerstin Ternes auch Maik Peschke und Sandra Dollhäupl, beide mit Erfahrung was Großtier-Transporte auch von Manatis anbetrifft.
Großer Bahnhof im Rio Negro und nichts passiert
Einige Tage nach ihrer Ankunft hatten Manfred und Pablo Zeit, sich im hinteren Becken an ihre neue Umgebung zu gewöhnen. Dann kam auch für die Belegschaft der große Moment: Der Schieber zum vorderen Becken wurde hochgezogen. „Wir standen alle wie gebannt vor der Scheibe“, schildert Sandra Dollhäupl den großen Bahnhof für die sanften Kolosse. „Eine Stunde lang haben wir davorgestanden. Und es hat sich nichts getan. Unsere Enttäuschung war echt groß.“ Erst als sich das „Empfangskomitee“ getrollt hatte und Ruhe ins Rio Negro eingekehrt war, wagte sich Manni nachts als erster hinaus, Pablo folgte mit ein paar Tagen Abstand.
Inzwischen gleiten die beiden Brüder entspannt und elegant durchs Wasser und lassen sich auch von den Zoo-Besuchern bestaunen. „Beide schwimmen gerne auf dem Rücken und benutzen vor allem ihre linke Flosse“, beschreibt Maik Peschke eine Eigenart seiner beiden Schützlinge. „Die hab ich mir aber viel größer vorgestellt“, meint eine Besucherin, als die Brüder zwischen den großen Fischen im Becken auftauchen. Mit ihrem Alter von acht und fünf Jahren sind Manni und Pablo allenfalls Manati-Teenager und mit 190 und 90 Kilo Lebendgewicht noch weit entfernt von den stattlichen 800 Kilos, die eine ausgewachsene Seekuh auf die Waage bringen kann.
Nach einer anfänglichen freiwilligen „Diät“ haben die Brüder zunehmend Geschmack an dem Speiseplan in Duisburg gefunden. „In den ersten Tagen haben wir zwei bis drei Kisten Salat verfüttert, inzwischen sind wir bei sieben bis acht“, erzählt Peschke. „Wir haben aus Nürnberg, dem anderen Zoo in Deutschland, der außer uns Manatis hält, und aus Odense die Futterpläne bekommen. Daraus basteln wir jetzt unseren eigenen zusammen“, ergänzt Dollhäupl. Und auf dem stehen auch in Gelee eingelegte Miesmuscheln, die Manfred und Pablo ihren Pflegern liebend gerne aus der Hand fressen. Auch den ein oder anderen Fisch, den ihre Mitbewohner im Becken nicht verputzen, verschmähen die passionierten Salatfresser keineswegs. „Wenn Manni wie ein Staubsauger den Beckenboden pflügt, weiß ich, dass er wieder Fischreste aufsammelt“, sagt Peschke lachend.
Zoo Duisburg will in Zukunft kommentierte Fütterungen anbieten
Kostverächter sind die Duisburger Dickerchen aber bei Zweigen und Blättern. „Die werden in Nürnberg regelmäßig an die Manatis verfüttert. Die fressen sogar die Rinde ab“, erklärt Peschke. Er will aber dennoch austesten, welche belaubten Zweige seinen beiden Schützlingen munden. Denn nichts tun Seekühe lieber als fressen. Bis zu 40 Kilogramm Salat, Gemüse und Obst verputzen die gefräßigen Gemütstiere täglich. „Die großen Blattmengen können wir nicht per Hand füttern“, erklärt Peschke. Schon gar nicht sechs Mal am Tag. Einen Großteil der lappigen Rohkost legen die Pfleger deshalb in einen auf der Wasseroberfläche schwimmenden Silikonring. Der verhindert einerseits, dass der Salat durchs gesamte Becken dümpelt und das Wasser verunreinigt, andererseits können sich Manni und Pablo dort selbst bedienen. „Wobei Pablo gerne auch mal seinem Bruder Salat aus den Flossen stibitzt“, verrät Dollhäupl. Logisch, solchen Futterneid zeigt auch das Säugetier Mensch, und die Kirschen in Nachbars Garten sind immer süßer.
[Duisburg-Newsletter gratis abonnieren + Seiten für Duisburg: Blaulicht-Artikel + MSV + Stadtteile: Nord I Süd I West + Themenseiten: Wohnen & Immobilien I Gastronomie I Zoo]
In Zukunft will das Rio Negro-Team kommentierte Fütterungen anbieten, um den Besuchern mehr über die sympathischen Speckrollen erzählen zu können. Nutzen werden die Pfleger dafür eine versenkbare Plattform, auf der sie in Wathosen bis zur Hüfte im Wasser stehen und eine ganz andere Nähe zu den Manatis aufbauen können. Das ist auch für medizinische Untersuchungen der Tiere wichtig. Ausprobiert haben Peschke und sein Kollege Rene Ostendorf die selbstgezimmerte Plattform allerdings noch nicht. „Die Geräusche, die der Schieber verursacht hat, fanden Manni und Pablo nicht so gut. Und in Odense standen die Pfleger nur bis zum Knie unter Wasser. Wir müssen die beiden jetzt erstmal an die Plattform gewöhnen und dann sehen, was die Tiere uns anbieten“, erklärt Sandra Dollhäupl. Die Voraussetzung für ein vertrauliches Miteinander sind durchaus gegeben, wie die Kuratorin lachend ergänzt: „In Odense waren unsere Jungs die kleinsten von fünf Tieren und wurden deshalb weniger beachtet. Hier sind sie aber die einzigen und werden von uns richtig verwöhnt.“
>>> Warum heißt eine Seekuh Manfred? <<<
- Im dänischen Zoo Odense wurde Manfred am 12. Mai 2017 geboren. Seinen Namen erhielt er dort und nicht etwa von den Duisburger Tierpflegern, die sich bereits in Dänemark mit den beiden Manatis für die Kaiserberg Arche vertraut gemacht haben.
- „Seinen Namen hat Manfred von seinen ehemaligen Tierpflegern in Dänemark bekommen“, erzählt Kuratorin Sandra Dollhäupl. „Er setzt sich aus den Silben ‚Man‘ und ‚Fred‘ zusammen. Jede der Silben hat eine eigene Bedeutung“. So sind ‚Man‘ die Anfangsbuchstaben von Manati, wie Seekühe auch genannt werden. ‚Fred‘ stammt aus dem dänischen und heißt übersetzt „Frieden“. Der Name Manfred bedeutet daher so viel wie ‚friedvoller Manati‘ oder ‚friedliche Seekuh‘.
- In Duisburg wird der sanfte Koloss aber bereits liebevoll „Manni“ genannt. Und wenn man beobachtet, wie genüsslich er seinen Salat zwischen den Flossen hält und sich einverleibt, könnte er hier im Ruhrgebiet auch bald den Spitznamen „Mampf-Fred“ bekommen.