Duisburg-Rheinhausen. Bereits ab 1948 gab es in Rheinhausen eine Bibliothek in einem Bunker. Seither sind die Angebote kontinuierlich erweitert worden. Ein Rückblick.
Einen wunderbaren Anlass zum Feiern gab es 1971 in Rheinhausen: Mit zehnjähriger Verzögerung durften die Rheinhauser erstmals ihre neue, topmoderne Bibliothek betreten und in Besitz nehmen. Die erneute Feier zum 50-Jährigen musste allerdings wegen der Pandemie verschoben werden. Mit einem Jahr Verzögerung dürfen die Rheinhauser den Geburtstag am 14. Mai nun doch mit einem großen Familienfest feiern. Die Geburtsstunde dieser Bücherei schlug aber bereits Jahre vorher – in einem Bunker.
Die Wörter Bunker und Bücherei haben weit mehr gemeinsam als nur den Anfangsbuchstaben. Viele ältere Rheinhauser werden sich nämlich jetzt daran erinnern, dass sie früher ihre Bücher im Bunker an der Bertastraße geholt haben. Das klingt wie eine schlecht gemachte Alliteration, war aber schlichtweg so. Ab 1948 wurde der erste Stock der Bunkeranlage an der Bertastraße als Bücherei benutzt.
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„Das kann man sich heute gar nicht mehr so vorstellen, aber das war damals keine Freihandbibliothek. Die Besucher haben der Mitarbeiterin am Tresen gesagt, welches Buch sie haben möchten und dann wurde eine Kollegin losgeschickt und hat das gewünschte Exemplar gesucht“, erklärt Jutta Flaßhove. Sie ist seit 2013 gemeinsam mit ihrem Team für die knapp 4.000 Quadratmeter Bücherparadies an der Händelstraße 6 verantwortlich und hat das neue Haus kontinuierlich weiterentwickelt, hin zu einem vielseitigen künstlerisch und kreativen Lern- und Begegnungszentrum für alle Alters- und Kulturgruppen. Denn, anders als damals im Bunker, sind im modernen Freihandkonzept der Bibliotheken heute ganz viele Medien verfügbar. Und alle dürfen angefasst, angelesen und wieder zurückgestellt werden.
Bücherei in Rheinhausen: Auch damals schon viele treue Kunden
Stöbern konnte man früher allenfalls in Karteikarten und das wird wirklich schnell langweilig. Dennoch hatte die Bücherei unter der Leitung von Barbara Höhne auch damals schon sehr viele treue Kunden, die sich durch das antiquierte System nicht abschrecken ließen. Dementsprechend wurde ihr und ihren Mitarbeiterinnen auch bald ein großer Neubau versprochen. Doch die Umsetzung ließ auf sich warten. Wurde bereits 1961 proklamiert, dass es schon bald losgehen würde, mussten Barbara Höhne und ihr Team sich trotzdem geschlagene zehn weitere Jahre gedulden.
Doch als alles fertig war, gehörte der 3,5 Millionen teure Bau zu den modernsten Büchereien in ganz Deutschland. Es gab ab sofort auch eine Musiksammlung und man konnte die Schallplatten sogar in kleinen Kabinen anhören. Ungeheuer innovativ für die damalige Zeit. Doch sowohl Barbara Höhne, ihr Nachfolger Peter Lufen, der die Leitung 1983 übernahm, als auch Wolfgang Eilers, haben sich niemals auf ihrem Musik- und Bücherreichtum ausgeruht, sondern unablässig überlegt und getüftelt, was man den Kunden Neues, Innovatives und Schönes bieten könnte, um die Attraktivität des Standortes aufrechtzuerhalten.
Viele Angebote in der Bibliothek in Rheinhausen
1988 wird beispielsweise das Bücherei-Café eröffnet und schon bald werden unter der Regie von Peter Lufen die ersten Hofkonzerte veranstaltet. Peter Härtling gastierte für eine Lesung an der Händelstraße und kurze Zeit später gesellen sich verschiedene Ausstellungen dazu – bis heute präsentiert die Bibliothek in ihren Galerie-Räumen und im Kunstkabinett auch in Zusammenarbeit mit dem Lehmbruck-Museum regelmäßig Werke von Duisburger Kunstschaffenden sowie Künstlerinnen und Künstlern aus der Region – und es gab irgendwann über 7.000 verschiedene Lesezeichen zu bestaunen.
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Die Kindertheaterinszenierungen wurden zum Selbstläufer und auch die Lesenächte sorgten dafür, dass die Rheinhausener Bibliothek immer wieder neue Ausleihe- und Nutzerrekorde vermelden konnte. Parallel zu den Veranstaltungsreihen erweitert die Bibliothek beständig ihr Angebot und hat heute gut 40.000 verschiedene Stücke im Angebot. Aber natürlich ist das Jutta Flaßhove noch lange nicht genug, denn auch sie bereichert ständig das Altbewährte durch neue Ideen. Neben den Spieleabenden mit den vorhandenen Brettspielen gibt es Escape-Room-Events und mittlerweile auch einen Fahrradboten, der die bestellten Medien direkt nach Hause liefert.
Bezirksbibliothek Rheinhausen: Neuer Lesegarten im Innenhof
„Wir haben noch ganz viele Ideen, die wir umsetzen wollen, aber momentan freue ich mich besonders über den neuen Lesegarten im Innenhof. Dort gibt es sogar Hochbeete, in denen wir Gemüse anbauen“, erzählt die Chefin strahlend und verweist weiter auf den gerade in der Planung befindlichen „Maker Space“, an dem die Nutzer mithilfe professioneller Technik Youtube-Videos oder auch Imagefilme drehen und bearbeiten können. Auf dieses Angebot ist Frau Flaßhove sicherlich genauso stolz wie Barbara Höhne vor 50 Jahren auf ihre Abhörkabinen. Büchereien sind heute also viel mehr als nur Leihstätten für Bücher, und es wird bestimmt interessant zu erfahren, worauf die Leitung in 50 Jahren stolz sein wird.