Duisburg-Homberg. Die Sanierung der Brücke über den Kanal am Rheinpreußenhafen in Duisburg-Homberg hat noch nicht begonnen. Eigentümer Ineos nennt die Gründe.

Es war ein fröhliches Gruppenbild mit Hubbrücke. Am 11. September 2020 lächelten die Protagonisten des Dramas um das denkmalgeschützte Bauwerk am Rheinpreußenhafen noch gemeinsam in die Kamera. Botschafter der beiden Brückeneigentümer Ineos und RAG hatten sich mit Vertretern der Sportvereine und dem Bundestagsabgeordneten Mahmut Özdemir um Oberbürgermeister Sören Link postiert, der fürs Foto einen inhaltsschweren Vertrag in die Luft stemmte: das Dokument, in dem sich die Firmen bereit erklären, ihre marode Brücke zu sanieren und anschließend der Stadt zu schenken.

Nun sind seit diesem demonstrativen Moment der Einigkeit neun Monate vergangen. Eine Zeitspanne, in der Babys reif fürs Leben werden, scheint für denkmalgeschützte Brücken wie diese nicht viel mehr als ein Wimpernschlag zu sein. Denn während die Sportvereine nach der Vertragsunterzeichnung schon von einer Brückeneröffnung beim Volkslauf Ende Juli 2021 träumten, muss man nun feststellen, dass das Drama vielleicht doch mehr als die üblichen fünf Akte hat; zumindest aber ein sehr langes Nachspiel.

Gruppenbild mit Vertrag: Am 11. September 2020 präsentierten die Beteiligten das ausgehandelte Papier. Das war der Startschuss zur Sanierung, die bis heute nicht begonnen hat.
Gruppenbild mit Vertrag: Am 11. September 2020 präsentierten die Beteiligten das ausgehandelte Papier. Das war der Startschuss zur Sanierung, die bis heute nicht begonnen hat. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Der Inhalt des für alle Beteiligten kräftezehrenden Schauspiels ist schnell erzählt. Der bei den Menschen in der Freizeit sehr beliebte Weg über den Kanal des Rheinpreußenhafens ist seit November 2017 gesperrt, da die 90 Jahre alte Brücke zu marode ist. Die Eigentümer, der Chemiekonzern Ineos und die RAG, wollten das für sie nutzlos gewordene Bauwerk schon seit 2015 loswerden. In der Bevölkerung regte sich Widerstand und der Homberger Turnverein (HTV) beeindruckte mit seiner Sammlung von mehr als 3000 Unterschriften für den Erhalt der Brücke.

Viel Geld aus Berlin

Eine Hauptrolle in der Geschichte spielt der Homberger SPD-Politiker Mahmut Özdemir. Er überredete die Wirtschaftskonzerne zu einer anderen Lösung. Özdemir besorgte eine halbe Million Fördergelder für die Sanierung des Brückendenkmals aus Berlin – rund die Hälfte der kalkulierten Kosten.

RAG und Ineos sagten zu, den Rest aus eigener Tasche zu zahlen und die Brücke danach an die Stadt zu übergeben, die künftig die Wartung und Instandhaltung übernimmt. „Ohne mich wären wir nicht da, wo wir jetzt sind“, sagt der 34-jährige Politiker selbstbewusst, hat dabei aber auch den Sportverein im Blick. „Ohne die Arbeit des HTV hätte ich den nötigen Druck nicht erzeugen können.“

Der Vertrag ist geschlossen, das Geld ist da – aber die Brücke ist genauso gesperrt wie 2017. Ein sichtbares Voranschreiten der Sanierung lässt auf sich warten und schürt erneut den Unmut der Menschen, die die Hubbrücke im grünen Rheinvorland in ihrer Freizeit endlich wieder mit dem Rad oder zu Fuß nutzen möchten.

Was muss repariert werden? Jetzt wird der Schaden von Fachleuten ermittelt

Was ist da los hinter dem Bühnenvorhang? Wir haben ein Interview mit den Hauptakteuren angefragt, aber so einträchtig, wie sie sich im September noch samt frisch unterschriebenem Vertrag präsentiert haben, möchten sie nun nicht mehr auftreten. „Für ein gemeinsames Interview mit dem Bundestagsabgeordneten Herrn Özdemir steht die Ineos nicht zur Verfügung“, teilt Wolf Hänel für den Konzern mit. Zusammen mit der RAG habe man sich darauf geeinigt, sich zum Thema Hubbrücke öffentlich nicht zu äußern. Lediglich eine Kurzmitteilung des Projektleiters, der die Sanierung für beide Firmen managt, ließ man Mahmut Özdemir zukommen. Diese durfte er dann auch mit uns teilen.

Der Stand der Dinge sieht demnach so aus: Momentan wird noch der vor einigen Jahren erstellte Mängelbericht über den Zustand der Brücke aktualisiert. Das heißt, Fachleute, die mit dem Denkmalschutz vertraut sind, sollen die Schäden erst mal genau analysieren. Von mehreren Firmen wurden Angebote eingeholt, noch ist aber kein Auftrag vergeben. Nach Einschätzung des Projektleiters wird dieser Arbeitsschritt der Schadensbeurteilung bis Ende des Jahres dauern. Erst danach soll die eigentliche Sanierung in Angriff genommen.

Das Warten auf die Sanierung der Brücke ist eine Geduldsprobe

Der letzte Akt scheint eine Geduldsprobe zu werden. Nicht nur für die Zuschauer. „Natürlich würde ich mir wünschen, dass das alles viel schneller geht“, sagt Mahmut Özdemir, dem Folgendes wichtig ist: „Dass das so lange dauert, liegt nicht an der Politik, sondern an den Eigentümern.“ Es wäre nicht das erste Projekt, mit dem der Homberger beweisen kann, dass er unbequem sein kann und einen langen Atem hat: „Ich bin da jetzt seit 2015 dran. Das werden wir jetzt mit der notwendigen Ruhe und Beharrlichkeit weiter durchziehen.“ Bis zum Schlussapplaus kann es allerdings noch dauern!

>>> EINE BRÜCKE MIT SELTENHEITSWERT:

Die 1931/32 erbaute Homberger Hubbrücke am Rheinpreußenhafen hat Seltenheitswert. Weltweit gibt es nur rund 200 ähnliche Bauwerke, NRW hat drei Hubbrücken und die stehen allesamt in Duisburg.

Neben der Schwanentorbrücke in der City und dem Walsumer Exemplar ist die denkmalgeschützte Homberger Hubbrücke die älteste der Stadt. 90 Jahre hat die marode Konstruktion aus Stahl und Holz auf dem Buckel. Seit November 2017 ist sie gesperrt. Das ärgert vor allem Läufer, Spaziergänger und Radler. Der Rheinradweg führt hier über den Kanal.

Die Brücke ist 75 Meter lang, bei mittlerem Wasserstand bleibt eine Durchfahrtshöhe von zehn Metern für Schiffe. Bei Hochwasser kommt die Hubfunktion ins Spiel, damit die Schiffe den Umschlagplatz samt Tanklager der Firma Ineos erreichen können