Duisburg-Rheinhausen/Moers. Der Abriss der maroden Brücke zwischen Duisburg und Moers ist am Montag gestartet. Die Interessengemeinschaft Cölve-Brücke kämpft weiter.

Doris Goebel möchte es diplomatisch sagen: „Ich fühle mich beschissen.“ Die Sprecherin der Interessengemeinschaft (IG) Cölve-Brücke steht vor dem Absperrzaun, beobachtet die riesigen Bagger, die Schritt für Schritt die Gehwegplatten anknabbern und einreißen. Am Montag sind die Abrissarbeiten an der Cölve-Brücke zwischen Moers und Duisburg-Rheinhausen gestartet. Nach den umfangreichen Vorarbeiten durch die Bahn, bei der die Oberleitungen abgebaut wurden, ist nun die Firma Moß vor Ort. Sie übernimmt im Auftrag der Stadt Moers den Rückbau. „Es läuft alles nach Plan“, sagt am Vormittag Stefan Feldmann. Er ist technischer Leiter bei Moß, betreut das Projekt Cölve-Brücke.

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Das Bauwerk führt über eine sechsspurige Gleisanlage. Unten stehen die beiden riesigen Bagger, die mit ihren Schaufeln an der Brücke knabbern. Um Schäden am Gleisbett zu vermeiden, hat die Firma sogenannte Baggermatratzen ausgelegt. Dicke Holzlatten, welche die Gleise während der Arbeiten schützen. Nicht nur vor den herabfallenden Brückenteilen, sondern auch vor dem Gewicht der zwei Bagger. „Die sind 70 und 40 Tonnen schwer“, erklärt Feldmann.

Die Firma Moß ist für den Abriss der Cölve-Brücke zwischen Moers und Duisburg-Rheinhausen zuständig.
Die Firma Moß ist für den Abriss der Cölve-Brücke zwischen Moers und Duisburg-Rheinhausen zuständig. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Ein großer Stapel dieser Matratzen stabilisiert zusätzlich die Brücke. Ein Verfahren, mit dem die Firma Moß bereits bei früheren Brückenabrissen gute Erfahrungen gemacht habe. Feldmann: „Was wir da aufgebaut haben, ist technisch das Sicherste.“ Bereits am Dienstag soll der größte Teil der Rückbauarbeiten abgeschlossen sein. „Unser erklärtes Ziel ist es, dass die Gleise schnellstmöglich wieder frei sind.“

Interessengemeinschaft Cölve-Brücke: Tränen fließen beim Abriss

Mittlerweile stehen viele Schaulustige auf beiden Seiten der Brücke. Neugierige Besucher, aber auch leidgeplagte Anwohner: Sie alle wollen sehen, wie die Brücke immer weiter zurückgebaut wird. „Hier passiert gerade genau das Gegenteil von dem, was wir wollten“, sagt Doris Goebel von der IG. Sie ist nicht alleine hier, viele Mitglieder der Interessengemeinschaft sind gekommen, um sich den Abriss anzuschauen. „Vorhin sind bei mir schon ein paar Tränchen geflossen“, sagt Uschi Weiß. Seit Jahren kämpft die IG um eine Lösung für das marode Bauwerk. Die Forderung einer Behelfsbrücke wurde abgeschmettert: Nicht möglich, hieß es damals. Seither mussten sie machtlos zusehen, wie die Brücke immer weiter verrottete und letztlich komplett gesperrt wurde. „Dass nun der Abriss kommt, war klar“, sagt Goebel.

Riesige Bagger reißen die Gehwegplatten der Cölve-Brücke zwischen Moers und Duisburg-Rheinhausen ein.
Riesige Bagger reißen die Gehwegplatten der Cölve-Brücke zwischen Moers und Duisburg-Rheinhausen ein. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Es ärgert die IG, dass der Vollzug nun so schnell über die Bühne ging. „Das ist ein Spiegelbild unserer Gesellschaft: Wenn Bürger etwas einfordern, passiert gar nichts. Kaum kommt aber die Bahn, dann geht das alles innerhalb von 14 Tagen.“ Nachdem die Stadt Duisburg die Brücke auf Moerser Stadtgebiet gesperrt hat, musste auch der Bahnverkehr eingestellt werden. „Unsere Forderung nach einer Behelfsbrücke bleibt“, betont Goebel. „Der Abriss macht den Weg dafür frei.“ Eine neue Brücke, so ist sie überzeugt, wird es bis 2030 nicht geben. „Diese Brücke ist vor 110 Jahren gebaut worden. Die Leute haben damals schon gewusst: Hier muss eine Brücke her.“

Abriss der Cölve-Brücke kostet die Stadt Moers 1,5 Millionen Euro

Viele Schaulustige sind zur Cölve-Brücke zwischen Moers und Duisburg-Rheinhausen gekommen. Sie alle wollen die Abrissarbeiten sehen.
Viele Schaulustige sind zur Cölve-Brücke zwischen Moers und Duisburg-Rheinhausen gekommen. Sie alle wollen die Abrissarbeiten sehen. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Rund 1,5 Millionen Euro kostet der Abriss die Stadt Moers – „ursprünglich waren 1,2 Millionen Euro eingeplant“, sagt Stadtsprecher Thorsten Schröder. Damals war der Plan, das Geld im Zuge der Gebietsübertragung, bei der die Brücke an die Stadt Duisburg geht, ebenfalls an Duisburg zu zahlen. So viel Zeit blieb nicht, die Brücke musste vorher verschwinden. „Durch den zeitlichen Druck ist es nun etwas teurer geworden.“

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Im Januar, so erklärt es Thorsten Kamp, technischer Beigeordneter der Stadt Moers, gab es eine Brückenprüfung. „Da hatten wir schon halbjährliche Intervalle. Normalerweise gibt es längere Zeiträume, aber weil das hier so ein Sorgenkind ist, hat man entsprechend die Intervalle verkürzt.“

Schadensersatzforderungen wegen der Cölve-Brücke: Moers bleibt gelassen

Diese Informationen gingen im Zuge des Gebietsänderungsverfahren im September an die Stadt Duisburg, die daraufhin die Brücke komplett sperrte. Kurz darauf folgte die Einstellung des Bahnverkehrs. Seither stehen Schadensersatzansprüche seitens der Bahn im Raum. Kramp winkt jedoch ab: „Das sind nicht die bestimmenden Themen, wenn wir mit der Bahn zu tun haben. Es ging darum, die Bahnlinie möglichst schnell wieder aufzumachen. Die Zusammenarbeit funktioniert reibungslos.“ Zum Thema Schadensersatzforderung müsse belegt werden, dass die Stadt Moers ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht nachgekommen ist. „Das Gegenteil ist der Fall“, betont Kamp. „Wir haben sie ja immer engmaschig in der Prüfung gehabt, wir sehen dem gelassen entgegen.“

So ein Tempo wie bei der Bahn wünscht sich auch die IG Cölve-Brücke. Die Sorge, dass nach dem Abriss wieder jahrelang nichts passiert, ist groß. „Wir sind schon so oft vertröstet und belogen worden“, sagt Uschi Weiß. „Wir kämpfen weiter wie die Löwen.“